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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Irrgarten aus Steinen und Staub hinein.
    Amee schüttelte den Kopf – das Leben war sinnlos und eine Kette von Zufällen und Gefahren und Tod. Aber dann glomm ein winziger Funke Hoffnung in ihr auf: Die Freunde und viele Menschen des Stammes schliefen in Zelten mit festen Lederwänden. Vielleicht hatten die Vampire nicht alle Menschen getötet, und vielleicht waren Ada oder Partho unter den Überlebenden. Sie trieb ihr Pferd an und schwor sich, blutige Rache an den Vampiren zu nehmen, nachdem ihr Bruder Damos geholfen hatte, ein kleines Heer zusammenzustellen.
    Sie verließen den Ausgang der Schlucht und hielten an der letzten Pfütze an, in deren Wasser sich die wenigen Sterne und die Wolken undeutlich spiegelten. Die Pferde tranken geräuschvoll, dann stob die wilde Jagd weiter.
    Hinein in das Labyrinth der weißen Felsen und des ätzenden Staubes.
    »Es sind gute Pferde!« rief Dragon, der vor Amee ritt.
    Jetzt konnten sie noch nebeneinander reiten. So war die Prinzessin nicht gezwungen, den Staub zu schlucken, den die Hufe seines Pferdes aufwirbelten. Sie trieb das Reittier an und holte auf, bis sie an seiner Seite ritt.
    Sie versetzte laut: »Sie müssen bis Urgor durchhalten. Wo übernachten wir?«
    Dragon hob die Schultern und sagte: »Ich weiß es nicht. Irgendwo auf der Strecke.«
    »Bei Marathas Furt!« rief sie. »Ich werde die kluge Frau um Rat fragen!«
    Amee dachte flüchtig daran, daß sie vor einigen Tagen und vor vielen Abenteuern – und dem schönsten Erlebnis ihres Lebens! – in genau die entgegengesetzte Richtung geritten war. Sie sah, wie Dragon heftig den Kopf schüttelte.
    »Auf keinen Fall bei Maratha, der Hexe!« rief er dann. »Sie wird dich mit ihren Lügen vergiften und mich umgarnen wollen.«
    Amee stutzte. Was redete er nur?
    Hatte er vergessen, daß ihnen Maratha hilfreich, wenn auch ein wenig seltsam entgegengetreten war? Warum sagte er jetzt das Gegenteil?
    Auch war sie verwundert über die Pferde. Sie galoppierten mit einer spielerischen Leichtigkeit dahin, als ob sie noch immer überschüssige Kräfte besäßen. Sie hatten die Wegstrecke in erstaunlich kurzer Zeit zurückgelegt. Und sie waren seit dem Augenblick, als sie wachgerüttelt worden war – von kleinen Pausen abgesehen –, ununterbrochen im Galopp gegangen. Das hielt kein normales Pferd aus. Hatten sie Wundertiere eingefangen?
    Und der schnelle, erbarmungslose Ritt ging weiter. Die Nacht verblaßte langsam, und ein grauer Himmel begann sich zu zeigen.
     
    Zainu erwachte, als direkt neben seinem Zelt ein Pferd derart gellend wieherte, daß es wie eine Fanfare klang. Noch halb im Schlaf, vom schweren Wein geschwächt, übelgelaunt wegen des Gelächters des ganzen Stammes, als ihn die fette Zanah durch die Gasse getrieben und verprügelt hatte, überlegte der Stammesführer. Wenn ein Pferd auf solche Weise erschrak, mußte der Teufel los sein.
    Zainu faßte an seine Füße. Er hatte in Stiefeln geschlafen. Er fuhr in sein Wams, riß das Schwert vom Zeltmast und schlug die Felle des Eingangs auseinander. Im selben Augenblick wieherte das Pferd ein zweites Mal und keilte aus. Zwei Erdbrocken flogen an Zainus Kopf vorbei.
    Als er den riesigen Schatten auf dem Rücken des Tieres sah und die weißen Zähne, die sich in die Adern des Halses bohrten, begriff er.
    »Vampire!« schrie er. Mit einem Satz war er zurück im Zelt, ergriff das Horn und setzte es an die Lippen. Während er tief Atem holte, segelte ein Vampir mit ausgebreiteten Schwingen auf ihn zu.
    Zainu holte aus und schlitzte dem Wesen von unten nach oben den Leib auf, dann hallte der Ton des Signalhorns über das Lager hin. In der Notsituation entwickelte er tatsächlich erstaunliche Führungsqualitäten!
    »Wacht auf! Aufwachen!« schrie Zainu.
    Zwei Männer rannten an ihm vorbei, verfolgt von einer Gruppe von vier Vampiren. Die Wesen schienen nicht mehr aus der Luft zu kommen, nicht mehr aus der Höhe, sondern sie befanden sich bereits zwischen den Zelten.
    Zainu sprang den Fliehenden in den Weg und brüllte: »Rennt nicht, ihr Feiglinge! Fackeln! Feuer! Schürt die Feuer!«
    Er schwang das Schwert über dem Kopf und schlug nach den riesigen schwarzen Wesen. Er traf einen Flügel, durchschnitt ihn, spaltete die schmalen Knochen und schlug dem Vampir, der zuckend zur Erde fiel, mit einem Hieb den Kopf ab. Dann warf er sich zu Boden und entging so den langen Krallen der anderen Angreifer. Die beiden Männer kamen zu sich und rannten nach zwei Seiten auseinander.

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