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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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sie retteten ihm dafür das Leben, aber er hat einen Fuß verloren, der ist ihm erfroren.«
    Martin. Finn schüttelte knurrend den Kopf. »Hättest du ihn bloß damals in Birka umgebracht, als du die Möglichkeit dazu hattest, Orm«, sagte er.
    Dieser Tag lag so weit zurück, dass er kaum mehr war als ein Atemhauch auf poliertem Stahl.
    »Und was ist mit Tien?«, fragte Gyrth. Eine gute Frage, an die ich selbst hätte denken müssen. Morut sah mich an, dann Onund, dann wieder mich.
    »Nun, ihr wisst ja«, sagte er langsam, »wir waren nie Freunde, und als er mir alles erzählt hatte, was ich wissen wollte, habe ich ihm seine Beleidigungen heimgezahlt. Das hier war einmal sein Pferd.«
    Niemand sagte etwas, doch alle sahen den Fährtensucher mit neuem Respekt an. Ich war zu sehr mit dem Gedanken an Sveinald und seinen Sohn beschäftigt, die noch nichts wussten, außer dass Tien, ihr Fährtensucher, noch nicht zurückgekehrt war. Sie gingen zu Fuß und mussten sich durch Eis und Schnee kämpfen – also blieb uns noch etwas Zeit.
    »Avraham hofft darauf, die Garnison von Sarkel in seine Hand zu bekommen, um gegen alle Fremden vorzugehen«, fuhr Morut schlecht gelaunt fort. »Ich halte das für eine sehr dumme Idee, denn die Garnison ist heutzutage ebenso sehr slawisch wie chasarisch, und alle nennen sie jetzt Biela Viezha. Avraham ist total verblendet und träumt noch von ihrer einstigen Größe. Am Ende wird er in der Garnison noch von dem Silber erzählen und sie damit überzeugen.«
    Diese Vermutung hatten Dobrynja und Sigurd sicher auch. Sie würden versuchen, so schnell wie möglich zu verschwinden, ehe sowohl die Garnison von Biela Viezha als auch Sveinalds Druschina aus Kiew von der Ladung Silber etwas erfuhren.
    »Warum erzählst du uns das alles, kleiner Mann?«, fragte Hauk Schnellsegler im selben Moment, als ich diese Frage auch stellen wollte.
    Morut dachte nach und runzelte die Stirn.
    »Prinz Wladimir hat weder mir noch Avraham gesagt, dass er geplant hatte, dass ihr in die Hände der oior pata fallt, um euch euren Anteil des Silbers zu stehlen«, antwortete er. »Das ist eines Prinzen einfach unwürdig, und
das sagte ich Avraham auch. Doch dem war es egal, seiner Meinung nach seid ihr ungläubige Heiden und verdient das, was Gott euch auferlegt.«
    »Diesem aufgeblasenen Kerl werde ich noch mal die Luft rauslassen«, versprach Finn.
    »Und du bist nicht dieser Meinung?«, fragte ich, und Morut schüttelte den Kopf.
    »Es ging mich nichts an«, erwiderte er ehrlich und sah mich an. »Ich fand, ein Streit um einen solchen Berg von Schätzen war ziemlich dumm, denn es ist so viel da, dass alle genug bekommen.«
    »Richtig«, sagte ich, »und jetzt bist du hier. Wer hat dich also geschickt, Wladimir oder sein Onkel?«
    »Niemand außer Gott. Oder vielleicht Allah, ich habe mich noch nicht entschieden, wem ich folgen werde. Der Prinz weiß nicht, dass ich weg bin, und auch sonst niemand. Ich wollte nur sehen, ob die oior pata euch getötet haben – aber es sieht so aus, als hättet ihr sie gezähmt.«
    In seiner Stimme schwang Bewunderung mit – aber dann umwölkte sich seine Stirn wieder.
    »Um ehrlich zu sein, ich fand es schlimm, dass sie den Blinden getötet haben, und auch, wie sie mit seiner Frau umgegangen sind.«
     
    Thordis konnte nicht aufhören zu weinen, selbst als Finn unbeholfen seinen Arm um sie legte. Eldgrim tätschelte sie, als sei sie ein Hund oder ein kleines Kind, und murmelte leise vor sich hin, obwohl er nicht recht verstand, warum ihr hier draußen in der kalten Steppe das Herz brechen wollte.
    Sonst sprach niemand; der Verlust von Kvasir traf die Eingeschworenen schwer. Als Morut fertigerzählt hatte, war es gespenstisch still.
    Kvasir hatte sie eingeholt, gerade als der Zug aus Pferden und Wagen die Brücke über den Wehrgraben bei Biela Viezha erreicht hatte. Hier war nichts weiter als ein einfacher Palisadenzaun, der gerade ausreichte, um hungrige Wölfe von den Jurten fernzuhalten, denn dies war das Lager des Steppenvolks, das mit Ziegen, mit langhaarigen zweihöckrigen Kamelen, mit Pferden und Hunden hierherkam, um im Schutz der hohen weißen Festungsmauern zu überwintern.
    Morut hatte gesehen, dass Kvasir angekommen war, und hatte beobachtet, wie er mit leeren Händen, die er nach beiden Seiten ausgestreckt hielt, zu Wladimir, Dobrynja und Sigurd gebracht wurde, wo er knapp außer Reichweite ihrer Schwerter stehen blieb.
    »Ich hatte den Eindruck«, sagte Morut, als wir

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