Drachenritter 03 - Der Drache an der Grenze
hochgeklappt; doch das war natürlich keine Hilfe. Darin war nichts als Leere. Allerdings zweifelte Jim nicht daran, daß Eshan sich über kurz oder lang zu erkennen geben würde.
Jim überprüfte die Riemen, mit denen die Truhen mit dem Gold am Packpferd befestigt waren. Snorrl trat neben ihn, Brian und Dafydd folgten ihm.
Jim schindete lediglich Zeit. Dem Sonnenstand nach zu schließen, war es kurz vor Mittag. Er nahm die Gelegenheit wahr, kurz den Waldrand zu mustern. Weder von den Kleinen Leuten noch von den Grenzern war etwas zu sehen.
Allerdings fiel ihm auf, daß ungewöhnlich viele Raubvögel und Raben über der Lichtung kreisten.
»Weshalb sind so viele Vögel am Himmel?« fragte er Snorrl so leise, daß die Hohlmenschen es nicht hören konnten. Snorrl mit seinen empfindlichen Ohren hatte allerdings keine Mühe, ihn zu verstehen.
Snorrl hatte die fünf Hohlmenschen am Ende der Leiste boshaft angegrinst. Er antwortete, ohne den Kopf zu wenden: »Die kleinen Leute haben sie mit Pfiffen angelockt. Sie sind Freunde der Vögel und der anderen Tiere. Hat Liseth Euch nicht erzählt, daß sie den Falken mit Pfiffen zu sich lockt, wenn sie ihn auf die Suche nach den Kleinen Leuten schickt?«
»So etwas Ähnliches hat sie gesagt«, entgegnete Jim. »Aber weshalb wollen die Kleinen Leute die Vögel in ihrer Nähe haben?«
»So wie ich sie riechen kann, sehen oder spüren die Vögel die Hohlmenschen selbst dann, wenn sie splitternackt sind - wie sie das anstellen, vermag ich allerdings nicht zu sagen. Sie werden die Kleinen Leute zweifellos warnen, wenn jemand zu entkommen versucht, indem er sich unsichtbar macht. Worauf wartet Ihr noch?«
»Ich schinde Zeit«, gab Jim flüsternd zurück. »Es ist noch nicht Mittag, und ich weiß nicht, ob die Kleinen Leute oder die Grenzer schon Stellung bezogen haben.«
»Ist das alles?« murmelte Snorrl. »Daß die Kleinen Leute da sind, hätte ich Euch auch gleich sagen können; und wenn die Kleinen Leute da sind, dann sind die Grenzer bestimmt auch nicht weit. Am heutigen Tag will keiner fehlen.«
Jim fühlte sich sehr erleichtert.
»Also gut«, sagte er zu Brian und Dafydd, löste das Führungsseil des Packpferds und führte es die Felsleiste entlang.
Snorrl rückte mit ihnen vor. Die fünf gepanzerten Gestalten am Ende der Leiste wichen ein, zwei Schritte zurück, jedoch nicht weiter. Jim führte das Pferd bis ungefähr zur Mitte der Leiste, dann hielt er an.
»Kommt her!« rief er den Fünfen zu. »Wollt Ihr nicht dabei zusehen, wenn ich das Gold austeile? Ich dachte, Ihr wolltet mir genau auf die Finger sehen.«
Die Gepanzerten zögerten und flüsterten miteinander. Dann näherten sie sich bis auf drei Schritt Entfernung und blieben dann stehen.
»Ich bin Eshan«, sagte der vorderste. »Vielleicht erkennt Ihr mich nicht, aber Ihr werdet Euch von unserer ersten Begegnung her noch an mich erinnern. Nun, da Ihr da seid, fangt endlich an! Aber haltet den Wolf zurück!«
Jim lächelte aufmunternd, beinahe liebenswürdig.
»Der wird Euch nichts tun, solange kein Grund dazu besteht«, sagte Jim.
Damit wandte er sich zum Pferd um, öffnete die erste Truhe und nahm eine Handvoll Münzen heraus.
»Da ich Euch lediglich anhand Eurer Rüstungen oder Kleider sehen kann«, sagte er mit erhobener Stimme, um von der Menge gehört zu werden, »kann ich Euch auch nicht voneinander unterscheiden, der Wolf aber sehr wohl. Und wenn einer versuchen sollte, den doppelten Anteil einzustreichen, wird sich der Wolf seiner annehmen.«
Durch die vorderen Reihen der gepanzerten Gestalten lief eine Bewegung, als wollten sie vor ihm zurückweichen; die Hohlmenschen standen jedoch so dicht, daß kein Raum dafür war. Allerdings hatte sich vor Snorrl ein Halbkreis gebildet. Offenbar wollten die Hohlmenschen möglichst großen Abstand zu ihm halten.
»Jeder von Euch«, rief Jim, damit ihn auch die ganz hinten Stehenden hörten, »bekommt zwei dieser gediegenen francs d'or, die der König von Frankreich erst kürzlich hat prägen lassen, um damit die Ausgaben für die bevorstehende Invasion Englands zu bestreiten!«
Er hielt eine der Goldmünzen hoch und wendete sie nach rechts und nach links, damit sie das Sonnenlicht auffing und von allen gesehen wurde.
»Das nennt man einen franc á cheval, denn darauf ist der König zu Pferd abgebildet«, sagte er, und es erhob sich ein gedämpftes Murmeln, während die Hohlmenschen vom Rand zu der Felsleiste drängten.
Er konnte es nicht länger
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