Drachenboot
Anblick, als sei uns ein Fisch auf einem Pferd erschienen, dieses Schiff am Berghang, aber wir rannten darauf zu und stolperten und rutschten über den Schnee. Hinter uns waren die vereisten Rundhölzer aufgestapelt, die man braucht, um im Sommer die Schiffe zwischen Wolga und Don über Land zu befördern, und dahinter die Festung, dieser Koloss, der mit Licht und Lärm zum Leben erwacht war.
Die Männer kletterten an Bord, und die Haltetaue, die das Schlittengestell hielten, ächzten und knarrten, als wollten sie jeden Moment reißen.
»Thorgunna?«, schrie ich, und die Männer antworteten mir. Ich zog mich hoch, und Gisur führte mich dorthin, wo sie lag, in Pelze gewickelt und blass. Ihre Augen waren offen, und sie brachte ein Lächeln zustande, wobei ihr eine glänzende Träne über die Wange rollte. Thordis fiel neben ihr auf die Knie, und die beiden schluchzten, vor Freude und Trauer gleichermaßen, wie mir schien.
»Wir haben ihn mitgebracht«, sagte ich verlegen, als die Männer das starre, blutige Bündel an Bord hievten, das einst Kvasir gewesen war. »Wir reisen heim.«
»Was ist mit dem Silber?«, wollte Gisur wissen, und sein Bart bebte.
»Wir müssen zurückgehen und es holen, nach allem, was passiert ist«, sagte auch Hauk entschlossen.
»Zurückgehen und holen«, wiederholte der kleine Eldgrim, dann schüttelte er den Kopf. »Wohin zurückgehen? Gegen wen kämpfen wir jetzt?«
Hinter den Leichen, die noch immer dort draußen zwischen den Feuern lagen, hörte man Rufe und das unverkennbare Geräusch von Ketten und quietschenden Scharnieren, als in der Festungsmauer ein schweres Tor geöffnet wurde.
»Es gibt kein Silber und keine Grabkammer mehr«, sagte ich. »Nur einen rachedurstigen jungen Prinzen und eine nervöse Garnison. Wenn wir Glück haben, gehen die beiden aufeinander los, und wir können entkommen.«
»Wir kriegen doch dieses Schiff nie rechtzeitig ins Wasser«, murmelte Gisur, als die Männer sich an den steif gefrorenen Tauen zu schaffen machten.
»Ich muss jetzt gehen«, rief Morut von unten. Ich sprang vom Schiff und trat zu ihm.
»Komm doch mit uns«, sagte ich, denn ich hatte den kleinen Mann gern und bewunderte sein Wisssen über Pferde.
Er schüttelte grinsend den Kopf.
»Wie? Soll ich vielleicht den Rest meines Lebens Schiffe über die Steppe ziehen, von Fluss zu Fluss? Außerdem kann es sein, dass dieser Blödmann Avraham beschließt, sich auf die Seite der Festung zu schlagen, und ich will nicht gegen ihn kämpfen. Wenn ihr ihn findet, versucht zu vermeiden, ihn umzubringen.« Er sah mich an, dann fügte er hinzu: »Und außerdem, wie könnte ich mein wunderbares Pferd zurücklassen?«
Ich lachte, dann zog ich den Armreif hervor, den ich dem toten Kvasir abgenommen hatte.
»Wie versprochen«, sagte ich. »Und für Kvasir finde ich ein noch wertvolleres Geschenk, mit dem ich ihn begrabe.«
Morut fing den Armreif geschickt auf und drückte ihn ans Herz, ehe er ihn in seiner Tunika verschwinden ließ.
»Gute Reise«, sagte ich, und er winkte kurz, dann verschwand er im Dunst. Im selben Moment sah ich, dass die Reiter aus der Festung auf uns zugeritten kamen.
»Kappt die Taue!«, schrie Finn, und die Männer, die bisher versucht hatten, die vereisten Pflöcke aus der Erde zu schlagen, hielten inne und griffen nach ihren Klingen. »Durchschlagen, ihr Hundesöhne!«
Sie hieben und fluchten; und einer von ihnen – ich konnte nicht sehen, wer es war – drehte sich gurgelnd um die eigene Achse und fiel, von einem Pfeil im Hals getroffen.
Im selben Moment kam ein Reiter, der sein widerwilliges Pferd mit den Fersen bearbeitete, aus der Dunkelheit gerast. Hauk, der mit einem zu stumpfen Schwert eins der Taue durchschlagen wollte, fuhr herum und traf das Pferd an den Vorderbeinen, die wie Zweige brachen. Ein Schneegestöber wirbelte auf, als es unter schrillem Gewieher zu Boden ging, das die Schmerzensschreie des Reiters übertönte. Er war unter dem Pferd eingeklemmt und bemühte sich, freizukommen, bis Hauks Schwert auf sein Gesicht niedersauste.
Die Strug schwankte, und in panischer Furcht sprangen einige Männer an Bord, obwohl wir anderen noch alle Hände voll zu tun hatten. Gyrth sprang von Bord und eilte uns zu Hilfe; Hauk drehte sich gerade um, als ein weiterer Reiter aus der Dunkelheit auftauchte und ich feststellen musste, dass wir umstellt waren.
»Geh an Bord!«, schrie ich Hauk zu und schwang meine Axt, um anzudeuten, was ich vorhatte. Er zögerte kurz,
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