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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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Krähenbein am Hals, und seinetwegen würde man uns verfolgen. Die Männer unterhielten sich schon wieder leise murmelnd über Fafners Fluch.
    Wir waren noch neunzehn Mann – den hinkenden Fisch mitgezählt –, und mit dieser Mannschaft mussten wir den stillen, träge fließenden Don hinunter zum Asowschen Meer rudern. Das war keine leichte Aufgabe. Die Strug war ein Boot, für das auf jeder Seite fünfzehn Ruderer vorgesehen waren, also waren wir unterbesetzt, wie immer. Das Boot war aus einem einzigen Baumstamm gemacht, aus einer Eiche so groß wie neun Mann, und durch eine Weidenbeplankung verstärkt, obwohl wir einige dieser Planken bei unserer halsbrecherischen Schlittenfahrt verloren hatten. Es war zwei Mann breit und mit Dollen für die Ruder versehen, die äußere Beplankung hatte am Freibord die Höhe eines stehenden Kriegers.
    Große Bündel trockenen Reets, jedes Bündel so dick wie ein kleines Fass und mit Bändern aus Linden- oder Kirschholz zusammengehalten, waren außen an der Beplankung befestigt. Sie machten das ganze Schiff so gut wie unsinkbar, selbst wenn es voll Wasser laufen sollte. Das war praktisch, denn wir hatten kein nennenswertes
Deck und hätten nur wenige Männer zum Ausschöpfen gehabt.
    Es hatte auch ein ganz passables Segel, was darauf schließen ließ, dass das Boot auch in tieferem Wasser fuhr, vielleicht entlang der Küste des Asowschen oder sogar des Schwarzen Meeres, was gut in unsere Pläne passte. Gisur machte uns jedoch darauf aufmerksam, dass Mast und Segel nur für schönes Wetter geeignet waren; wenn es stürmte, war es besser zu rudern.
    Schließlich hatten die Schiffbauer schwere Rippen und Querstücke eingebaut und, wo nötig, mit Pech verschmiert, auch gab es an jedem Ende ein Steuerruder, denn die ganze Angelegenheit war so lang und wäre auf einem Fluss so schwerfällig zu drehen gewesen, dass es einfacher war, einfach umgekehrt zu rudern, um in die andere Richtung zu fahren.
    Und genau das war das Problem. Es war ein leichtes Boot – leicht, damit es mit voll besetzer Mannschaft von einem Fluss zum anderen gezogen werden konnte –, aber mit einer viel zu kleinen Besatzung wie der unseren und mit Odins verfluchtem Silber an Bord war es so beweglich wie ein Mühlstein. Natürlich würde es nicht sinken, aber mit unserer kümmerlichen Besatzung rührte es sich kaum vom Fleck, und wir hielten zweimal den Atem an, als es über unsichtbare Sandbänke knirschte oder nicht gewillt war, sich einen Weg durch das träge, halb gefrorene Eis zu bahnen.
    Bald würde auch die Zeit kommen, wenn die Ruderer sich andersherum setzen und bis ans Ende ihrer Kräfte arbeiten mussten, um das Ungetüm um die engeren Flussbiegungen herumzumanövrieren.
    Ich wusste noch vom letzten Mal, als ich hier war, dass der Fluss sich teilte, ehe er das Asowsche Meer erreichte.
Der südliche Arm war gerade, übersichtlich und kurz, der nördliche hingegen wand sich und war wesentlich länger, doch er teilte sich nochmals und bot deshalb eine weitere Möglichkeit, Verfolger abzuschütteln. Beide Ufer waren gesäumt mit hohem Schilf.
    Ich kannte die südliche Strecke, und Hauk, Finn, Hlenni, Brimill und der rote Njal, mit denen ich damals zusammen war, waren sich einig, dass dies der bessere Weg sei, vorausgesetzt, wir hätten keine Verfolger hinter uns, ehe wir an die erste Gabelung kamen. Selbst der kleine Eldgrim erinnerte sich in einem klaren Moment daran, dass er schon einmal hier gewesen war.
    »Wir sind schließlich nur noch dieser kleine Haufen«, sagte der rote Njal und sah in die Runde, als wir kurz Pause machten, um etwas von dem alten Brot zu kauen, das wir an Bord gefunden hatten. Niemand sagte etwas, denn er hatte recht, und es war eine schwere Entscheidung. Es waren nur sieben übrig von der ursprünglichen Mannschaft der Eingeschworenen, die schon bei Einar dem Schwarzen dabei gewesen waren, als ich dazustieß. Die Männer blickten auf die verschnürten Bündel – Kvasir und die Brüder Björnsson, die wir mit an Bord hatten, um sie irgendwo anständig zu begraben. Finn seufzte, und Thordis, die gerade zu Thorgunna ging, strich sich nachdenklich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    Über dem schwarzen Wasser lag Nebel, und das Eis stieß an unsere Strug, als wir so dasaßen, reich wie Könige, und uns an trockenem Brot und kaltem Flusswasser labten und jeder an seinen Teil des Silbers dachte – und an seinen Teil des Fluches, der darauf lag.
    Und doch würden wir Odins Gabe

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