Drachenritter 03 - Der Drache an der Grenze
Zeit für die anderen Dinge bleibt.«
»Wenn es morgen nicht klappt«, sagte Dafydd, »dann kann es doch sicherlich auch bis übermorgen warten. Verzeiht mir, James, aber das ist mir schon häufiger an Euch aufgefallen. Ihr macht Euch zuviel Sorgen um die Zeit, vor allem um deren Mangel. Wißt Ehr, es ist besser, sich nicht allzu viele Gedanken darüber zu machen. Wenn das, was wir uns für den morgigen Tag erwarten, nicht eintrifft, dann ergibt sich eben etwas anderes. Wir haben nur dieses eine Leben, und das nimmt seinen eigenen Gang.«
Jim fühlte sich auf einmal hilflos. Wieder einmal wurde er mit der unterschiedlichen Denkweise des vierzehnten Jahrhunderts konfrontiert. Den Menschen des Mittelalters konnten so viele Dinge passieren, die sich ihrem Einfluß entzogen, daß sie es als glückliche Fügung betrachteten, wenn sich ihre Pläne zum angestrebten Zeitpunkt erfüllten. Infolge dieser Ungewißheit verzichteten sie von vorneherein darauf, allzu konkrete Pläne zu schmieden. Statt dessen verfuhren sie nach dem Wahlspruch >Kommt Zeit, kommt Rat<.
»Wahrscheinlich habt Ihr recht, Dafydd«, sagte er, »aber es liegt mir sehr daran, die Hohlmenschen zu vernichten, und ich möchte, daß die Kleinen Leute und die Grenzbewohner dieses eine Mal Seite an Seite kämpfen und einander kennenlernen, was ihnen auch künftig zugute kommen würde. Meint Ihr nicht auch?«
»Das könnte schon sein, wenn es denn so kommen sollte«, entgegnete Dafydd.
»Genau darum geht es«, sagte Jim. »Wenn es denn so kommen sollte; aber wir dürfen bei den Vorbereitungen keine Zeit verlieren. Morgen sollte Snorrl, der Wolf, eintreffen, um uns abermals zu den Kleinen Leuten zu geleiten. Liseth will mich am Morgen zu ihm führen. Herrac werde ich ebenfalls mitnehmen, damit er im Namen der Grenzbewohner zu den Kleinen Leuten sprechen kann, das heißt, vorausgesetzt, Snorrl will uns alle mitnehmen. Ich glaube allerdings, daß er das tun wird. Liseth hat mir erzählt, er habe ihr noch nie einen Wunsch abgeschlagen. Euch möchte ich ebenfalls mitnehmen.«
»Ich begleite Euch mit Freuden überallhin«, sagte Dafydd. »Aber weshalb wollt Ihr mich mitnehmen?«
»Weil Ihr bei unserer Begegnung mit den Kleinen Leuten« - Jim war sich unsicher, wie er sich ausdrücken sollte - »anscheinend einen besonderen Eindruck auf sie gemacht habt. Ich habe mir gedacht, wenn Ihr dabei seid, werden sie vielleicht eher denken, daß es sich um eine aussichtsreiche Sache handelt. Wenn Ihr aus irgendeinem Grund nicht mitkommen wollt, hätte ich allerdings Verständnis dafür.«
»Aber selbstverständlich komme ich mit, Mann!« entgegnete Dafydd mit einem Anflug von Schärfe. »Wie könnt Ihr nur etwas anderes von mir erwarten? Ich habe nicht nur gesagt, das Ziel sei lohnend, sondern wir sind doch auch seit der Zeit am Verhaßten Turm und schon von früher her Waffenbrüder und werden es unser Leben lang bleiben. Oder etwa nicht?«
»Oh. Aber gewiß doch!« sagte Jim. »Ich wollte unsere Freundschaft bloß nicht ausnutzen...«
»Zwischen uns, James«, meinte Dafydd sanft, »kann doch von Ausnutzen überhaupt keine Rede sein. Wenn Ihr mich nochmals um etwas bittet, so wünschte ich, Ihr würdet dieses Wort nicht mehr benutzen.«
»Einverstanden. Und mit Freuden!« sagte Jim, der das Gefühl hatte, voll ins Fettnäpfchen getreten zu sein, ohne allerdings genau zu wissen, was er falsch gemacht hatte. »Aber ich mußte Euch doch fragen - verdammt noch mal, Dafydd, ich versuche doch bloß, es jedem recht zu machen. Und alles ist so verworren. Vor allem darf Brian nichts von alledem erfahren, sonst wird er darauf drängen, uns begleiten zu dürfen.«
»Er wird uns auf jeden Fall begleiten«, meinte Dafydd. »Oder er kommt uns nach - wenn er von unserem Aufbruch erfährt. Jedoch sollte man ihm sagen, daß er nicht vor uns aufbricht, wenn es das ist, was Ihr meint.«
»Ich werde vor unserem Aufbruch mit ihm sprechen«, sagte Jim. »Ich werde ihm erklären, wir würden ihn zur Schlacht mitnehmen, wenn er bis dahin wieder reiten kann. Ich habe noch nie erlebt, daß eine Wunde so schnell heilte wie seine. Bis dahin ist er womöglich soweit wiederhergestellt, daß es lächerlich wäre, ihn hierzulassen.«
»Ich glaube, so könnte es gehen«, sagte Dafydd. »Nun denn. Soll ich Euch morgen aufsuchen, oder holt Ihr mich ab?«
»Ihr kommt morgens leichter aus dem Bett«, sagte Jim. »Zumal es Euch leichterfällt, zu einem bestimmten Zeitpunkt aufzuwachen. Würdet Ihr
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