Drachenfedern I - Schicksalhafte Begegnung
verzweifelt.
Sie drehte sich leicht in seine Richtung. „Was ist es dann?“
Fäiram sah hoch und begegnete ihrem Blick. Abermals schoss Jonas' Gesicht in seine Erinnerung. Wenn sie ihn nur nicht so sehr an ihn erinnern würde, fiele es ihm leichter, ihre vergeblichen Bemühungen an sich abschmettern zu lassen.
„Habt Ihr Euch jemals gewünscht, nicht der zu sein, der Ihr seid?“ Er beobachtete das Spiel ihres Gesichtes, das Glitzern in ihren Augen, das kaum merkliche Zucken ihrer zarten Augenbrauen und ihres Mundwinkels.
„Jeden Tag“, antwortete sie. „Es ist schwer, dabei zusehen zu müssen, wie anderen alles gegönnt ist, was einem selbst verwehrt wird, weil man ist, wer man ist.“
„Wonach sehnt Ihr Euch?“, wollte er mit ehrlichem Interesse wissen, denn irgendwie weckte sie etwas in ihm, das er in sich selbst zu finden glaubte.
Sie drehte sich dem Sternenhimmel zu und blickte einen Moment gedankenverloren in den Nachthimmel. „Nach der Freiheit“, gestand sie aufrichtig. „Nach der Weite des Lebens, danach nicht in irgendwelche Schemen und Regeln gepresst zu werden.“
Fäiram ließ diese Antwort ein wenig in sich wirken. Sie klang so ganz nach der Antwort, die er selbst gegeben hätte.
„Euer Name ist Säirlasi?“, fragte er und wunderte sich darüber, dass ihr Name in seinem Gedächtnis haften geblieben war. Normalerweise vergaß er ihn, noch bevor er sich von der Dame verabschieden konnte.
Sie schien seine Gedanken gelesen zu haben, denn ein leicht amüsiertes Lächeln ließ ihre Augen abermals so blau wie das weite Meer strahlen. „Ich muss mich wirklich glücklich schätzen“, sagte sie und drehte ihren Kopf ein wenig in seine Richtung. Ihr Haar floss dabei wie ein seidiger Vorhang über ihre Schultern.
Fäiram widerstand der Versuchung die zarten Strähnen aufzufangen und sie durch seine Finger gleiten zu lassen, so wie es Jonas stets mit seinen gemacht hatte. Er schluckte hart.
„Warum?“, konnte er nur hervor pressen und hoffte, dass seine Stimme fest genug klang.
„Offensichtlich habt Ihr etwas an mir gefunden, was Euer Wohlwollen weckt“, bemerkte sie und drehte sich wieder dem Sternenhimmel zu. „Das, was ich über Euch hörte, widerspricht Eurem derzeitigen Verhalten.“
„So?“ Mühsam unterdrückte er ein missmutiges Knurren. Er hasste Klatsch und Tratsch, insbesondere Leute, die das Gerede für bare Münze nahmen. „Was habt Ihr denn über mich gehört?“
Sie lächelte milde und schwieg.
„Ich hoffe für Euch, dass Ihr Euch aus dem Gerede keine falschen Hoffnungen gemacht habt.“ Er wollte immerhin fair bleiben.
„Oh“, machte sie überzeugt und schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln, als sie ihren Kopf kurz zu ihm drehte. „Ich erhielt mehr, als ich erhoffte. Ein ehrliches Lächeln zum Beispiel. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Ihr einer meiner Vorgängerinnen damit beschenkt hättet.“ Sie drehte sich zu ihm und suchte seinen Blick. „Was ist es?“, wollte sie wissen. „Was ist an mir anders?“
Fäiram seufzte und schalt sich, sich von ihr so in die Enge getrieben lassen zu haben. Sie war nichts weiter, als eine weitere Frau, die er abwimmeln musste. Er wollte sie nicht. Sie nicht und auch sonst keine einzige Frau aus Häälröm.
Er wollte Jonas.
„Ihr erinnert mich an jemanden“, gestand er dennoch. Sie war zu nett und zu freundlich, als dass sie eine ehrliche Antwort nicht verdient hätte.
„An wen?“, wollte sie prompt wissen. „An Euren Geliebten?“
Fäiram kämpfte gegen eine leichte Röte in seinem Gesicht. Abgesehen davon, dass es bei Hofe relativ rasch bekannt worden war, mit wem sich der Prinz die Langeweile vertrieb, hatte er geglaubt, dass sich die Gerüchteküche nach Tuniäirs Weggang weitgehend beruhigt hätte.
Sie seufzte leise und blickte ihn gütig an. „Ihr seid eine Person, auf der das Augenmerk von ganz Häälröm liegt, mein Prinz. Hattet Ihr tatsächlich geglaubt, dass Eure Handlungen niemanden interessieren?“
„Gehofft“, gestand er aufrichtig.
Sie lachte kurz auf und kam ein klein wenig näher. „Mein Prinz“, sagte sie festen Entschlusses. „Als ich dazu aufgefordert wurde, mich Euch vorzustellen, wusste ich bereits, dass nicht ich es sein werde, die Euer Begehren wecken kann. Keine Frau im Lande würde das können. Abgesehen davon, dass Ihr der begehrteste Junggeselle seid und jede Frau davon träumt, dass Ihr sie zur Gemahlin wählt, weiß ich sehr genau, dass es an Eurer Seite ein sehr
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