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Drachen-Mädchen

Titel: Drachen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Grimassen. Was machten die hier, südlich der Spalte?
    Die Antwort darauf gab der Koboldhäuptling ohne jede Umschweife höchstpersönlich. »Jetzt haben wir die Verbrecherharpyie!« rief Kotbold und zog eine Grimasse, die offenbar ein Siegeslächeln darstellen sollte.
    »Das ist doppelt gemoppelt«, meinte ein anderer Kobold. »Harpyien sind alle Verbrecher.«
    Allgemeines grobes Gelächter. »Ja, sind alle aus demselben Nest«, stimmte Kotbold zu.
    »Und hängen werden wir ihn«, sagte ein dritter Kobold.
    »Nee, dann fliegt er doch davon«, sagte ein weiterer. »Wir erstechen ihn.«
    »Es ist besser, ihn zu Teer und Federn zu prügeln!«
    »Nein, wir ernähren ihn zwangsweise mit Giftbeeren!«
    »Quatsch, einen Stein drangehängt und in einen bodenlosen Teich geschmissen!«
    Sie scharten sich um die Gruppe, hechelten und machten weitere Hinrichtungsvorschläge, einer schlimmer als der andere.
    »Oh, Hardy!« rief Gloria. »Das ist mein Stamm! Sie müssen mir gefolgt sein! Das wußte ich nicht!«
    Plötzlich begriff Ivy, was Stanley die ganze Zeit gewittert hatte. Die Kobolde waren Gloria und Ivys Gruppe gefolgt – in einer solchen Entfernung, daß der Drache sie nicht mit Sicherheit ausmachen konnte, aber doch nahe genug, daß er etwas gemerkt hatte. Wenn sie doch nur besser auf Stanley geachtet hätte, anstatt ihn dafür zu tadeln, daß er sich nicht ausschließlich auf die Mundorgel konzentrierte!
    Im zarten Alter von drei Jahren hatte Ivy noch nicht viel Erfahrung mit der Tücke wütender Kreaturen. Aber sie lernte dazu.
    »Zunächst einmal müssen wir diesem Kadaver den Prozeß machen«, sagte Kotbold. »Wir müssen an ihm ein Exempel statuieren, damit die anderen Spatzenhirne lernen, sich nicht mit Kobolden anzulegen.«
    Sie holten die Gefangenen einen nach dem anderen hervor. Hugo und Ivy wurden mit Lianen gefesselt, während man Stanley so fest verschnürte, daß er kaum noch zappeln konnte. Hardy banden die Kobolde Stricke um die Beine und befestigten sie an einem Pfahl, den sie in den Boden gerammt hatten, so daß er sich zwar draufsetzen, nicht aber davonfliegen konnte. Gloria ließen sie frei. Sie war schließlich nur ein Koboldmädchen, hübsch, aber hilflos.
    »So, das muß jetzt alles seine Ordnung haben«, verkündete Kotbold. »Wir brauchen eingeschworene Geschworene, bevor wir ihm den Schauprozeß machen und ihn rupfen. Wer will alles Geschworener sein?«
    Alle Kobolde hoben die Hände. Es waren ungefähr ein Dutzend, einer häßlicher als der andere und begieriger, die schmutzige Arbeit zu machen.
    »Na schön, dann seid ihr die Jury«, entschied Kotbold. »Und ich bin der Richter.«
    »Aber das ist ungerecht!« protestierte Gloria.
    »Halt’s Maul«, sagte Kotbold milde, und Gloria verstummte. Es war schwierig für sie, ihrem Vater zu widersprechen.
    »Tu doch was, Hugo!« flüsterte Ivy. »Du bist schlau, du kannst dir was ausdenken, um unsere Freunde zu retten!«
    Hugo war bleich und verängstigt; wahrscheinlich wußte er besser als sie, was hier auf dem Spiel stand. Er war sich darüber im klaren, daß Hardy nicht der einzige war, dem Gefahr drohte.
    Doch er versuchte es. »He, Kobolde!« rief er. »Das könnt ihr nicht. Mein Vater sagt…«
    »Und wer ist das, dein Vater, du Glotzauge?« wollte Kotbold wissen.
    »Der Gute Magier Humfrey.«
    Die Kobolde hielten inne. Von Humfrey hatten sie schon gehört. Monster und Könige kamen und gingen, aber der Gute Magier war relativ ewig.
    »Kann nicht sein«, entschied Kotbold schließlich. »Der alte Gnom ist über hundert Jahre alt. Da wird er keine Blagen in diesem Alter haben. Weitermachen mit dem Prozeß!«
    »Ihr macht es aber trotzdem verkehrt«, sagte Hugo stur. »Ihr braucht einen… einen Ankläger und einen Verteidiger und Zeugen und alles, oder…«
    Kotbold blähte sich auf wie eine Kröte mit Verstopfung. »Oder was, Glotzauge?«
    Hugo zuckte ob dieser Herausforderung zusammen, aber Ivy glaubte fest an ihn, und so fand er auch den nötigen Mut wieder. »Oder es ist ungültig«, beendete er seine Ausführungen. »Ach, und wer sagt, daß es ungültig ist?« fragte Kotbold streitlustig.
    »Das Gesetz. Und Leute, die das Gesetz des Landes nicht befolgen, sind Verbrecher und Diebe und Mörder und Schurken – aber das sind Kobolde ja wohl sowieso.«
    »Was?« rief der Koboldhäuptling und ballte eine finstere Faust. »Die Harpyien sind Schurken! Dich Klugscheißer werde ich ausradieren!«
    »Na klar«, stimmte Hugo ihm zu. »Genau das tun

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