Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow
Material wie bei einem Trainingsanzug. Seine Gesichtszüge waren konzentriert, hart, aber nicht blutrünstig oder grausam.
Es war einfach ein Mensch, der seine Arbeit tat. Eine schwere, aber geliebte Arbeit.
»Wie könnt ihr es wagen, euch gegen mich zu erheben?«
Viktor hatte keine Ahnung, woher er seine Stimme und die Worte nahm, die einem Herrscher sehr wohl angemessen waren, nicht aber einem zufälligen Gast von der Anderen Seite.
Der Gesichtsausdruck des Kämpfers wurde noch konzentrierter. Er wirbelte durch den Saal, floss dahin in einem Todestanz, umkreiste Viktor. Der hielt das Schwert vor sich und ließ kein Auge von seinem Gegner, als er wieder fragte: »Wie könnt ihr es wagen, meinen Diener zu töten?«
Mit einem Ruck streckte sich der Kämpfer nach vorne und versuchte Viktor mit seinem Schwert zu treffen. Und da passierte es: Das geschenkte Schwert erwachte zum Leben, Viktors Hände bewegten sich wie von selbst, wehrten den Schlag ab, seine Beine sprangen zur Seite, und der Kämpfer des Wassers flog an ihm vorbei, entging nur um Haaresbreite dem Morgenstern des Grenzers und nahm seinen Tanz wieder auf.
Aber in seinen Augen zeigte sich Verwirrung. Nicht Angst – vermutlich war er bereit zu sterben. Vielmehr Verwunderung, dass der Gegner ihm entkommen war.
»Mein Zorn kommt über dich …«, flüsterte etwas aus Viktor heraus. Sein Schwert durchbohrte die Luft, hieb dem Feind die Klinge aus der Hand und fuhr dann dessen Kehle entlang.
Stille trat ein. Der Wasserkämpfer riss die Augen auf, als wollte er den dünnen, noch nicht blutigen Schnitt auf seinem Hals sehen.
Draußen brüllte die Dampflok. Sie war schon ganz nah, schon unmittelbar vor dem Bahnhof. Der Kämpfer bebte, und sein Kopf kippte nach hinten, so dass sein aufgeschlitzter Hals sichtbar wurde. Das Blut spritzte in einer dichten Fontäne heraus. Ein Mensch hätte niemals so stehen können – mit gebrochenem Nacken und offener Hauptschlagader. Aber er stand, bis der Grenzer ihn mit einem empörten Schrei in den Rücken stieß.
»Danke, Herrscher … du hast für das Leben deines Sklaven bezahlt …« Der Grenzer ließ seinen Fuß in dem schweren Stiefel auf den Rücken des Toten sinken. Die Knochen knackten.
Viktor blickte zu der geöffneten Tür. Wenn dort jetzt auch nur ein einziger Gegner auftauchen und ihnen in den
Rücken fallen würde. Aber hinter der Tür türmte sich immer noch der Nebel.
»Wo sind die anderen, Grenzer?«
Der Räuber ging zur Tür, offenbar um nachzusehen.
»Halt, warte! Es ist an der Zeit, zu verschwinden!«
Sie liefen zu der Tür, die zu den Gleisen führte. Dahinter hielten noch immer die zwei Söhne des Räubers Wache. Disziplinierte Jungs …
Der Jüngste kam hinter ihnen her, für einen Moment hatte er neben dem Leichnam seines Bruders haltgemacht. Viktor schien es, dass Tränen in den Augen des Jungen glänzten.
Ganz sicher. Es gab keine Hoffnung: Niemand würde es überleben, wenn sein Körper von zwei Schwertern geradewegs durchdrungen würde.
Wieder erklang das Kreischen der Dampflok, sie musste jeden Augenblick einfahren. Vermutlich betätigte der Lokomotivführer wie wild die Dampfsirene, weil er besorgt war über die Nebelhaube über dem Bahnhof.
Als hätten sie auf das Signal gewartet!
Das Gefühl der Gefahr und einer fremden Kraft wurde auf einmal stark bis zur Schmerzhaftigkeit. Viktor drehte sich so rechtzeitig um, dass er sah, wie die Tür in Stücke zerbarst und ein Teil der Wand einstürzte. In den Saal drang etwas ein, ergoss sich in den Raum …
Wie eine riesenhaft angeschwollene Amöbe; als ob sich hinter der Tür nicht ein leerer Platz befände, sondern ein gewaltiges, soeben geplatztes Aquarium, aus dem, endlich befreit vom Druck der bis zum Äußersten gespannten elastischen Wände, eine gewaltige Flutwelle herausgedrückt wurde und sich in den Saal wälzte. Und die Welle erhob sich, entgegen allen Regeln der Natur, und nahm eine
Gestalt an – die Gestalt eines riesigen, etwa drei Meter großen Menschen, der aus tosenden Wasserfontänen bestand.
Der Grenzer packte den erstarrten Viktor, schubste ihn in den Rücken und schrie ohne jede Ehrfurcht: »Lauf, Herrscher! Lauf! Kress, zu mir!«
Der älteste Sohn des Räubers stürzte an die Seite seines Vaters, reglos standen die beiden da, zwei kleine Figuren gegen ein Wassermonster.
Ein gurgelndes Lachen erklang, die riesigen Hände streckten sich nach ihnen aus. Der Grenzer schleuderte seinen Morgenstern mit Geheul gegen
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