Drachenritter 04 - Der Drache im Krieg
hören!«
»Rrrnlf«, sagte Jim beschwichtigend, »wenn wir Euch von dem Befehl erlösen, der Euch im Augenblick festhält, werdet Ihr Euch dann wieder hinsetzen? Ihr seht, was dort draußen los ist. Selbst wenn er Eure Dame bei sich hätte, wäre es sehr unwahrscheinlich, daß Ihr Essessili überhaupt erreichen würdet. Nicht einmal Ihr könnt es mit Tausenden von diesen Seeschlangen gleichzeitig aufnehmen. Bleibt bei uns, dann werdet Ihr Eure Dame vielleicht zurückbekommen. Wenn Ihr Euch jetzt auf Essessili stürzt, werdet Ihr in Stücke gerissen und verliert jede Chance, Eure Dame jemals wiederzusehen.«
Er wartete einen Augenblick, bis Rrrnlf die Tragweite seiner Worte begriffen hatte und langsam nickte.
»Na gut... für eine Weile«, sagte der Riese. »Ich werde warten. Aber wenn ich sie nicht bald zurückbekomme, mache ich alles nieder, was mir im Weg steht, bis ich selbst tot bin.«
Jim sah Carolinus an; dieser nickte, drehte die Finger, und Rrrnlfs Körper bewegte sich als Ganzes. Langsam setze er sich wieder, senkte den Kopf und starrte zwischen seinen Knien zu Boden. Es war beinahe so, als hätte er sich überhaupt nie von der Stelle gerührt.
»Hier wären viele Fragen zu beantworten«, sagte Jim, der immer noch versuchte, den Riesen zu trösten. »Aber ich glaube, wir werden am Ende alle Antworten finden, und eine davon wird Euch Eure Dame zurückgeben...«
»Aber nicht jetzt«, unterbrach Dafydds Stimme ihn. »Im Augenblick sieht es so aus, als hätten diese Schlangen da unten sich endgültig auf eine Art und Weise geeinigt, wie sie uns angreifen wollen. Der Graben hat sie zurückgehalten, weil er voller Süßwasser ist. Aber jetzt haben sie sich in Bewegung gesetzt, und einige von ihnen sind im Wald verschwunden. Aber das heißt wohl nicht, daß sie ihren Versuch, an uns heranzukommen, aufgegeben hätten. Seht!«
Jim folgte seinem Blick; Dafydd hatte recht.
»Ich frage mich, was das Süßwasser an sich hat...« Er brach ab und wandte sich zu Angie um. »Angie, du hattest vor unserer Hochzeit ein Salzwasseraquarium in deiner Wohnung. Weißt du, warum Meerestiere kein Süßwasser mögen?«
»Es geht nicht darum, ob sie es mögen oder nicht«, entgegnete Angie. »Es ist eine physiologische Reaktion, die sehr unbehaglich für sie sein kann. Um genau zu sein, bringt es sie möglicherweise um. Ihre Körperzellen sind im Gegensatz zu unseren voller Salz und verfügen nicht über die Fähigkeit, Süßwasser, das in ihre Zellen flutet, abzustoßen, wie unsere Zellen das können. Das Ergebnis ist, daß die Zellen sich mit Süßwasser füllen, bis sie irgendwann bersten. Wenn du ursprünglich im Meer gelebt hast, wäre es ein ziemlich furchtbares Ende für dich, wenn man dich in Süßwasser setzte, und selbst eine kurze Berührung damit, wie zum Beispiel in unserem Graben oder in einem Bach, wäre höchst unangenehm.«
»Hm...« Jim erinnerte sich daran, wie die Schlangen ans Ufer gekommen waren und die Süßwasserbäche gemieden hatten, die entlang der Küste dem Meer entgegenströmten. »Nun, also hat der Graben sie bisher in Schach gehalten. Aber hat irgendeiner hier vielleicht eine Ahnung, weshalb sie in den Wald gegangen sind?«
»Wenn sie Männer und Soldaten wären - wie wir«, sagte Chandos, »wären sie losgezogen, um eine Brücke zu bauen oder wahrscheinlicher noch Faschinen, um den Graben auszufüllen.«
Faschinen waren, wie Jim wußte, zusammengebündelte Stöcke, die man benutzte, um einen Graben zu füllen, der einer angreifenden Armee im Weg stand.
»Wahrhaftig!« rief Brian. »Genau das würden wir tun. Aber das da unten sind nur Seeschlangen, und würden solche Geschöpfe an Faschinen denken? Gewiß nicht.«
»An Brücken würden sie wohl nicht denken«, meinte Jim. »Aber an Faschinen - das könnte ihnen durchaus einfallen. Jedenfalls könnten sie durchaus auf den Gedanken kommen, den Graben mit irgend etwas zu füllen, so daß sie bis ans Tor vorstoßen können. Sie müssen wissen, daß das Tor selbst mit heruntergelassenem Fallgitter und hochgezogener Zugbrücke der schwächste Teil unserer Verteidigung ist.«
»Seht! Da kommt eine«, warf Dafydd ein, »die etwas Großes hinter sich herschleppt. Ich kann aber noch nicht erkennen, worum es sich handelt.«
Jim wünschte sich abermals, über seine Drachensicht verfügen zu können. Er fuhr zu dem Sumpfdrachen herum.
»Secoh«, sagte er. »Was seht Ihr? Was schleppt diese Seeschlange hinter sich her?«
»Wahrhaftig! Es sieht aus,
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