Drachenritter 03 - Der Drache an der Grenze
leiden, diesmal seitens der Normannen, so daß wir uns in dieses Gebiet, dieses Herzland zurückzogen, das wir bis zum letzten Mann verteidigen werden. Doch merkt Euch gut, was ich eben gesagt habe - wir sind Menschen! Menschen! Genau wie die Grenzbewohner. Und das müssen sie begreifen!«
»Ich glaube, das werden sie auch«, meinte Dafydd leise, »doch das braucht Zeit, denn es liegt im Wesen der Menschen - auch im Wesen Eures Volkes -, daß große Veränderungen ihre Zeit brauchen.
Aus diesem Grund«, fuhr er fort, »möchte ich Euch bitten, Sir James und mir zuliebe höchstens zu dritt oder zu viert an der Beratung teilzunehmen. Vergeßt nicht, daß ich für Euch sprechen werde und daß sie glauben, ich hätte einen weitaus höheren Rang inne als sie. Deshalb braucht Ihr nicht zu befürchten, unzureichend vertreten zu sein.«
»Darüber müssen wir erst beraten!« sagte Ardac. Er wandte sich zu den fünf Weißbärtigen um und nahm sie ein Stück beiseite, bis sie außer Hörweite waren. Jim und Dafydd blieben im Sonnenschein stehen. Es war ein warmer Tag, und endlich einmal brauchte Jim nicht zu frieren.
Schließlich kehrte Ardac, gefolgt von den fünf Weißbärtigen, zurück.
»Wir verlassen uns auf Euer Ehrenwort als Prinz...« -abermals gebrauchte er den Namen, den nur die Kleinen Leute und Dafydd auszusprechen vermochten -, »daß wir würdig repräsentiert sein werden, wenn ich lediglich drei bis vier Begleiter mitbringe. Aber ich warne Euch, verächtliche Bemerkungen und Anspielungen darauf, daß wir weniger wert seien als sie, werde ich nicht hinnehmen. Versprecht mir noch, daß Ihr die Grenzer darauf hinweisen werdet, bevor wir zusammentreffen.«
»Ich verspreche es«, sagte Dafydd, »bei meiner Ehre als Prinz...« Abermals die flüssigen Silben. Er wandte sich an Jim. »Sir James?«
»Ihr habt mein Wort«, sagte Jim. »Bei meiner Ehre -die Grenzer werden Euch entweder respektieren, oder ich erkläre die Versammlung für geschlossen.«
»Aber werden sie auch auf Euch hören?« fragte Ardac.
»Das werden sie«, antwortete Jim. Auf einmal wallte Ärger in ihm auf. »Ich bin ein Magier. Ich kann jede Versammlung schließen - ob es ihnen nun paßt oder nicht!«
Es entstand eine Pause.
»Dann liegt unser Schicksal in Euren Händen«, sagte Ardac. »Ich werde an dem verabredeten Abend dasein und mindestens drei weitere Anführer mitbringen. Der Schlachtplan, so wie Ihr ihn uns geschildert habt, findet unsere Zustimmung. Sollte er verändert werden, würden wir uns vielleicht doch nicht an der Unternehmung beteiligen - es sei denn, die vorgeschlagene Veränderung käme uns gelegen. So möge es denn sein, bei Eurer Ehre, Sir James, und bei der Ehre des Prinzen...«
Ein letztes Mal gebrauchte er Dafydds alten Titel.
Auf dem Rückweg zur Burg ritt Jim eine Zeitlang schweigend dahin. Er sah große Schwierigkeiten mit den Grenzern voraus. Schließlich brach Dafydd das Schweigen.
»Werdet Ihr Euch bemühen, sie zu verstehen, James?« fragte Dafydd, Seite an Seite neben ihm herreitend.
Jim war gerührt. Es kam nur selten vor, daß der Bogenschütze auf die Anrede >Mylord< verzichtete. Er brauchte nicht erst zu fragen, wen Dafydd mit >sie< gemeint hatte.
»Das werde ich, Dafydd, das könnt Ihr mir glauben«, sagte er. »Ich verstehe den Standpunkt der Kleinen Leute, zumindest soweit das einem Außenstehenden möglich ist. Ich kann bloß nicht so tun, als verstünde ich sie von Grund auf, denn schließlich fehlen mir die Erfahrungen, die sie über viele Generationen hinweg gesammelt haben.«
Er hoffte, Dafydd werde ihm glauben.
»Auf jeden Fall haben sie das Recht, angemessen vertreten zu sein. Das haben sie sich im Laufe der Jahrhunderte mehr als verdient. Bedauerlicherweise geht es nicht nur darum, was angemessen ist, sondern darum, was möglich ist und was nicht. Ich kann es Euch nicht genau erklären, Dafydd, aber ich bin zuversichtlich, daß die Kleinen Leute und die Grenzer am Ende Hand in Hand zusammenarbeiten, Freunde werden und eines Tages vielleicht sogar zu einem einzigen Volk verschmelzen werden - zu einem Volk von Grenzbewohnern, die vielleicht etwas kleiner sind als die heutigen.«
»Da mögt Ihr wohl recht haben, James - ich weiß es nicht«, entgegnete Dafydd. »Ich habe selbst keine Verbindung mehr zu dem versunkenen Königreich, von dem sie gesprochen haben. Diejenigen von uns, die das Leben an Land wählten, haben den Kontakt mit unserem Volk längst verloren. Allerdings fühlen wir
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