Drachenelfen
nur schwer verwundet.«
»Der äußere Anschein kann täuschen, Prinz, besonders
wo Sartan im Spiel sind.«
Gram verstand die Anspielung nicht, dachte nicht
darüber nach. Er hatte den Kopf voll mit eigenen Ideen, Plänen und Intrigen.
»Ihr werdet Graf Tretar Bescheid sagen? Damit er aufpaßt?«
»Ich werde mich augenblicklich zu ihm verfügen,
Prinz.«
»Ihr werdet allen Bescheid sagen, die es wissen
müssen?« beharrte Gram.
»Allen, Prinz«, bestätigte Sang-drax
lächelnd und mit einer Verbeugung.
»Gut«, sagte Gram fröhlich und wirbelte das
Amulett um den Zeigefinger.
»Immer noch da?« fragte Sang-drax und spähte
durch die vergitterte Öffnung.
»Ruhig, alter Junge.« Haplo beschwichtigte den
Hund, der sich fast heiser gebellt hatte. »Verschwende nicht deinen Atem.« Der
Patryn lag auf dem Bett, die Hände unter dem Kopf gefaltet.
»Ich bin aufrichtig erstaunt. Vielleicht haben
wir dich überschätzt. Wir hielten dich für tatkräftig. Entschlossen. Begierig,
der Sache deines Volkes zu dienen. Haben wir dir schon das Rückgrat gebrochen?
So schnell?«
Geduld, ermahnte sich Haplo und ballte die Hände
zu Fäusten.
Er will dich aus der Reserve locken.
»Ich dachte«, fuhr Sang-drax fort, »du hättest
mittlerweile die Flucht der Zwergin in die Wege geleitet.«
»Und Jarre wird unglückseligerweise auf der
Flucht getötet, der Kaiser bedauert zutiefst, aber es ist nicht zu ändern. Und
die Zwerge bedauern zutiefst, aber sie müssen leider unter diesen Umständen die
Maschine zerstören.« Haplo kreuzte bequem die Füße. »Geh und spiel Runenschach
mit deinem Goldjungen, Sang-drax. Ein Kind fällt vielleicht auf deine Tricks
herein.«
»Oh, für heute rechne ich mit einer
interessanten Partie«, meinte Sang-drax freundlich. »Und du wirst, glaube
ich, einer der Hauptakteure sein.«
Haplo starrte unverwandt an die Decke. Der Hund
hatte aufgehört zu bellen, aber ein unablässiges tiefes Grollen klang aus
seiner Kehle.
»Gram erwartet Besuch. Seine Mutter.«
Haplo lag still. Er kannte die Zellendecke –
rauher Putz, weißgetüncht – mittlerweile auswendig.
»Iridal ist eine Frau mit einem starken Willen,
Sie kommt nicht, um ihr Herzblatt mit Keksen zu füttern und mütterliche Tränen
zu vergießen. Nein, sie kommt mit der Absicht, ihn mitzunehmen. Ihn deinem verderblichen
Einfluß zu entziehen. Es wird ihr gelingen. Und wo wirst du dann nach deinem
kleinen Prinzen Ausschau halten, dem Augapfel deines Herrn und Gebieters?
Mittelreich? Hohes Reich? Niederreich? Wie lange wird deine Suche dauern,
Verehrtester? Und was wird Gram derweil alles anstellen? Er ist so ein
ungezogener Junge und durchaus imstande, sowohl dir als auch ›Großväterchen‹
eine lange Nase zu drehen.«
Haplo zog eine Hand unter dem Kopf hervor und
streichelte den Hund.
»Nun ja«, Sang-drax zuckte mit den Schultern,
»ich dachte, es interessiert dich vielleicht. Nein, keinen Dank. Du sollst dich
in meiner Obhut nicht langweilen, das ist alles. Können wir dann heute zu
späterer Stunde mit deiner geschätzten Gegenwart rechnen?«
Haplo konterte mit einer passenden Bemerkung.
Sang-drax drohte ihm verschmitzt mit dem Finger.
»Na, na, lieber Freund, etwas mehr Originalität bitte. Das stammt von
uns!«
Er schob ein Stück Papier unter der Zellentür
hindurch. »Nur für den Fall, daß du nicht weißt, wo das Zimmer des Jungen
liegt, habe ich dir einen Plan gezeichnet. Jarres Zimmer liegt gleich daneben.
Oh, bevor ich’s vergesse, der Kaiser weigert sich, Limbecks Bedingungen zu
erfüllen. Er wird Jarre hinrichten lassen und eine Armee nach Drevlin verschiffen,
um mit dem Kroppzeug dort kurzen Prozeß zu machen. Ein unterhaltsamer Mann,
dieser Agah’ran. Er ist uns richtig ans Herz gewachsen.«
Der Schlangenelf vollführte einen eleganten
Kratzfuß.
»Bis später, Verehrtester. Wir freuen uns
darauf, das Vergnügen Eurer Gegenwart genießen zu dürfen. Das Fest wäre einfach
nicht dasselbe ohne Euch.«
Immer noch lachend ging er davon, während Haplo
von hilfloser Wut geschüttelt, auf der Pritsche lag und zur Decke starrte.
Die Fürsten der Nacht breiteten ihre Mäntel über
Arianus, doch im Imperanon verwehrte ein Lichtermeer dem nächtlichen Dunkel
sein Recht. Künstliche Sonnen strahlten, unzählige Kerzen in Kandelabern,
Flambeaus und Kronleuchtern erhellten Flure, Gemächer und den großen Ballsaal.
Die Elfen schmausten, tranken, tanzten und waren so
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