Drachenritter 07 - Der Drache und der Wuzelkönig
auf uns trifft«, sagte er.
Einen Augenblick lang herrschte Stille am Tisch.
»In der Tat, mein Lord Graf«, sagte der braunhaarige, junge Mann, »Eure Worte sind weit besser als alles, was wir sagen könnten. Ihr verdient Euren guten Ruf in solchen Angelegenheiten sehr wohl.«
»Ich hätte nicht so viele Jahre ohne meinen Verstand überleben können«, sagte der Graf trocken. »Denkt jedoch lieber an den ersten von wenigstens zwei Kämpfen in weniger als einer Woche statt an meinen Verstand.«
… Sie befanden sich auf einer offenen Fläche, die nur von ein paar verstreuten, dürren Stechginsterbüschen bestanden wurde. Die gegnerische Linie ließ ihre Pferde im Schritt auf den Grafen und seine Kämpfer zugehen – der Schritt, der in den Trab, dann den Kanter und schließlich in den Galopp übergehen würde, bevor die beiden Einheiten aufeinandertrafen. Der Graf hatte einen Platz in der Mitte, ein wenig vor seiner Reihe von Männern, inne. Er hob den Arm, deutete voraus, und alle setzten sich in Bewegung. Es war nicht schwer, auf der Gegenseite die schmale, aufrechte Gestalt von Sir John Chandos zu erkennen, der einen Plattenpanzer trug. Graf und Ritter ritten aufeinander zu.
Chandos jedoch, der sich ebenfalls in der Mitte seiner Schlachtreihe aufhielt, befand sich ein wenig links vom Grafen, so daß dieser das Pferd in die richtige Richtung lenken mußte, wenn er auf Chandos treffen wollte, sobald die Linien aufeinanderstießen.
Das wurde von den zwei Anführern erwartet, und da sie die Männer waren, die sie nun einmal waren, würden sich beide bemühen aufeinanderzutreffen. Die Reiter auf beiden Seiten des Grafen taten alles, um ihm Platz zu schaffen.
Chandos war damit einverstanden, der Graf war damit einverstanden – nur das Pferd des Grafen nicht.
Er hatte hier oben im Norden genug Zeit gehabt, nach einem seiner eigenen Schlachtrösser zu schicken – einem Hengst, einem wertvollen Tier, das sich nur ein Graf leisten konnte. Das Pferd war ein Kämpfer und wohltrainiert. Aber es war nicht das Pferd, an das der Graf sich am besten gewöhnt hatte und das er vorgezogen hätte.
Mann und Pferd kannten einander. Aber sie hatten eine Zeitlang nicht mehr miteinander gesprochen, und das Pferd, das wie die Männer von der Aussicht auf den Kampf in Erregung versetzt wurde, hatte seine eigenen Vorstellungen, wie es den Feind angreifen wollte. Einfach geradeaus.
»Der Teufel röste deine Innereien!« brüllte der Graf und trieb seine Knie dem Streitroß kräftig in die Rippen, um ihm den Atem zu rauben, riß am Zügel und hieb dem Pferd die Sporen in die Flanke, damit das dumme Tier begriff, in welche Richtung es sich wenden sollte.
Das Pferd erkannte verspätet die vertraute Stimme und die vertrauten Unbehaglichkeiten. Es entschied sich, dem Willen seines Reiters zu gehorchen und rannte im vollen Galopp los.
Aber der Schaden war schon angerichtet. Die Schlachtlinie, von der der Graf ein Teil gewesen war, befand sich bereits vor ihm. Die zwei Reihen eifriger Feinde näherten sich mit einer Geschwindigkeit von ungefähr dreißig Kilometern pro Stunde.
Sie trafen aufeinander, bevor der Graf sie noch eingeholt hatte, und brachen in kleine Gruppen auseinander, als Mann gegen Mann kämpfte. Die Pferde wieherten, die Männer stießen Rufe aus, Metall traf auf Metall. Der Graf ritt dort, die Lanze noch in der Hand, mitten hinein. Er erhaschte nur einen kurzen Blick auf jemanden, der von links auf ihn zuritt, bevor es ein Krachen gab, das alle anderen Geräusche übertönte, und er in die Dunkelheit fiel.
Er wachte, wie ihm schien, sofort wieder auf. Aber offenbar war einige Zeit vergangen. Er lag im Schatten eines einsamen Baumes auf freier Fläche.
Nicht weniger als sechs Bewaffnete umstanden und beobachteten ihn. Man hatte ihm seine Rüstung und Waffen abgenommen. Sein Kopf fühlte sich an, als ob er gleich zerplatzen wollte.
Er hatte keine Zeit, sich damit zu befassen. Er ließ die Augen über die Umgebung hinter seinen Bewachern schweifen. Wenn ein ausreichend kräftiges Pferd nah genug stünde, daß er es mit einem kurzen Lauf erreichen könnte, müßte er nur noch an denen, die ihn beobachteten, vorbeigelangen oder sie kampfunfähig machen. Sobald er erst einmal auf einem Pferderücken saß, war seine Chance zu entkommen doppelt so hoch.
Aber in der Nähe standen keine Pferde. Sein wandernder Blick fiel statt dessen auf einen etwas verschwommen wirkenden John Chandos, der mit einem anderen Bewaffneten auf
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