Drachenlanze - Ungleiche Freunde
vorschlug.
Tanis und Flint hatten sich fast jeden Tag gesehen, seitdem
die Stimme den Zwerg vor einer Woche spätabends noch zu
einem Besuch des Halbelfen hatte holen lassen. Sie hatten sehr
wenig über wichtige Dinge geredet, nur über das Wetter und
Solace und Schmieden und Schnitzen, aber Tanis, der etwas
verhauen aussah, schien Trost aus dem Treffen zu schöpfen.
Inzwischen waren die Spuren des Faustkampfes dem Halbelfen
kaum noch anzusehen, aber die Kluft zwischen ihm und dem
Erben der Stimme würde sich nur sehr langsam schließen.
»Und wie verwandelst du diese Steine in Eisen?« fragte
Tanis jetzt, als der Zwerg die schwere Abdeckplatte von dem
Schmelzofen hinter seinem Laden entfernte.
»Das lernt man nur, indem man es macht«, erklärte ihm
Flint. »Das jedenfalls hat der Vater meines Vaters, der alte
Regar Feuerschmied, immer gesagt. Sagte meine Mutter
jedenfalls immer.«
Der Schmelzofen war rund, so hoch wie der Zwerg und
bestand aus vom Feuer geschwärzten Lehmziegeln. Der Boden
war trichterförmig mit einem kleinen Loch, worunter ein
helmgroßer Schmelztiegel stand. Nach Flints Anweisungen
füllte Tanis den Ofen zur Hälfte mit Schichten aus Eisenerz,
Steinkohle und kreideartigen Felsstücken, die Flint Kalkstein
nannte. Durch eine kleine Tür am Boden des Schmelzofens
zündete Flint die Kohle an. Dann half Tanis ihm, den Deckel
wieder aufzusetzen.
»Was jetzt?« fragte Tanis.
»Wir warten«, meinte Flint, der sich die rußigen Hände
abstaubte. »Wenn die Kohle schließlich richtig heiß ist,
schmilzt das Eisen aus dem Stein, läßt die Schlacken zurück
und tropft in den Schmelztiegel. Aber das dauert gut einen Tag,
also können wir uns jetzt getrost anderen Dingen widmen.«
Flint zeigte Tanis, wie das Eisen aussehen würde, wenn es in
der Schale aufgefangen war: ein schwerer, schwarzer Klumpen,
den er »Schweineeisen« nannte, auch wenn Tanis fand, daß er
überhaupt keine Ähnlichkeit mit einem Schwein hätte.
»Und da draus machst du Schwerter und Messer?« fragte
Tanis, woraufhin Flint schallend lachte.
»Du brauchst doch ein paar Lektionen, was das
Schmiedehandwerk angeht, Bursche«, war sein Kommentar.
»Ich?« fragte Tanis. Er hatte dem Zwerg bei der Arbeit am
Amboß zugesehen und wußte, wieviel Kraft und Willen Flint
aufwandte, um das Metall in die gewünschte Form zu zwingen.
Wie sollte Tanis jemals etwas so Hartes wie Eisen dazu
bringen, das zu tun, was er wollte?
Das Funkeln in Flints Augen verriet Tanis, daß Widerspruch
zwecklos war. Aufmerksam lauschte der Elf dem Zwerg, als
dieser ihm erklärte, daß Schweineeisen zu brüchig war für eine
gute Klinge. Es mußte noch einmal geschmolzen werden. Flint
zeigte Tanis, wie das ging. Er legte das Schweineeisen in einen
Schmelztiegel und plazierte es mitten in den Kohlen der
Feuergrube, die sich neben seinem schweren Eisenamboß
befand. Tanis mußte die Blasebälge treten, bis die Kohlen wie
flüssige Edelsteine leuchteten. Als das Eisen schmolz,
entwichen schwarze Rauchkringel. Beim Abkühlen würde es
Schmiedeeisen sein, erläuterte Flint, und damit nicht halb so
brüchig wie Schweineeisen.
»Aber wenn es zu weich ist, gibt es doch unmöglich ein
gutes Schwert«, wandte Tanis ein.
Flint nickte. Mit einer schweren Zange hielt er den Klumpen
Schmiedeeisen in die Kohlen, bis er glühend heiß war. Dann
legte er ihn auf den Amboß und besprenkelte ihn mit einem
feinen, schwarzen Staub, der fast wie Kohlenstaub aussah, nur
viel mehr glänzte. Flint nannte ihn >Atem von Reorx<.
»Weißt du, vor langer Zeit«, erzählte Flint, »da hat einmal
ein böser Lehnsherr seinem Schmied befohlen, ein
Eisenschwert zu schmieden, das nie stumpf werden würde.
Wenn der Schmied versagte, sollte er zum Tode verurteilt
werden. Die Aufgabe erschien unmöglich, doch der Schmied
war ein Liebling von Reorx, und der Gott blies über das weiche
Eisenschwert des Schmieds, wodurch es stark und hart wurde,
so daß seine Schneide lange heil und unversehrt bleiben
würde.«
Flint begann, den glühenden Metallklumpen mit dem
Hämmer flachzuschlagen. Wieder erhitzte er ihn in den
Kohlen, streute mehr von dem schwarzen Staub darüber und
hämmerte dann weiter. Das wiederholte sich einige Male.
»Was wir jetzt haben«, sagte Flint befriedigt, als er den
heißen Metallklumpen mit der Zange hochhielt, »ist ein
Metallstück, das hart und stark ist, aber nicht so brüchig, daß es
leicht kaputtgeht. Das ist Stahl, Tanis.«
Tanis betrachtete das glühende Metall mit neuen
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