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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd McCaffrey
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komplizierten Eingriff zu übernehmen. Carelly hatte es nie weiter gebracht als bis zur Krankenschwester. Windblüte war davon überzeugt, dass sie Tieran zu einem tüchtigen Chirurgen würde ausbilden können – das Zeug dazu hatte er – aber er konnte nicht gleichzeitig Chirurg und Patient sein.
    Â»Wo ist es?«, fragte Tieran mit rauer Stimme. Windblüte hob eine Augenbraue.
    Â»Wo ist das Antibiotikum?« Wütend starrte er sie an.
    Â»An einem sicheren Ort«, erwiderte Windblüte.
    Â»Ich will es haben!«, forderte Tieran. Er streckte die Hand aus. »Gib es mir – sofort!«

    Â»Warum sofort?«
    Tieran verzog weinerlich das Gesicht. »Er … er … er lag zwei Tage lang unter der Steinlawine begraben! Als sie ihn fanden, war längst eine Sepsis eingetreten. Er starb am Fieber, ehe ich bei ihm sein konnte.«
    Windblüte schauderte. »Er war ein guter Mensch, ein braver Mann.«
    Zornig funkelte Tieran sie an. »Du gibst mir jetzt sofort das Antibiotikum! Ich finde schon jemanden – M’hall, oder einen anderen –, und dann springen wir in der Zeit zurück. Ich weiß genau, dass das geht! Und wenn wir rechtzeitig ankommen, können wir meinen Vater retten. Ich brauche diese Medizin!«
    Â»Du kannst die Schranken der Zeit nicht durchbrechen, Tieran«, hielt Windblüte ihm entgegen. »Auch nicht, wenn du deinem Vater helfen willst. Es ist einfach nicht möglich. Es gibt temporale Gesetze, wie es Naturgesetze gibt.«
    Windblüte hatte Tieran gelehrt, dass Drachen nicht nur ohne Zeitverlust  – indem sie das Dazwischen passierten – von einem Ort zum anderen gelangen konnten, sondern dass sie auch durch die Zeiten springen konnten. Aber die Regeln und Paradoxe einer Zeitreise galten für die Drachen genauso wie für alles andere, das im Raum-Zeit-Kontinuum existierte. Man konnte nicht in die Vergangenheit reisen, in dem Versuch, Ereignisse zu ändern, die längst festlagen.
    Â»Du kannst die Vergangenheit nicht korrigieren. Du kannst nichts ungeschehen machen!«, beharrte Windblüte.
    Tieran brach zusammen und lehnte sich gegen Windblüte. »Du hast gesagt, er wäre immer für mich da. Du hast gesagt, ich könnte ihn jederzeit sehen, wenn ich wollte. Du hast gesagt … Aber als er verunglückte, war ich nicht bei ihm. Ich konnte ihm nicht helfen. Ich war ja nicht da!«
    Windblüte raffte all ihre Energie zusammen und straffte ihre schmalen Schultern. Sie hielt den Jungen in den Armen, während er seinem Kummer und seinem Zorn ungehemmt Luft machte.
    Â»Ich werde ihn auch vermissen«, sagte Windblüte nach einer Weile. »Er war ein Mann mit Charakter. Obendrein ein tüchtiger Botaniker. Mit etwas mehr Ausbildung …«
    Â»Ausbildung! Beurteilst du danach einen Menschen?«, brauste Tieran auf. »Misst du mich nach denselben Maßstäben? Siehst meine Narben nicht, sondern nur den fleißigen Schüler? Und was lerne ich bei dir? Ein
ausgestorbenes Metier, das uns nichts mehr nützen wird. Unterrichtest du mich nur zu deinem eigenen Vergnügen?«
    Â»Dein Vater wollte, dass du …«
    Â»Mein Vater ist tot!«, fiel Tieran ihr ins Wort. »Jetzt bist du die Einzige, die glaubt, mir diesen genetischen Blödsinn beibringen zu müssen. Gene spleißen, die man nicht sieht – das letzte Elektronenmikroskop ging letztes Jahr kaputt, hast du das schon vergessen? – und alles ohne erkennbaren Sinn und Zweck. Im Gegenteil, wir könnten versehentlich Mutationen erzeugen, die zu ungeahnten Konsequenzen führen. Wozu all diese Mühe? Die Beschäftigung mit der Genetik bringt nichts – sie führt zu nichts!«
    Er riss sich von ihr los und stürmte durch die Tür auf den Korridor. Über die Schulter rief er Windblüte zu: »Sag Emorra, sie soll die Scherben wegräumen. Du behandelst sie ja ohnehin wie eine Sklavin.«
    Langsam hob Windblüte den Kopf. Sie warf einen Blick auf den Scherbenhaufen, schlurfte zu ihrem Bett und setzte sich schwerfällig darauf. Ihr war nach Weinen zumute, doch sie hatte keine Tränen mehr. Trockenen Auges murmelte sie verbittert: »Im Umgang mit jungen Leuten scheine ich zu versagen. Offenbar habe ich kein Händchen, um Kinder zu erziehen.«
    Â 
    Â»Mutter! Was machst du?«, rief Emorra, als sie Windblütes Quartier

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