Drachenboot
starrte auf Gyrth, der wie ein Fass über den Boden rollte, um den wild ausschlagenden Pferdehufen zu entgehen.
Sie ging auf ihn los, aber Finn war bereits zur Stelle. Sie schrie und schlug drauflos, aber er hob seine große, schwere Klinge, und unter einem Funkenregen traf ihr kleiner Krummsäbel darauf. Es klang wie ein Glockenschlag, und sie fing seinen Hieb ab, aber die Wucht des Aufpralls fuhr ihr in den Arm und machte ihre Finger taub, sodass sie ihr Schwert nicht mehr halten konnte.
Vor Frust und Wut heulte sie auf, doch selbst als ich in ihrer unmittelbaren Nähe stand, zeigte sie keine Anzeichen von Angst. Da erschien plötzlich eine riesige Gestalt inmitten dieses Durcheinanders, der Schnee stob auf, und wir standen wie geblendet.
Ein goldenes Pferd. Nicht gelb, sondern metallisch glänzend, wie aus poliertem Messing geformt. Es warf sich zwischen die Kriegerin und uns, und der Kontrast zu den
struppigen Steppenponys ließ es nur noch herrlicher erscheinen.
Mir blieb der Mund offen stehen; die Frau schwang sich wieder auf ihr Pony, während das große goldglänzende Pferd zwischen uns tänzelte und Dampfwolken aus rosigen Nüstern hervorstieß. Der Reiter erschien wie ein Schatten über mir, und langes schwarzes Haar wehte im Wind, mit Strähnen, die aussahen wie Schlangen. Ich starrte die Gestalt an. In ihrer erhobenen Hand hielt sie etwas Glänzendes, was jetzt wie eine blitzende Sense auf mich niederfuhr. Finn warnte mich mit einem Schrei.
Ich erhob mein großes Schwert und spürte, wie das andere Schwert darauf traf, und hörte den hellen Klang, mit dem es zerbrach. Das goldene Pferd schnaubte und drehte sich elegant zur Seite, und sein riesiges Hinterteil prallte auf meine Hand, die ich schützend vor mir ausgestreckt hatte. Ich fiel rücklings um und überschlug mich im Schnee, wobei mein einziger Eindruck war, wie warm und feucht sich das Pferd angefühlt hatte.
Als ich wieder aufsah, war es verschwunden. Auch die Kriegerinnen waren verschwunden. Nur die Schmerzenslaute, die sie verursacht hatten, waren zu hören.
»Bei Odins Arsch, Orm«, rief Finn und kam angelaufen, »ich dachte wirklich, jetzt wäre es um dich geschehen.«
Ich richtete mich mühsam auf. Finn sah sich die traurigen Reste meines Schwerts an und stieß einen bewundernden Pfiff aus.
»Das muss ja ein Hieb gewesen sein, der eine Klinge wie diese zerbricht«, murmelte er. Ich hielt den Griff noch immer in der Hand und betrachtete es. Mir war, als gehöre das alles nicht zu mir, weder das abgebrochene Schwert noch die Hand.
»Du blutest«, sagte Gyrth, der an meiner anderen Seite
erschienen war, und ich sah bestürzt auf das Blut auf meinem Handschuh.
»Das ist nicht von mir.« Jetzt fiel es mir wieder ein, die Erinnerung kam zurück wie die Flutwelle nach der Ebbe. »Das Pferd. Das goldene Pferd …«
»Richtig«, sagte Jon Asanes, der jetzt auch angerannt kam. »Hast du das Tier gesehen? Es hat geglänzt wie ein goldener Dirham. Wie ein Amulett, das man um den Hals trägt.«
»Natürlich hat er es gesehen«, erwiderte Gyrth tief aufatmend und mit einem leisen erleichterten Lachen, das sich immer einstellt, wenn man nach einem Kampf merkt, dass man noch am Leben ist. »Sein Kopf steckte ja fast in seinem Arsch.«
Jetzt lachten wir alle, laut und so ausgelassen, dass uns schließlich fast die Luft wegblieb. Ich fasste mich schneller als die anderen, denn ich musste an den Reiter des goldenen Pferdes denken – ein Weib, mit schwarzen Haarsträhnen, die wie Schlangen aussahen, und mit diesem zuckenden Blitz, der ihr Schwert war. Mir wurde mulmig zumute, und ich fragte Finn, ob er sie gesehen hätte.
Er nickte und hob warnend den Finger. »Sprich es nicht aus, Orm, mein Junge. Sag es nicht. Es war lediglich ein Reiter auf einem außergewöhnlichen Pferd, weiter nichts. Hild ist tot. Schon lange. Fang nicht wieder von ihr an, besonders jetzt nicht.«
»Das soll nur irgendein Reiter gewesen sein?«, erwiderte ich, und meine Angst machte mich noch wütender. »Mit einem Runenschwert wie mein eigenes, das diese gute nordische Klinge einfach zerschmettern kann?«
»Ach, leck mich doch, Orm«, sagte Finn und rieb seine Bartstoppeln, was er immer tat, wenn er wirklich wütend war oder nicht weiterwusste. »Leck mich doch, zusammen
mit deiner Mutter. Es ist nicht Hild. Hild ist tot, Bärentöter. Schon seit Jahren. Du hast sie in Attilas Grab sterben sehen.«
Ich antwortete nicht. Mir war übel vor Angst bei dieser
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