Dr. Gordon verliebt
Doggett? Meine Abendordination beginnt gerade.»
Da er bejahte, schlug ich vor: «Vielleicht kommen Sie auf einen Sprung in mein Sprechzimmer?»
Er setzte sich, den Hut auf den Knien, und verkündete: «Ich hab mir Ihre Soffitten angeschaut, Doktor.»
«Soffitten?» Das klang wie das Erzeugnis einer französischen Konditorei.
Er nickte. «Sie sehen ein bißchen spaßig aus, wissen Sie», fuhr er feierlich fort. «Müssen alle heraus.»
«Oh, wirklich? Bedeutet das eine umfangreiche Arbeit?»
«Nur ein paar Shillinge, Doktor. Aber ich meinte, Sie sollten’s wissen.»
«Also schön, Mr. Doggett», sagte ich erleichtert. «Schreiben Sie sie nur auf die Rechnung. Ist das alles?»
«Ja, das ist alles, Doktor. Danke vielmals.» Er setzte seinen Hut wieder auf und ließ mich mit der Aussicht auf ein soffittenloses Dasein zurück, was immer man darunter verstehen mochte.
Als ich auf meinen Runden am nächsten Vormittag einen Blick auf die Villa Flora warf, bemerkte ich mit Freuden, daß das Trio endlich mit der Arbeit begonnen hatte. Man erkannte das daran, daß sie sangen. Ich bezweifle, daß sie aus reiner Lust an künstlerischem Schaffen sangen, während sie den Bewurf an die Decke klatschten, sondern sie wollten wohl nur ihr Nervensystern beruhigen; denn ein jeder schien nur eine einzige Melodie zu beherrschen. Der Dicke wiederholte ständig «Du hast mir gezeigt, was Liebe ist», der Magere die ersten vier Zeilen von «Unterm Brückenbogen», und der Alte pfiff eine Partie aus «Wilhelm Teil», während er seiner Pflicht oblag, das Teewasser zum Kochen zu bringen.
«Höre, Sie werden sich verheiraten, Herr Chef», sagte der Dicke, als ich die Eingangstüre öffnete. Sie zeichneten mich nun mit dem Privileg aus, mich als ihresgleichen anzusehen.
«Stimmt.»
«Ich war achtzehn Jahre lang verheiratet», bemerkte der Magere zwischen zwei Pinselstrichen. «Ich tät mich an Ihrer Stelle davor hüten.»
«Aber geh», sagte der Dicke. «Die Ehe hat schon auch ihre guten Seiten. Hast Knöpfe auf deinen Hemden und jeden Sonntag eine warme Mahlzeit.»
«Das is aber auch schon alles», murrte sein Kamerad.
«Ich hoffe nur», sagte ich, «daß ihr hier fertig sein werdet, wenn ich die Braut über die Schwelle trage.»
«Keine Angst, Herr Chef. Is nicht mehr viel zu tun.»
Doch an diesem Abend fand ich zu meinem Erstaunen Mr. Doggett abermals in der Diele vor. Er umklammerte noch immer mit angstvoller Miene seinen Hut.
«Es handelt sich um die Bleiröhren, Doktor», sagte er, als er sich niederließ.
«Bleiröhren? Was ist los mit ihnen?»
«Na... sie sehen ein bißchen spaßig aus, wissen Sie. Müssen alle heraus.»
«Großer Gott! Wird das nicht entsetzlich teuer sein?»
«Bei Ihrem Haus nicht so schlimm, Doktor. Nur ein paar Pfund, das ist alles.»
«Wenn’s sein muß, muß es wohl sein. Schreiben Sie sie auf die Rechnung.
«Danke, Doktor. Und dann wären noch die Mauerschließen.»
«Die Mauerschließen?»
«Sie sehen ein bißchen spaßig aus, wissen Sie. Müssen alle heraus.»
«Aber ist das nicht eine fürchterliche Sache?» Mauerschließen, das klang wie etwas ganz Fundamentales im Fundament.
«Kostet nur ein paar Shillinge, Doktor.»
«Schön, nehmen Sie sie also heraus.»
«Danke, Doktor. Es ist ein Vergnügen, mit einem so aufrechten Mann wie Ihnen zu verhandeln, mit Verlaub zu sagen.»
Am nächsten Tag erschien er, um mir zu verkünden, daß die sanitären Anlagen ein bißchen spaßig aussähen, am übernächsten war es die Eingangstür und etwas, das Architrav genannt wurde. Am darauffolgenden Morgen erhielt ich zu meinem Entsetzen eine Zuschrift der Firma Doggett & Buzzard, in der ergebenst um eine Vorauszahlung von fünfundsiebzig Pfund für Arbeiten, die an obengenanntern Bauplatz ausgeführt würden, ersucht wurde.
«Fünfundsiebzig Pfund!» rief ich Nicki empört durch das Telephon zu. «Stell dir das nur vor! Der ganze Kostenvoranschlag belief sich auf ein Gutteil weniger. Dieser elende Schurke und Schwindler von einem Doggett! Der kennt keine Hemmungen. Ich hab verdammte Lust, ihn durch Mr. Robbinson verklagen zu lassen.»
«Aber, Darling, spielt das eine Rolle, wenn wir dafür ein nettes kleines Eigenheim bekommen?»
«Wir werden niemals ein nettes kleines Eigenheim bekommen. Wir werden ein nettes Heim vom Unterstützungsverein der Badewärter bekommen, oder wie das Zeug heißt. Und wenn das so weitergeht, wird uns nicht genug Geld übrigbleiben, um eine Bratpfanne und einen
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