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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Mit großen Schritten, aber ohne zu laufen, durchquerte sie den ganzen Hof und zählte dabei die Glockenschläge. Wie wahnsinnig hämmerte ihr Herz in der Brust. Es war seltsam, aber sie hatte keine Ahnung, woher dieses Läuten überhaupt kam, denn Türme oder Ähnliches hatte sie nirgendwo gesehen. Dennoch übertönte die Glocke jeden Schritt. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie die Schatten im Hof länger und länger wurden, doch bevor sie ihrer Angst ganz erlag, erreichte sie endlich die Tür. Sie drückte die Klinke und zog. Nichts. Keinen Millimeter bewegte sich die Tür. Sie war verschlossen und Sofia verzweifelt.
    » Nein! Nein! «
    Panisch schlug sie dagegen. Vielleicht sollte sie genau an dieser Stelle überfallen werden. Jeden Augenblick würde sie jemand an den Schultern packen und ihr ein Messer in die Brust stoßen, bevor sie überhaupt merkte, was da los war. Nur ein Glockenschlag fehlte noch. Was würde dann geschehen?
    Sie fuhr herum und entdeckte eher zufällig unter einem schmalen Bogen eine seitliche Öffnung, die aus dem Hof hinausführte, und ohne lange nachzudenken, rannte sie los in die Richtung, die scheinbar der einzige Fluchtweg war. Als der letzte Schlag durch den Hof hallte, war sie draußen im Dunkel der Nacht.
    Sie hatte nur ihrem Instinkt gehorcht, als sie das Weite gesucht hatte, und noch nicht einmal geschaut, wohin sie lief. Erst als sie keine Luft mehr bekam, blieb sie stehen. Da sah sie, dass sie in einen italienisch angelegten Garten gelangt war, mit sorgfältig geschnittenen Hecken und gepflasterten Wegen. Der Professor hatte ihr erzählt, dass ein Teil der Villa für Tagungen genutzt wurde. Wahrscheinlich war sie genau dort gelandet. Doch die perfekte Ordnung, die in dem Garten herrschte, konnte sie nicht beruhigen, sondern ließ sie viel eher erschaudern. Der Mond erhellte die oberen Kanten der Hecken, die wie mit einer dünnen Staubschicht bedeckt aussahen. Tagsüber war dies bestimmt ein wunderschöner Ort, doch nun kam er ihr verlassen und tot vor. Zu ihrer Linken erkannte sie Arkaden vor einer hohen Steinmauer, die den Garten begrenzte. Sofia betrachtete sie wehmütig. Sie hatte etwas Endgültiges. Sie war kein Schutz für die Villa, sondern eine Mauer, die sie selbst gefangen nahm.
    Das Mädchen lief ein wenig herum, um zu sehen, wohin sie sich im Dunkeln wenden sollte. Zwar fand sie keine anderen Durchgänge, entdeckte aber nach einer Weile am anderen Ende des Gartens ein halbrundes Gebäude, das sie an ein Theater erinnerte, mit zwei Freitreppen, die zu einer breiten Terrasse mit einer steinernen Balustrade führten. Mit langsamen Schritten trat sie näher. Die Pflastersteine knirschten leise unter ihren Schuhen. Das ganze Gebäude war mit Efeu überwuchert, der sich auch über den Boden zog, auf dem ein schwarz-weißes Mosaik erkennbar war. Sofia musste gar nicht genauer hinschauen, um zu wissen, was es darstellte. Sie wusste es so sicher, als habe sie dieses Bild schon immer vor Augen gehabt: ein Lindwurm.
    Da hob sie den Blick zur Brüstung – und sah ihn. Nidhoggr, in seiner wahren, furchterregenden Gestalt, thronte über ihr und schien auf sie zu warten. Meterweit zog sich sein riesengroßer Schlangenleib über die breite Terrasse, die Flügel vor der Mauer gespreizt, während sich die Krallen im Stein verhakt hatten. Er war schwarz, glänzte und seine Schuppen zitterten im Mondlicht. Vollkommene Macht strahlte diese Gestalt aus und Sofia war hingerissen. Natürlich war es ein grauenerregender Anblick und doch spürte Sofia leichte Wehmut im Herzen. Das Entsetzen, dem Erzfeind wieder gegenüberzustehen, mischte sich mit einer eigentümlichen Freude, so als treffe man nach langer, langer Zeit einen alten Freund wieder. Nidhoggr heftete den Blick seiner jahrtausendealten Augen auf sie, riss das Maul auf und zeigte seinen blutroten Schlund.
    » Da bist du ja endlich …«
    Sein Brüllen zerriss die Luft, und Sofia schrie auf, presste die Hände auf die Ohren und fiel auf die Knie.
    » Das schaffe ich nicht. Unmöglich. Der ist zu stark für mich! «
    Doch als sie den Blick wieder hob, war Nidhoggr verschwunden. Ein Trugbild, das konnte nur ein Trugbild gewesen sein. Wahrscheinlich von Nidhoggr selbst hervorgerufen. Zweifellos lenkte er alles, was an diesem Ort geschah: Die Zeit, die stehengeblieben war, sein Trugbild auf der Terrasse, sowie die Glocke mit ihren genau bemessenen Schlägen – all das war sein Werk.
    Völlig erschüttert starrte Sofia in die

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