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Dr. Gordon wird Vater

Dr. Gordon wird Vater

Titel: Dr. Gordon wird Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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der Welt sein, gelt?» Ich küßte sie. «Den Eisschrank haben
sie nicht mitgenommen?»
    Sie schüttelte den Kopf.
    «So haben wir noch unser feudales
Dinner — kaltes Brathuhn und Niersteiner, Jahrgang 52. Komm, Liebling — wir
essen auf dem Küchenfensterbrett.»

13
     
    «Meine
liebe Mrs. Marston —», begann ich.
    «Ach, nennen Sie mich doch ruhig Diane,
Liebster.»
    «Liebe Diane, wir sind Ihnen auf Gnade
und Ungnade ausgeliefert. Wir finden kein anderes Haus.»
    Vierzehn Tage waren verstrichen, als
ich mich mit Mrs. Marston an einem Vormittag traf. Unser Rendezvous fand in
einem kleinen Hotel in Südkensington statt, das hauptsächlich zur Aufnahme
alter Damen, Pfarrer und Träger eines etwas verblaßten militärischen Glanzes
bestimmt schien. Wir saßen in einer kleinen dunklen Halle mit dichtem
Farnbestand; die vergilbten Wedel schienen ihrer Umgebung ebenso müde zu sein
wie die Pensionsgäste.
    «Tut mir leid, daß ich mich neulich am
Nachmittag so verrückt aufgeführt hab», entschuldigte sie sich kurz. «Aber das
kommt von meinem schrecklichen Temperament. Und ich war höllisch gereizt —
Ihnen ist das ja nichts Neues.»
    «Es war vielleicht kein sehr passend
gewählter Moment», murmelte ich schwächlich; ich wollte nicht die Aussicht
verscherzen, für mein Weib und mein ungeborenes Kind ein Dach überm Kopf zu
behalten.
    «Und jetzt hat Ihr Anwalt meinem Anwalt
die ganze Schweinerei erzählt. Ich bin ja so froh! Wissen Sie, warum?»
    Ich schüttelte den Kopf.
    «Ich will Ihnen sagen, was ich in dem
Augenblick tun werde, wo mir dieser senile Verbrecher von meinem Mann in die
Hände gerät. Ich werde ihn an seinem dreckigen Genick packen und ihn hinter mir
her direkt nach Scotland Yard schleifen und denen dort auftragen, ihn auf
Unterschlagung, oder wie das Ding heißt, zu verklagen. Dann werde ich meinen
besten Hut auf setzen und in der ersten Reihe des Gerichtssaals Platz nehmen,
und nachher gehe ich nach Dartmoor, um zuzusehen, wie er die nächsten fünfzehn
Jahre in einem Steinbruch schuftet, was er schon seit dem Tag verdient hätte,
als er die Wiege verließ.»
    Sie machte eine Pause, um ihre
Entrüstung für einen weiteren Ausbruch aufzuspeichern.
    Unsere Zusammenkunft war von Mr.
Robbinson, meinem Anwalt, arrangiert worden, einem hageren vogelgesichtigen
Männchen, das in seinem mit roten Tapeten ausgeschlagenen Horst hoch über der
Chancery Lane herumflatterte; ich kannte ihn seit den Tagen, da er mich
scherzhaft mit einer Klageschrift hinterm Ohr zu kitzeln pflegte.
    «Sie haben sich wie ein närrischer
grüner Junge benommen», hatte er strengen Tons zu mir gesagt, als ich ihn am frühen
Morgen dieses Tages in seiner Kanzlei auf suchte.
    Ich mußte ihm recht geben. Ich hatte
ein schwangeres Weib, kein Heim, wenig Möbel, einen erbosten Paten und — das
allerschlimmste — das demütigende Minderwertigkeitsgefühl von Leuten, die einem
Schwindler aufgesessen sind, Aktien einer imaginären Ölquelle, die Tower Bridge
und ähnlich verlockende Dinge erworben haben.
    «Sie müßten doch von allen Leuten am
besten wissen, wie gefährlich es ist, einen Rat von zuständiger Stelle zu
verschmähen», fuhr Mr. Robbinson fort. «Im Rechtswesen mag sich das Resultat
vielleicht nicht so verhängnisvoll auswirken wie in der Medizin, aber ich
versichere Ihnen, für den Betroffenen ist es in gleicher Weise unangenehm.»
    Er nahm einen Zettel von einem Pult,
auf dem die Hoffnungen etlicher zwanzig streitender Parteien zu einem Stapel
angewachsen waren.
    «Ich habe über Marston einige
Erkundigungen eingezogen», setzte er mit unheilschwangerer Stimme fort, an
seinen obersten Westenknopf gewandt, den Mitwisser aller seiner Gespräche. «Der
Mann ist in Australien untergetaucht — einem recht unternehmenden Erdteil, der
noch den zusätzlichen Anreiz bietet, außerhalb des Bereichs der britischen
Jurisdiktion zu liegen. Er befindet sich in Gesellschaft der mitangeklagten
Ehebrecherin, die er zweifellos freizügig mit Ihrer Quartalsmiete ausgestattet
hat. Ihr Geld werden Sie selbstverständlich nie zu Gesicht bekommen. Wenn es
Ihnen ein Trost ist — eine Menge anderer Leute ebensowenig.»
    «Leider ist es mir kein großer Trost»,
murmelte ich bekümmert.
    «Indessen», verkündete Mr. Robbinson
mit einer gewissen sachlichen Befriedigung, «können Sie und Ihre Gattin
gerichtlich dazu angehalten werden, den Wohnsitz auf der Stelle zu räumen.
Obendrein müssen Sie selbstverständlich in Kauf nehmen, wegen

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