Drachenritter 03 - Der Drache an der Grenze
uns ihm noch immer verbunden, und so ergeht es mir auch mit dem Kleinen Volk. Aber sollten sie am Ende überleben -sollte ihr Blut in den Adern des Volkes überleben, das nach uns kommt, dann müssen sie als vollwertige Menschen anerkannt und von ihren Nachbarn ununterscheidbar werden.«
Jim und Dafydd ritten schweigend weiter. Schön und gut, dachte Jim, daß er und Dafydd über die Zukunft des Kleinen Volkes philosophierten. Aber sie mußten sich der Tatsache stellen, daß die Grenzer sich nicht leicht an die Vorstellung gewöhnen würden, den Kleinen Leuten gleiches Mitspracherecht einzuräumen.
Irgendwie mußte man die Grenzer dahin bringen. Jim wünschte, er hätte tatsächlich über unbegrenzte magische Energie verfügt, wie er es damals in Frankreich geglaubt hatte, als er jedesmal gezaubert hatte, wenn ihm danach war.
Jetzt mußte er sich ganz auf den Wissensvorsprung verlassen, den er im zwanzigsten Jahrhundert erworben hatte - und auf seinen Verstand. Eine kleiner Zuwachs auf dem Verstandskonto wäre ihm ebenfalls ganz zupaß gekommen, überlegte er bitter. Denn im Moment hatte er noch keine Vorstellung, wie er die Grenzer umstimmen sollte. Aber er mußte es versuchen.
Als sie am nächsten Abend bei einer nahegelegenen, um einen Wehrturm erbauten Burg eintrafen, in der die Versammlung der Grenzer stattfinden sollte, stellte sich heraus, daß seine Befürchtungen nur allzu begründet gewesen waren. Diesmal waren vierundzwanzig von ihnen anwesend. Offenbar hatte sich das Vorhaben mittlerweile herumgesprochen.
So viele waren es, daß nur zwölf von ihnen auf den Hockern um den schweren, rechteckigen Eichentisch Platz nehmen konnten. Die übrigen mußten seitlich davon und im hinteren Teil des Saales Aufstellung nehmen. Herrac, Jim und Dafydd bot man Sitzplätze an -wobei man Dafydd allerdings nur widerwillig und in Anbetracht seines hohen Ranges als Prinz eines fernen Landes zum Platznehmen aufforderte. Dafydd merkte dies, meinte, er wolle lieber stehen, und bot seinen Platz Sir John dem Graemen an, der das Angebot höflich, aber kühl annahm.
Dafydd stellte sich hinter Jim und Herrac. Den Bogen hatte er noch immer geschultert, der Köcher hing ihm an der Seite. Er hatte sie deshalb nicht abgelegt, weil die anderen ihre Schwerter ebenfalls nicht abgelegt hatten, obwohl der Anstand dies eigentlich gebot, wenn man einen Nachbarn besuchte, wenngleich man andere Waffen durchaus behalten durfte. Wie bei der ersten Zusammenkunft herrschte anscheinend Einverständnis darüber, daß dies eher ein Kriegsrat als eine nachbarschaftliche Begegnung sei.
Zunächst wurden Jim und Dafydd den Teilnehmern vorgestellt, die bei der ersten Beratung nicht dabeigewesen waren. Mittlerweile hatte Jim die meisten Namen der ersten Zusammenkunft bereits wieder vergessen, doch die, die er sich gemerkt hatte, darunter William von Berwick, ein rundgesichtiger, fülliger Mann in den Vierzigern mit schütterem grauen Haar, waren fest in seinem Gedächtnis verankert.
Als die Vorstellung abgeschlossen war, ergriff Herrac das Wort - und sogleich wurde es still im Raum. Er berichtete, daß Jim seit ihrer ersten Zusammenkunft sowohl mit den Hohlmenschen wie mit dem Kleinen Volk zusammengekommen sei und Vereinbarungen mit ihnen getroffen habe. Sodann forderte er die Anwesenden auf, Jims Bemühungen, für die er als Magier wie als Ritter die allerbesten Voraussetzungen mitbrächte, zu würdigen. Daraufhin erteilte er Jim das Wort.
Jim erhob sich, damit ihn sämtliche Anwesenden nicht nur hören, sondern auch sehen konnten, und erläuterte ihnen zunächst noch einmal in kurzen Worten den Plan. Anschließend schilderte er seine erste Begegnung mit Eshan, dem Anführer der Hohlmenschen.
Die Anwesenden hörten schweigend zu und taten, als er geendet hatte, halblaut ihre Zustimmung kund.
»Das habt Ihr gut gemacht«, sagte Sir John, dessen Stimme im ganzen Raum mühelos zu vernehmen war. »Von Sir Herrac habe ich erfahren, daß Ihr Euch gleich am nächsten Tag mit den Kleinen Leuten getroffen habt.«
»Das stimmt«, antwortete Jim. Er wollte gerade darauf hinweisen, daß Herrac bei der Zusammenkunft dabeigewesen sei, doch dann wurde ihm klar, daß das >Ihr<, das Sir John gebraucht hatte, sich auf ihn und Herrac bezog. »Wie Ihr, Sir John, und wohl auch einige der anwesenden Ritter bereits wißt, haben mich sowohl Sir Herrac wie auch Prinz Merlon begleitet.«
Er hielt einen Moment inne, doch niemand sagte etwas.
»Wir haben mit Ardac, dem
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