Drachenritter 03 - Der Drache an der Grenze
merken würdet, wenn sich jemand von einem anderen äußerlich nicht unterscheidet. Ihnen allerdings könnte es sehr wohl auffallen. Soweit ich sehe, gibt es nur eine Möglichkeit, dies zu verhindern. Ich muß mindestens einen Tag mit MacDougall verbringen und ihn beobachten.«
»Vielleicht müßt Ihr das«, meinte Lachlan - dann hellte sich seine Miene auf. »Vielleicht aber auch nicht. Mir fällt nämlich gerade ein, daß ich Euch sagen kann, wie der Mann geht und steht und redet. Kenne ich ihn nicht seit vielen Jahren vom Hof und von vielen anderen Gelegenheiten her? Alles, was Ihr wissen müßt, könnt Ihr auch von mir erfahren. Ewen ist dabei überhaupt nicht vonnöten.«
»Es tut mir leid«, sagte Jim, »aber das ist er doch. Es freut mich außerordentlich, daß Ihr mir dies alles sagen könnt. Aber ich muß ihn dennoch eine Zeitlang mit eigenen Augen beobachten. Das bedeutet, daß wir mit ihm im Wald bleiben müssen. Was ich Euch fragen wollte, ist folgendes - kennt Ihr vielleicht einen Unterschlupf in der Nähe, wo wir für einen Tag unterkriechen könnten?«
Lachlan sah lange zu Boden, ohne zu antworten. Dann blickte er auf.
»Ja«, sagte er. »Ich wäre schließlich ein Tor, würde ich nicht zugeben, daß an Euren Worten etwas dran ist. Also gut, wir werden im Wald übernachten, und ich kenne auch einen geeigneten Ort. Es ist noch ein ganzes Stück bis dorthin, und es geht ein bißchen bergauf, aber dort gibt es eine Hochweide mit einer Hütte in der Nähe. Die Hütte wird zumindest den Regen abhalten, und wir können Feuer machen, ohne daß der Wind die ganze Wärme gleich wieder fortweht. Laßt uns gleich aufbrechen.«
Und so geschah es. Sie brauchten über eine Stunde bis ans Ziel. Die Sonne stand mittlerweile dicht über dem Horizont, und die letzte halbe Stunde über war es Jims Ansicht nach mehr als nur ein bißchen bergauf gegangen, denn sie hatten absitzen und die Pferde bisweilen mit Gewalt hinter sich herzerren müssen.
Als sie jedoch schließlich zu der Hochweide gelangten, stellte sich heraus, daß noch kein Vieh darauf weidete. Und tatsächlich stießen sie in einer kleinen Mulde der abschüssigen Weide auf eine Hütte, die an drei Seiten vor dem Wind geschützt war.
Lachlan rieb sich vergnügt die Hände, während sie sich der Hütte näherten. »Jetzt wollen wir mal sehen.«
19
Das Innere der Hütte machte einen ausgesprochen primitiven Eindruck. In dem fensterlosen Raum war lediglich eine einfache Bettstatt und ein Rauchabzug über einer Feuerstelle auf dem nackten Erdboden.
Es war schmutzig und stank, was Jim bereits von größeren Behausungen her gewohnt war, darunter auch von einigen Burgen, die er bislang kennengelernt hatte. Da die Hütte anscheinend seit einigen Monaten unbewohnt war, hatte sich der Gestank aus Körperausdünstungen, Fellgeruch und einem halben Dutzend namenloser Gerüche weitgehend verflüchtigt. Und der Dreck war bloße Erde. Sie konnten sich durchaus glücklich schätzen. Es hätte weitaus schlimmer kommen können.
Sie banden die Pferde an Pflöcken fest, die in die Lehmwände der Hütte eingelassen waren, und schleppten das Sattelzeug hinein. Lachlan legte Ewen MacDougall als erstes Fußfesseln an.
Der Clanchef hatte die ganze Zeit über geschwiegen. Seinen ersten Schrecken darüber, daß er jetzt Jims Gefangener war, hatte er anscheinend überwunden. Dennoch war er nach wie vor auf der Hut und hatte sich offenbar vorgenommen, nichts preiszugeben. Er redete nur, wenn er gefragt wurde.
Sie entfachten ein Feuer, und zum Glück zog der meiste Qualm durchs Dach ab. Mit tränenden Augen nahmen sie so dicht wie möglich am Feuer Platz und bereiteten eine Mahlzeit aus dem Fleisch und dem Brot, das sie mitgebracht hatten. Jim bestand darauf, daß sie mit MacDougall teilten, wenngleich Lachlan meinte, dies sei eine Verschwendung des wertvollen Proviants.
Als sie gegessen hatten, unternahm Jim den Versuch, mit MacDougall ins Gespräch zu kommen.
»Mylord«, sagte er blinzelnd zum ebenfalls blinzelnden Ewen MacDougall, »es wäre für uns beide hilfreich, wenn wir uns ein wenig unterhalten würden. Ich weiß, weshalb Ihr hier unterwegs wart und weshalb Ihr das Gold bei Euch hattet. Ich weiß alles über Eure Pläne. Allerdings wird daraus nichts werden. Euren Plänen ist es bestimmt, zu Asche zu werden, wie ein Haus, das Feuer gefangen hat. Ob Ihr dabei zu Schaden kommt oder nicht, hängt allerdings davon ab, ob Ihr bereit seid, mit mir
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