Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
Vom Netzwerk:
dreißig? … Ja? Schön. Und ich nehme mein Essen gern pünktlich ein, junger Mann.« Als Marga auflegte, glühte sie wie ein junges Mädchen nach seinem ersten Rendezvous.
    »Der hängt am Haken und zappelt wie ein ganzes Bund Aale, Schätzelchen.« Sie hörte sich an wie eine Mischung aus Mata Hari und Sara Paretskys Privatdetektivin V.I. Warshawski. Ich mochte sie sehr in diesem Moment.
    Blieb lediglich noch ein klitzekleines Problemchen zu lösen: Wie kam ich möglichst rasch und unauffällig in die Verdoehl’sche Wohnung hinein? Denn wir konnten wohl davon ausgehen, dass Bettina und Rolf zu den Menschen gehörten, die abschlossen, sobald sie ihr Heim verließen.
    Den Gedanken, mich telefonisch als Elektrikerin auszugeben, die unbedingt und dringlichst das Starkstromkabel am Herd kontrollieren muss, verwarfen wir wieder. Wenn die beiden nicht vollständig blöd waren, zählten sie zwei und zwei zusammen und rochen Lunte. Dann würden sie umgehend beim E-Werk nachfragen anstatt den Schlüssel kreuzdoof unter die Fußmatte zu schieben. Im Erklettern von Regenrinnen, um durch die geöffnete Dachluke einzusteigen, hatte ich es ebenfalls noch nie zur Meisterschaft gebracht. Nein, wie man es drehte und wendete, es half nichts, wir mussten einfach auf die bewährte Kombination von Intuition und Zufall vertrauen.
    Und die half uns tatsächlich in Gestalt von Bettina Verdoehls Nase. Die lief nämlich zum Gotterbarmen, sodass Rolf den Termin mit der vielversprechenden Fabrikhallenbesitzerin allein wahrnehmen und Bettina zu Hause bleiben musste. Sonst hätte sie am Ende noch auf die Perlhuhnbrust getropft und den ganzen guten Eindruck versaut.
    Als ich also vorsichtshalber klingelte, um mich zu vergewissern, ob die Luft auch wirklich rein war, bevor ich ein Fenster einschmiss oder mich an der Wohnungstür zu schaffen machte, öffnete die sich unvermutet, und Bettina stand vor mir. Mit Tränen in den wässerigen, verquollenen Augen, einem roten Zinken sowie einem derart leidenden Gesicht, das alle Madonnen dieser Welt umgehend vor Neid erblassen ließ.
    »Oh«, entfuhr es mir verblüfft. Ich meinte ihre gesamte Erscheinung. Sie interpretierte es jedoch falsch.
    »Nupfn«, erklärte sie mit dumpfer Stimme, als ob ich Tomaten auf den Augen hätte. »Tumileid.«
    Das private eye in mir schaltete blitzschnell und setzte einen Fuß in die Tür, bevor ich ihr freundlich versicherte, dass ich in dieser Hinsicht – toi, toi, toi – überhaupt nicht anfällig sei. Ich hätte von Natur aus eine robuste Gesundheit, weshalb ich ihr, der armen leidenden Seele, auch selbstlos und auf der Stelle zu Hilfe zu eilen gedachte. Ich trug ein bisschen dick auf, ich gebe es zu, und im Vorteil ist man auch, wenn der Gegner mit wattiertem Kopf verzweifelt versucht, sich an den Namen seines Gegenübers zu erinnern. Auf jeden Fall war sie zu schwach, um sich zu wehren, und so schob ich sie energisch beiseite und befahl ihr, sich zu setzen. Dann marschierte ich in die Küche, setzte Wasser auf und erkundigte mich fürsorglich, ob es im Verdoehl’schen Haushalt Kamille gäbe. Es gab.
    Bingo! Damit war die Wanze so gut wie platziert.
    Ich eilte ins Bad und kramte nach Bettinas Anweisungen in den Schränken, bis ich eine kleine Tüte gefunden hatte, in der nicht mehr allzu viel drin war. Das Zeugs hatte sein Best-before-Datum seit drei Jahren überschritten, doch giftige Dämpfe würde es schon nicht entwickeln.
    Ich linste ins Wohnzimmer, während ich das heiße Wasser über das Kraut goss. Bettina saß zusammengesunken auf der Couch und fragte sich sicher, wie sie mich so schnell wie möglich loswerden konnte. Egal, da musste sie durch, obwohl es sonst nicht zu meinen Gepflogenheiten gehört, Kranke zu quälen. Ich entschied mich für die Plastiktulpen auf dem Bücherregal links neben dem Fenster. Wenn ich die Wanze dort anklemmen konnte, würde sie jedes Wort, das im Zimmer gesprochen wurde, getreulich weitergeben. Und allzu schnell finden würde man sie ebenfalls nicht, denn bevor Bettina wieder anfing staubzuwedeln, zwitscherte sie bereits wie ein Vögelchen auf der Polizeiwache.
    »Ach, wo finde ich ein großes Handtuch?«, wandte ich mich an meine unfreiwillige Gastgeberin. Denn nur darauf kam es bei der ganzen Aktion schließlich an.
    »Shrang, Fluh«, näselte sie kurzatmig.
    »Prima«, lobte ich sie herzlich und zog das größte, was ich auf die Schnelle finden konnte, aus dem Flurschrank. »Hier«, trällerte ich sodann munter, setzte

Weitere Kostenlose Bücher