Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
Vom Netzwerk:
herauspressen konnte – der bereits auf einen geeigneten Moment wartete, um möglichst unauffällig zu verschwinden.
    Heute ich, morgen du, hatte Klerkon gesagt, und er hatte recht. Nur dass mein Morgen schon gekommen war.
    »Ich kaufe sie«, sagte ich zu Takub, und Klerkon strahlte, denn er wusste, was für einen Preis dieser habgierige kleine Händler verlangen würde. Er genoss es, als ich mit Gold
bezahlte, aber mein Gesicht blieb ausdruckslos, er sollte nicht denken, dass es mir schwerfiel.
    Es fiel mir auch nicht schwer, denn das Gold hatte ja Klerkon gehört, und ein absurd großer Teil davon verschwand jetzt in Takubs schmuddeliger Seidenrobe. Dann schloss er die Fesseln auf, und die Frauen waren frei. Thordis kam kurz zu mir und nahm meinen Arm. Ich merkte, wie sie zitterte, aber ihr schmutziges Gesicht zeigte keine Tränen. Sie sah mich nur an und nickte.
    Dann hörte ich von der anderen Seite des Platzes Thorgunnas Stimme: »Thordis!« Die Schwestern lagen sich in den Armen, Kvasir stand neben Finn. Die beiden Sklavinnen standen mit trüben Augen und hängendem Kopf da. Klerkon sah von den Schwestern zu mir und wieder zurück, und ganz allmählich dämmerte ihm die Situation.
    »Nun ja«, sagte er säuerlich lächelnd. »Es scheint, dass mir ein großer Preis entgangen ist, und so gibt es am Ende des Tages noch ein rührendes Wiedersehen. Das ist doch fast den Preis wert, was, Orm?«
    Man musste ihn bewundern. Kein Wutausbruch darüber, dass ihm die Chance entgangen war, mich zu erpressen, nur eine knappe Wende, und schon schlug er eine neue Richtung ein. Ich wusste im Voraus, was er vorhatte. Jetzt ging es um Martin, den Priester. Klerkon lugte angestrengt über meine Schulter, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren.
    Finn konnte natürlich der Versuchung nicht widerstehen.
    »Es hat Orm gar nichts gekostet, du Arschloch«, sagte er hämisch. Mit einem schiefen Lächeln auf seinem Pan-Gesicht drehte Klerkon sich zu ihm um. Finn grinste zurück.
    »Du wirst vielleicht ein neues Bett brauchen«, sagte er. Klerkon erstarrte, er sah erst mich an, dann wieder Finn. Das Lächeln wurde zu einem bösartigen Zähnefletschen,
als er merkte, worauf Finn anspielte; Takub schreckte zurück  – aus Erfahrung, vermutete ich.
    Ich verfluchte Finn im Stillen, denn ich wusste, wohin Klerkon jetzt gehen und was er machen würde. Ich hoffte nur, dass es uns gelingen würde, rechtzeitig zur Elk und zu Botolf zurückzukommen, ehe Klerkon seine Mannschaft beisammen hatte, um sein halb fertiges Schiff flott zu machen und nach Hause segeln zu können. Dann würde er nach Hestreng ziehen, um sich zu rächen.
    Das war Finn ebenfalls klar, fast im selben Moment, als er sprach, und er hatte auch eine Lösung des Problems parat.
    »Finn – nein!«
    Zu seiner Ehrenrettung muss ich sagen, dass Finn seine Klinge nur halb aus der Scheide zog, und er schaffte es auch, sie wieder einzustecken, selbst als Klerkon ihn noch hämisch angrinste und sich dann verächtlich abwandte. Ich war so erleichtert, dass ich die kleine Gestalt gar nicht bemerkte, die jetzt über den Platz gerannt kam. Vier kurze Schritte, ein, zwei Hüpfer. Beim zweiten Hüpfer tat er einen kleinen Schrei, gerade laut genug, dass Klerkon sich umdrehte, um zu sehen, was los war – und in seinem Gesicht standen in gleichem Maße Hass und Angst, als Olaf Krähenbein, das kleine Ungeheuer, auf ihn zukam, befreit von seinen Ketten und von der Sklaverei auf der Schwarzen Insel, in schönen neuen Kleidern und mit einer nagelneuen kleinen Axt in der Hand.
    Wie ein Lachs sprang er auf Klerkons erstauntes Gesicht zu und versenkte diese nagelneue Axt mit einem so geschickten Hieb, wie ich ihn nur selten gesehen habe, im Schädel des verhassten Feindes.

»Dieser elende Wicht«, knurrte Finn, als man uns zur Grube abführte.
    Nachdem wir aus dem Chaos auf dem Marktplatz von Nowgorod, wo Klerkons Leiche in einer Blutlache lag, zu diesem Loch, das als Gefängnis diente, gebracht worden waren, hatte Finn nicht mehr aufgehört, auf Olaf zu schimpfen. Die Menschen hinter uns kreischten entsetzt.
    »Das kommt davon, wenn man Sklaven eine Waffe in die Hand gibt«, hatte er geknurrt, und im schwachen Licht, das von oben in die Grube fiel, sah sein wutverzerrtes Gesicht noch beängstigender aus.
    »Ich bin kein Sklave!«, gab Olaf mit hoher Kinderstimme zurück. »Das hat Jarl Orm selbst gesagt. Im Gegenteil, ich bin ein Prinz.«
    »Jarl Orms Großzügigkeit in allen Ehren«, gab Finn

Weitere Kostenlose Bücher