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Drachenwächter - Die Prophezeiung

Drachenwächter - Die Prophezeiung

Titel: Drachenwächter - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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der Dunkelheit. Seld fühlte Stoff auf seinem Gesicht liegen, und er drückt seinen ganzen Oberkörper dagegen, krümmte sich, und der Widerstand über ihm wurde langsam geringer.
    Nun hatte er sich etwas Platz verschafft, und er konnte seine Arme anheben und mit ihnen gegen das Gewicht drücken, das auf ihm lag. Mit den Fingernägeln kratzte er über den Stoff, der ihn umhüllte, und schließlich fühlte er, wie der Nagel ein kleines Loch riss, das er mit den Fingern rasch erweiterte. Erde rieselte auf Seld herab, und panisch stieß er mit seinen Fingern in das Loch und drückte die Erde hinauf, die nun in Massen auf ihn niederstürzte und in seinen aufgerissenen Augen brannte.
    Dann drang endlich ein Wort über seine Lippen: »Hier!«, rief er, leise, krächzend. »Hier bin ich!«
    Nichts. Er war allein. Er war verloren.
    Die Erde über ihm lockerte sich, und mit einem Mal schoss seine Faust hinauf ins Freie, und er jagte seine andere Hand hinauf, schob die Erde mit schnellen, panischen Bewegungen beiseite. Licht stach in seine Augen, und Seld setzte sich auf.
    Seine Schultern und Oberkörper ragten aus dem Boden. Mit langsamen Bewegungen wischte er sich die Erde vom Gesicht und öffnete die Augen einen Spalt. Lange Zeit starrte er in die Weite Steppe, über der die Sonne hing.
    Seld saß in einem Grab.

Kapitel 10 D er Weg nach Klüch
    Ark hatte keine Tränen mehr.
    Ein Tag und eine Nacht waren vergangen, seitdem sein Freund vor aller Augen tot zusammengebrochen war. Im ersten Moment hatte Ark sich nur gesorgt, dass die Hequiser schon wieder mitansehen mussten, wie ihr Vorsteher von etwas übermannt wurde, das weder er noch irgendjemand anderer verstehen konnte, aber dann sah er Seld, der auf dem staubigen Boden lag. Seine Augen hatte er weit aufgerissen, und sie waren ausdruckslos. Der Wind spielte mit seinen Haaren, seine Haut war blass, und Staub sammelte sich in seinen Mundwinkeln.
    Ark fiel neben Seld auf die Knie, tastete über das Gesicht seines Freundes, fühlte auf der Brust nach einem Herzschlag.
    Dies war keine Geistesreise. Der Vorsteher von Hequis war tot.
    Doch Ark ließ den leblosen Körper zunächst auf einen der Wagen legen, deckte ihn zu und wusch das Gesicht. Vielleicht war es doch nur eine Geistesreise, und bald würde sich bei Seld wieder ein Zeichen des Lebens zeigen.
    »Sein Blut wird wieder fließen. Er wird wieder atmen!«, beteuerte Ark, und Erima nickte, aber in ihren Augen stand Zweifel.
    Als es Abend wurde, legte Erima ihre Hände auf seine Schulter. »Er ist tot. Seld wird nicht mehr zurückkehren. Wir müssen ihn begraben.«
    Die Hequiser stellten Fackeln auf, hoben ein Loch aus, hüllten Selds Körper in ein Tuch und legten ihn in das Grab. Dann schaufelten sie es schweigend zu.
    Die Hequiser standen beisammen um das Grab, und nach einiger Zeit gingen die ersten zu ihren Wagen zurück. Immer weniger waren es um Selds Grab, dann saß nur noch Ark auf dem sandigen Boden.
    Und als auch er wieder auf einem der Wagen saß, machte sich die Kolonne, die nun keinen Vorsteher mehr hatte, wieder auf den Weg.
    Am nächsten Tag kam der Rat zusammen, um einen neuen Vorsteher zu ernennen. Nahe der Kolonne setzten sie sich auf den Boden der Steppe in einen Fackelkreis. Selds Platz im Rat war neu zu besetzen, und weil er keine Angehörigen hatte, bekam nun diejenige Familie ihn zu gesprochen, deren Ahnenreihe am weitesten in der Chronik von Hequis zurückreichte und die noch nicht im Rat vertreten war. Der alte Flinn brütete die halbe Nacht über den Pergamenten der Chroniken und kam zu dem Schluss, dass das Oberhaupt der Partan-Familie ausersehen war. Get Partan war Schmied in Hequis gewesen, ein redseliger und großer Mann, und er war sichtlich stolz, nun dem Rat des Dorfes anzugehören.
    Es war nur eine Formalität, den bisherigen Stellvertreter zum neuen Vorsteher des Dorfes zu ernennen. Flinn trug die althergebrachten Worte vor, mit denen ein Vorsteher in sein Amt gehoben wurde, und Quint verfolgte die Zeremonie mit einem Grinsen, von dem Ark den Blick abwenden musste. Seine Gedanken weilten bei seinem Freund, den er in der Steppe hatte begraben müssen.
    Und Quint war kaum im Amt, da traf er bereits eine folgenschwere Entscheidung, die sich gegen den toten Seld richtete. Er baute sich vor dem Rat auf und ließ seinen Blick über die Runde schweifen.
    »Wir werden nun nicht mehr den Drachen folgen«, verkündete der neue Vorsteher von Hequis der lauschenden Menge. »Unser Weg wird uns

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