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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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Körper, denn die feuchten Felswänden strahlten Kälte aus. »Vielleicht nehme ich mir auch selbst noch das Recht dazu heraus«, schloss er boshaft.
    »Es war einmal ein braver Nordmann der Wik«, sagte Olaf plötzlich mit seiner hohen Stimme, »der ging in den Wald, um Holz zu hacken.«
    Kvasir lachte laut auf, und Thorgunna, die wusste, dass eine Geschichte alle beruhigen würde, ermunterte ihn, weiterzuerzählen.
    »Diesen Nordmann«, fuhr der Junge fort, »wollen wir mal … Finn nennen.«
    Fast konnte man hören, wie Finns Gesicht sich unwillig verzog.
    »Also ging Finn los, um Feuerholz zu holen. Die Bäume in der Nähe waren alle schon geschlagen, also ging er, bis er zu einer großen Eiche kam, die an einem Fluss stand. Er war sehr froh, denn mit diesem Baum würde er sein Haus lange heizen können. Er kletterte also hinauf und setzte sich auf den Ast, der ihm am bequemsten war, und fing an, ihn abzuhacken. Während er so bei der Arbeit war, kam ein Christenpriester aus einem Nachbardorf vorbei. Er sah
zum Baum hoch und sah Finn dort sitzen. Finn war ziemlich misstrauisch, denn er hatte gehört, dass Christenpriester zaubern könnten.«
    »Hat dieser Christenpriester zufällig Martin geheißen?«, wollte Kvasir wissen, und Olaf, mit einem Lächeln in der Stimme, nickte bestätigend.
    »Also fragte der Priester Finn, was er da mache«, fuhr Olaf fort. »Und Finn sagte ihm, er hacke Holz, was denn sonst? ›Es ist nicht sehr klug, was du da machst‹, sagte Martin. ›Es ist die einzig richtige Art, Holz zu hacken‹, gab Finn zurück. ›Du nimmst die Axt, und du hackst.‹«
    »Ganz richtig«, unterbrach Finn brummend, aber die anderen sagten ihm, er solle den Mund halten.
    »Also erklärte Martin ihm, dass es besser wäre, den ganzen Baum erst umzulegen, denn wenn er an dem Ast hacke, auf dem er sitze, würde er herunterfallen und dabei zu Tode kommen. Aber Finn herrschte ihn an, er solle abhauen und Ziegen bumsen.«
    Thorgunna entfuhr ein Laut der Empörung, während Kvasir und Jon Asanes laut lachten, denn das klang genau wie die Antwort, die Finn gegeben hätte. Selbst seine Stimme wurde von Olaf sehr überzeugend imitiert.
    »Martin schüttelte den Kopf über so viel Dummheit und ging weiter«, fuhr Olaf fort. »Finn hackte und hackte und dachte darüber nach, wie dumm dieser Martin doch sei, dabei war er aber doch auch ein wenig unsicher, ob der Priester nicht aus der Ferne einen Fluch über ihn verhängen würde. Plötzlich brach der Ast ab, und Finn fiel auf den Boden. Er lag da mit dem Ast unter sich, und wie er so dalag, erinnerte er sich, was Martin gesagt hatte, und je mehr er darüber nachdachte, desto klarer wurde ihm, dass der Priester ein Hellseher sein musste. ›Er hatte gesagt, der Ast würde brechen und ich würde herunterfallen und tot
sein‹, überlegte er. ›Und genau so kam es, der Ast ist abgebrochen. Er ist ein Priester und weiß, wovon er spricht – also heißt das, dass ich jetzt tot sein muss.‹ Also blieb er liegen, als sei er wirklich tot.«
    Kvasir klatschte sich auf die Schenkel und schüttelte den Kopf vor Vergnügen. Er und Jon Asanes mussten sich gegenseitig stützen vor Lachen, während Finn in der Dunkelheit murrte und knurrte, was die Sache nur noch komischer machte.
    »Und weil er dachte, dass er tot sei, stand Finn nicht auf, sondern lag nur ganz still da«, erzählte Olaf weiter. »Nach einiger Zeit kamen seine Freunde vorbei – nennen wir sie Kvasir den Sabberer und Jon – und fanden ihn. Sie schüttelten ihn, sprachen ihn an, aber er antwortete nicht und bewegte sich nicht, denn er hatte entschieden, dass er tot sei. Sie stellten ihn auf die Füße, aber er fiel wieder um, denn wer hat schon mal von einem Toten gehört, der stehen kann?«
    Selbst Finn musste jetzt grinsen, ich erkannte es in dem fahlen Licht, das durch das Gitter über uns fiel.
    »Also kamen Kvasir und Jon Asanes ebenfalls zu dem Schluss, er sei tot. Sie hoben ihn auf und trugen ihn zu seinem Hof. ›Lasst aber meine gute Axt nicht zurück‹, sagte Finn, als sie losgingen, deshalb ging einer von ihnen und hob sie auf, und die ganze Zeit unterhielten sie sich darüber, wie traurig es doch sei, dass ihr Freund auf diese Art und Weise sterben musste. Als sie an eine Weggabelung kamen, blieben sie stehen. Kvasir meinte, sie müssten am Fluss entlanggehen, während Jon dachte, sie müssten über den Berg. Sie stritten eine ganze Weile, und immer noch trugen sie ihren Freund wie einen Toten.

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