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Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Titel: Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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allerdings konnte er hinter sich greifen und
ihren Kopf festhalten. Sie waren fast miteinander verknotet,
grunzten und stöhnten, während sie sein Bein verbog und er an
ihrem Hals zog.
»Gib auf!« forderte Kit, die sein Bein so dicht an seinen
Rücken drückte, daß die Menge vor Mitleid mit dem Jungen
aufstöhnte.
»Niemals!« brüllte Caramon.
Die Zuschauer bestärkten ihn noch in seinem trotzigen
Hochmut. Kit bog Caramons Bein weiter zurück, bis sie schon
bald die Knochen knacken hörte. Im Gegenzug hielt er ihren
Kopf noch fester. Während sein Gesicht gegen den Boden
gedrückt wurde, wurde ihres so weit zurückgebogen, bis sie
den Himmel sah.
»Los, gib auf!«
»Gib du doch auf!«
»Ich habe gewonnen!«
»Ich hab’ zuerst gewonnen!«
»Soll Raist doch entscheiden!«
Pause. »Na gut.«
»Raist? Raist?«
Kitiara schaffte es, ihren Hals so weit herumzudrehen, bis sie
sehen konnte, daß Raistlin verschwunden war. Caramons
Zwillingsbruder hatte dieses unterhaltsame Schauspiel in
seinem kurzen Leben schon ein paarmal zu oft mitangesehen
und langweilte sich schnell dabei. Und so war Raist einfach
weitergelaufen.
Kitiara sprang auf. »Raistlin!«
Auch Caramon sprang auf und rieb sich das Gesicht. Seine
Tunika war stellenweise zerrissen. An Kitiaras Ohr lief ein
dünner Blutstreifen herunter. »Oh, Mann«, maulte Caramon,
»wo kann er denn bloß hin sein?« Kitiara fuhr wütend zu ihm
herum. »Wie oft muß ich es dir noch sagen? Du bist sein
Bruder! Du bist genauso für ihn verantwortlich wie ich!«
Caramons Miene war nicht nur zerschlagen, sondern auch
zerknirscht. »Mann, wieso soll ich mich eigentlich immer um
ihn kümmern? Du bist doch die große Schwester, oder?
Außerdem habe ich – «
Kitiara spie die Worte regelrecht aus. »Du bist sein
Zwillingsbruder, sein Zwilling. Ihr seid zwei Hälften vom
gleichen Ganzen. Und er ist nicht so stark wie du. Das weißt
du. Ich werde nicht den Rest meines Lebens für euch zwei den
Babysitter spielen. Also such ihn, und zwar schnell!«
Sie wollte Caramon einen Tritt versetzten, der ging jedoch
knapp daneben. Der kleine Bruder hatte sich ihre Worte zu
Herzen genommen und fegte bereits los, um seinen
verschwundenen Zwilling zu suchen.
Erschöpft sank Kitiara zu Boden. Da sie erkannt hatten, daß
der Spaß vorbei war, waren die meisten Zuschauer
verschwunden. Anscheinend beachtete sie keiner mehr. Kit
betastete ihr Ohr und griff dann nach vorn, um ihren einen
Stiefel wieder richtig anzuziehen, den sie irgendwie fast
verloren hatte.
»Du hättest dich von ihm besiegen lassen sollen!«
Sie sah hoch, und vor ihr stand ein Mädchen in ihrem Alter
mit blauen Augen und rotblonden Haaren, die ihr lockig über
die Schultern fielen. Aurelie Damark, die kokette Tochter eines
Möbeltischlers aus Solace, war eine der wenigen Freundinnen
von Kit. Sie waren eigentlich völlig gegensätzlich, aber Kitiara
mußte zugeben, daß Aurelie sie zum Lachen brachte.
»Von Caramon?« schimpfte Kit, während sie ihre Freundin
mit einem Lächeln begrüßte.
»Nein, von Flecki!« antwortete Aurelie ernsthaft. »Was
glaubst du, warum er immer auf dir herumhackt?«
»Wahrscheinlich aus lauter Bosheit und Dummheit«, erklärte
Kit prompt.
Aurelie setzte sich neben Kit und streckte ihre schlaksigen
Beine aus. »Ganz und gar nicht«, rügte sie Kit. »Auch wenn
ich über seine Dummheit keinen Streit anfangen würde.« Sie
kicherte. »Er mag dich!«
Kitiara blickte ihrer Freundin fest in die Augen, weil sie
glaubte, daß Aurelie sie aufziehen wollte.
»Flecki?«
»So häßlich ist er doch gar nicht«, sagte Aurelie
nachdrücklich, während sie ihr rosaweißes Kleid zurechtzupfte,
damit es sich wie eine Korallenmuschel über dem dreckigen
Boden ausbreitete. Mit ihren rosigen Wangen und den langen
Wimpern war Aurelie der Inbegriff von Weiblichkeit. »Jungen
mögen es, wenn Mädchen sich hart zeigen, sagt Vater.
Allerdings«, sie hielt inne und dachte einen Augenblick nach,
»Mutter sagt, sie ziehen ein weichherziges Mädchen vor.
Außen hart, innen weich. Was sagt dein Vater?«
Kitiara seufzte. Sie konnte Aurelies Geplapper nie
nachvollziehen. »Hat gesagt… hat gesagt. Ich habe meinen
Vater fast sechs Jahre nicht mehr gesehen, Aurelie. Das weißt
du doch.«
»Natürlich weiß ich das«, sagte Aurelie verteidigend. »Ich
meine Gilon, deinen Stiefvater, wenn du es so genau nehmen
willst. Was sagt der denn?«
»Der redet nicht viel, ein Glück«, meinte Kitiara. Sie schaute
ihre Freundin zornig an.

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