Drachenritter 03 - Der Drache an der Grenze
ausgezogen, und ungeachtet des dumpfen Dröhnens, das er auf den Holzdielen machte, schien auch er - trotz seiner Größe und seines Gewichts - zu schweben. Herracs Söhne bildeten einen Halbkreis um ihn herum und zuckten hin und wieder mit den Füßen, als wollten auch sie am liebsten vortreten und tanzen.
Herrac setzte sich auf seinen gewohnten Platz in der Mitte der Tafel, so daß er MacDougall näher war als Liseth, und beobachtete kopfschüttelnd das Treiben.
Nach einer Weile hielt Lachlan inne und näherte sich einem der Söhne, der augenblicklich zu tanzen begann, während Christopher weiterspielte. Jim fand, der Junge mache seine Sache gar nicht schlecht; seine Brüder allerdings lachten schallend. Er bekam einen roten Kopf, ohne indes aufzuhören, und stieß bisweilen einen der Kriegsschreie aus, die Jim und Herrac bereits auf dem Herweg vernommen und die offenbar von Lachlan gestammt hatten.
Als Jim zwischen Herrac und Dafydd Platz nahm, sah er wieder zu Liseth und MacDougall. MacDougall rutschte unauffällig zu Liseth hinüber und sprach sie mit leiser Stimme an. Bloß weil Jim so nahe saß, konnte er verstehen, was er ihr sagte.
»Wenn ich Euren Bruder dazu bewegen könnte, eine etwas gemessenere und höfischere Weise zu spielen«, flüsterte MacDougall ihr ins Ohr, »würdet Ihr Euch dann herablassen, ein paar Schritte mit mir zu tanzen?«
Liseth wandte nicht einmal den Kopf.
»Mylord«, antwortete sie in von Herablassung triefendem Ton, »ich habe Euch bereits deutlich gemacht, daß ich weder mit Euch zu sprechen gedenke noch sonst in irgendeiner Form über meine Pflichten als Burgkastellanin hinaus mit Euch zu tun haben möchte.«
MacDougall seufzte schwer und rutschte auf der Bank wieder zurück - allerdings nicht ganz bis zu dem Platz, den er zuvor innegehabt hatte.
Da der schottische Abgesandte keine Verhaltensweisen an den Tag legte, die Jim sich hätte einprägen können, beschloß er, sich einer weiteren Pflicht zu entledigen. Er beugte sich zu Dafydd hinüber und flüsterte dem Bogenschützen so leise ins Ohr, daß niemand am Tisch ihn verstehen konnte.
»Dafydd«, sagte er, »würdet Ihr für einen Augenblick mit mir beiseite treten? Ich möchte mit Euch reden.«
Dafydd nickte schweigend und stand auf. Er begleitete Jim durch die Küche auf den leeren Gang, der zu dem Zimmer führte, in dem Herrac und Jim sich unterhalten hatten.
Als sie außer Hörweite der anderen waren, blieb Jim stehen und wandte sich zu Dafydd um.
»Wie ist es zu der Tanzerei gekommen?« fragte er neugierig, bevor er das Thema anschnitt, das er mit Dafydd eigentlich bereden wollte.
»MacDougall«, antwortete Dafydd, ohne daß sein kühler Ton verraten hätte, ob er dies nun billigte oder nicht, »hat sich erkundigt, ob es in der Burg vielleicht eine Laute oder ein anderes Instrument gäbe. Er erbot sich, ein paar Lieder vorzutragen. Und Christopher, der jüngste...«
»Ich weiß«, sagte Jim.
»Christopher hat eine solche Laute«, fuhr Dafydd fort. »Nicht nur das, er kann sogar darauf spielen. Er holte sie, stimmte sie und Mylord MacDougall trug uns mehrere Lieder vor, wobei er so stark näselte, daß wir kaum etwas verstanden haben. Ich glaube, es waren Liebeslieder überwiegend traurigen Inhalts, was mich bei ihm auch nicht weiter verwundert.«
»Ich verstehe«, sagte Jim.
»Nachdem er einige Lieder gesungen hatte, forderte er uns auf, nun unsererseits zu spielen und zu singen, doch Christopher war der einzige, der spielen konnte, aber er wollte nicht singen. Worauf Lachlan aufsprang und meinte, er könne zwar nicht singen, wolle aber tanzen, wenn Christopher ihn auf der Laute begleite. Kurz darauf seid Ihr dazugekommen.«
»Ich verstehe«, wiederholte Jim. »Nun, damit wäre das geklärt. Ich wollte bloß wissen, was vor sich geht. Allerdings habe ich Euch nicht deshalb gebeten, mit mir zu kommen, Dafydd. Ich wollte mit Euch über ein ernstes Thema reden.«
»Ach, wirklich?« meinte Dafydd.
»Ja«, antwortete Jim. »Ihr wißt, daß ich beabsichtige, die Hohlmenschen an einem bestimmten Ort zu versammeln und sie dann mit den Grenzbewohnern und den Kleinen Leuten anzugreifen. Des weiteren beabsichtige ich, mich als MacDougall auszugeben.«
Dafydd nickte.
»Dabei müssen wir nach einem äußerst engen Zeitplan verfahren«, fuhr Jim fort. »Ich kann es mir nicht leisten, unnötig aufgehalten zu werden. Was ich für morgen geplant habe, muß ohne jede Verzögerung ablaufen, damit mir noch ausreichend
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