Drachenseele (German Edition)
nickte, „die Polizei hätte bestimmt schon längst einen Namen. Die Entscheidung meines Vaters mit Pascal hielt ich von Anfang an für verkehrt.“
Am Freitagvormittag kam Marcus endlich ein Stück voran. Die Aushilfe aus dem Studentencafé half Marcus zumindest mit einem Vornamen weiter, Albert. Dieser besuchte unregelmäßig das Café, wenn doch, blieb er mehrere Stunden.
„Albert“ flüsterte sich Marcus zu. So häufig war dieser Name nicht. Vielleicht käme er damit schon weiter, allerdings sollte man die Möglichkeit in Betracht ziehen, in einer völlig falschen Richtung zu suchen. Albert musste nicht zwangsläufig der Entführer sein, nur weil er der Letzte war, der mit Nicole gesehen wurde.
Im Sekretariat der Uni ließ Marcus seinen Charme spielen. Er behauptete seinem Kommilitonen Albert einige Bücher ausgeborgt zu haben, von denen er eines dringend zurück haben müsse, um für die Klausur zu lernen. Blöderweise habe er A n schrift und Telefonnummer von Albert verlegt. Nach beharrl i chem Zureden tippte die Sekretärin den Namen Albert, sowie die Semesterstufe in ihren Computer.
Tatsächlich schrieb sie Marcus die Anschrift von Albert Kleinert auf einen Zettel, damit nahm die Suche nun Formen an.
Marcus war nach einem Freudenschrei zu Mute. Endlich kam er voran. Gleich draußen auf der Straße wählte er Svens Nummer. Sven hatte ihm ein Handy geliehen, damit sie immer in Verbindung bleiben konnten.
„Hallo Marcus, was gibt’s?“ Ein Rauschen herrschte im Hintergrund, als würde Sven gerade im Auto sitzen.
„Albert Kleinert heißt der Gute.“
Sven seufzte überrascht.
„Möchtest du ihm einen Besuch abstatten oder ist das meine Aufgabe?“
„Ähm, ja.“ Sven schien zu überlegen. „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.“
„Wie jetzt?“ Der Stolz seines Erfolges floss mit Svens Ratlosigkeit dahin.
„Überlass das besser Pascal. Ich bin gerade auf dem Weg zu meinen Eltern. Papa muss morgen mit dem Geld am Ostbahnhof sein. Unmöglich kann ich ihn damit allein lassen.“
Dem Schlägertyp diese wichtige Angelegenheit überlassen? Niemals! „In Ordnung. Du fährst deinen Vater holen und ich sehe zu, was ich hier erreichen kann.“
„Hör zu, Marcus. Wir wissen nicht, ob der Typ ein Psychopath ist, am Ende erschießt er dich, wenn du ihm unangenehme Fr a gen stellst.“
Hallo? Warum plötzlich dieser Rückzieher? „Wir versuchen seit Tagen weiter zu kommen und jetzt soll ich kurz vor dem Ziel die Hände in den Schoß legen oder was?“ Marcus konnte Svens Gedanken nicht nachvollziehen.
„Nein, so habe ich es nicht gemeint. Nur einer allein sollte das besser nicht wagen, wir müssten dafür schon zu zweit sein, verstehst du?“
Marcus spürte, wie ihm ein breites Lächeln übers Gesicht zog. „Für einen Toten ist das nicht zu gefährlich. Marcus Sonntag hat nichts zu verlieren.“ Er beendete das Gespräch ohne eine Antwort von Sven abzuwarten. Seine Worte trafen zu. Entweder ihm würde es gelingen Nicole zu finden, um sie zu befreien oder er müsste seinen Mut mit dem Leben bezahlen. Nicole war es ihm wert.
Auf dem Weg zu Albert überlegte sich Marcus wie er am geschicktesten vorgehen sollte, ohne dass der Kerl Verdacht schöpfte. Ihm kam der Gedanke, zunächst Albert lediglich zu beobachten. Warum schlafende Hunde wecken? Marcus kam an einem Hauseingang vorbei, wo ein junger Mann Prospekte zum Verteilen aufstapelte. Eine geniale Tarnung mit der man sich Zutritt in verschlossene Häuser verschaffen konnte. Marcus schaute sich um, ob ihn jemand beobachtete. Er durchtrenne mit seinem Taschenmesser das Plastikband und nahm sich ein Stapel Werbung über den Arm. Damit ging er weiter, bis er endlich die Straße erreichte in der Albert wohnte. Der modernisierte Altbau zeigte sich hier in seiner zurückgewonnenen Schö n heit mit ausgebessertem Stuck, mit neuer Farbenpracht.
Wie gehofft bekam Marcus mit seinen Prospekten Zutritt ins Haus, als gerade jemand das Haus verließ und ihm die Tür offen hielt. Im Flur schaute er sich um. Das Haus verfügte über einen Hintereingang, der auf einen Hof führte. Von dort gab es nur einen Zugang zum Nachbarhaus.
Sollte es zu unvorhergesehenen Vorfällen kommen, wäre es gut zu wissen, wohin man flüchten könnte. In diesem Augenblick keimten Zweifel auf, ob es Marcus gelingen würde, anhand der Beschreibungen der Studienkollegen Albert zu erke n nen, wenn er das Haus verließ. Ein Vorwand, um bei Albert zu klingeln, wäre
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