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Drachenläufer

Drachenläufer

Titel: Drachenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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warf einen flüchtigen Blick auf das Bild. »Kenn ich nicht, tut mir Leid.« »Sie haben ja gar nicht richtig hingesehen, mein Freund«, sagte Farid. »Schauen Sie sich das Bild doch mal genauer an.« »Lotfan«, fügte ich hinzu. Bitte.
    Der Mann nahm das Foto in die Hand. Studierte es. Und reichte es mir zurück. »Nay, tut mir Leid. Ich kenne jedes einzelne Kind in unserm Haus, aber das habe ich noch nie gesehen. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, ich habe noch zu tun.« Er machte die Tür zu und schloss ab.
    Ich klopfte mit den Knöcheln an. »Aga! Aga, bitte machen Sie auf. Wir wollen dem Jungen doch nicht schaden.«
    »Wie gesagt, er ist nicht hier«, tönte es jenseits der Tür. »Gehen Sie jetzt bitte.«
    Farid trat einen Schritt näher und legte seine Stirn an das Türblatt. »Freund, wir gehören nicht zu den Taliban«, sagte er leise und vorsichtig. »Der Mann, der mit mir gekommen ist, will den Jungen in Sicherheit bringen.«
    »Ich komme aus Peshawar«, sagte ich. »Ein guter Freund von mir kennt ein amerikanisches Paar, das dort ein Heim für Kinder unterhält.« Ich spürte, dass der Mann hinter der Tür ausharrte und lauschte, dass er zögerte und zwischen Argwohn und Hoffnung schwankte. »Hören Sie, ich kannte Suhrabs Vater«, fuhr ich fort. »Sein Name war Hassan. Die Mutter hieß Farzana. Er nannte seine Großmutter Sasa. Er kann lesen und schreiben. Und gut mit der Schleuder umgehen. Für diesen Jungen gibt es Hoffnung, Aga, einen Ausweg. Bitte öffnen Sie die Tür.«
    Auf der anderen Seite regte sich nichts.
    »Ich bin sein Halbonkel«, sagte ich.
    Es blieb noch eine Weile still. Dann klapperte ein Schlüssel im Schloss. Die Tür ging auf, und im Spalt zeigte sich das schmale Gesicht des Mannes. Sein Blick wanderte zwischen Farid und mir hin und her. »In einer Hinsicht irren Sie.«
    »Nämlich?«
    »Er kann fantastisch gut mit der Schleuder umgehen.« Ich lächelte.
    »Er hat dieses Ding immer bei sich, trägt es im Hosenbund, wohin er auch geht.«
    Er ließ uns schließlich eintreten und stellte sich mit dem Namen Zaman vor, als Leiter des Waisenhauses. »Gehen wir in mein Büro«, sagte er.
    Wir folgten ihm durch düstere, schäbige Gänge, in denen ärmlich gekleidete Kinder auf nackten Füßen herumsprangen. Wir kamen an Räumen vorbei, wo in Ermangelung eines festen Bodens Filzteppiche ausgelegt und die Fenster statt mit Glasscheiben mit Plastikfolien verschlossen waren. Diese Räume standen voller Betten aus Metallgestellen, die meisten ohne Matratze.
    »Wie viele Waisen wohnen hier?«, fragte Farid.
    »Mehr, als dass wir für alle Platz hätten. Ungefähr zweihundertfünfzig«, antwortete Zaman über die Schulter hinweg. »Aber sie sind nicht etwa alle yateem. Viele haben nur ihre Väter im Krieg verloren. Die Mütter können aber nicht mehr für sie aufkommen, weil die Taliban verbieten, dass sie arbeiten. Also bringen sie ihre Kinder zu uns.« Er deutete mit ausgestreckter Hand ringsum und fügte betreten hinzu: »Hier ist es immerhin besser als auf der Straße, zumindest ein bisschen besser. Allerdings ist das Haus nicht gebaut worden, um darin zu wohnen; es war das Lager einer Teppichfabrik. Einen Warmwasserbereiter oder so etwas gibt es hier nicht, außerdem ist der Brunnen ausgetrocknet.« Er senkte die Stimme. »Damit ein neuer Brunnen gegraben werden kann, habe ich die Taliban um Geld gebeten, immer wieder, aber sie haben nur ihre Gebetsketten durch die Finger gleiten lassen und gemeint, dass es kein Geld gebe. Kein Geld.« Er kicherte. »Sie haben jede Menge Heroin, aber für einen Brunnen soll angeblich das Geld fehlen.«
    Er zeigte auf eine an der Wand entlang aufgestellte Reihe von Betten. »Wir haben weder genug Betten noch ausreichend Matratzen. Schlimmer noch, es fehlt sogar an Decken.« Er machte uns auf ein kleines Mädchen aufmerksam, das mit zwei anderen Kindern Seilhüpfen spielte. »Sehen Sie dieses Mädchen? In diesem Winter mussten sich unsere Kinder die wenigen Decken teilen. Ihr Bruder ist gestorben, erfroren.« Er ging weiter. »Als ich das letzte Mal nach den Vorräten gesehen habe, gab es nur noch für knapp einen Monat Reis. Wenn der aufgebraucht ist, werden die Kinder ausschließlich Brot und Tee zu essen bekommen, morgens wie abends.« Mir fiel auf, dass an ein Mittagessen gar nicht zu denken war.
    Er blieb stehen, wandte sich mir zu. »Das Haus bietet nur wenig Schutz; wir haben kaum Lebensmittel, viel zu wenig Kleider und kein sauberes

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