Dragon Fire
kamen nicht.
Er erwartete Wut und
dass sie davonstürmen würde. Auch das geschah nicht.
Stattdessen war ihr
Blick stet, ihr Rücken gerade, ihre Stimme ruhig und gelassen. »Ich denke, ich
sollte dir dankbar sein, dass du kein Schwert auf dem Rücken hast, denn ich
habe eindeutig einen Nerv getroffen. Aber das ist schon in Ordnung.« Sie ging
um ihn herum. »Wir haben ein Spiel gespielt, das zu weit ging. Jetzt kennen wir
die Grenzen.« Sie ging zurück zum Lager und sagte im Gehen: »Wenn du mich
allerdings noch einmal Schlampe oder Hure nennst – dann lasse ich dich töten.
Das lasse ich nur meiner Schwester und meiner Mutter durchgehen, und das auch
nur deshalb, weil sie gefährlicher sind, als du je zu träumen wagen könntest,
Warlord.«
Sie ließ ihn stehen
und auf den Boden starren. Nie zuvor, nicht ein Mal in seinem Leben, hatte
Ragnar die Kontrolle über seine Zunge verloren. Worte waren immer genauso seine
Waffe gewesen wie die Magie und guter Stahl, denn die meisten seiner Sippe, vor
allem sein Vater, waren nicht in der Lage, Ragnar auf dieser Ebene zu
bekämpfen. Aber, hatte er immer mit Stolz gedacht, er wählte nie den billigen
Triumph. Er nutzte Worte nie einfach, um zu verletzen, zu zerstören. Wenn er
sie benutzte, dann um zu bekommen, was er wollte. Doch plötzlich, mitten in
einem Südland-Wald, hatte er Worte benutzt wie sein Vater einst seinen
Lieblings-Kriegshammer. Brutal und ohne sich um die Konsequenzen zu kümmern.
Angewidert von sich
selbst, setzte sich Ragnar wieder am Ufer auf die Hinterbeine und versuchte
verzweifelt, sich selbst davon zu überzeugen, dass der Schmerz, den er in
Prinzessin Keitas braunen Augen gesehen hatte, nicht halb so schlimm war, wie
es ausgesehen hatte.
11 Er wünschte, er hätte
sagen können, dass sie während der nächsten zwei Tage ihrer Reise nicht mit ihm
sprach, sich weigerte, ihn anzusehen, dass sie davonstürzte, sobald er ihr eine
Frage stellte, dass sie ihn anzischte oder ihm sagte, er solle verschwinden,
sobald er den Mund aufmachte.
Ragnar wünschte , er hätte sagen können, dass Prinzessin
Keita all das tat. Dass sie die verletzte Königstochter spielte. Zu dumm, dass
ihre Art der Revanche viel kunstvoller war, viel brutaler.
Tatsächlich sprach
Keita mit Ragnar. Sehr höflich. Wenn sie um etwas bat, fügte sie immer ein
»Bitte« hinzu. Wenn er ihr sagte, dass sie etwas tun sollte, tat sie es ohne
Widerrede und befolgte peinlich genau, was er sagte. Sie beteiligte sich an
Gesprächen nur, wenn sie direkt angesprochen wurde, und ihre Antworten waren
nie zu kurz oder zu lang.
Sie hielt den Rücken
gerade, den Kopf hoch erhoben und borgte sich sogar eines der Bücher ihres
Bruders, um in den Pausen zu lesen.
Ragnar wurde schnell
klar, dass Keita genau zu dem geworden war, was er immer von einer echten
Prinzessin erwartet hatte. Außerdem wurde ihm bewusst, wie sehr er echte
Prinzessinnen hasste. Er hatte nie gedacht, dass er ihr Lachen vermissen würde
oder die Art, wie sie mit seinem Bruder und seinem Vetter oder mit ihm selbst
flirtete, oder dieses nervige Kichern und die Art, wie sie ihren Bruder neckte.
Aber er vermisste all das. Zumindest vermisste er es bei Keita.
Aber sie war eiskalt.
Wie ein Lawine, die ihn unter einem Fels begraben hatte.
Die anderen wussten,
dass etwas passiert war. Sie beobachteten, wie protokollarisch korrekt sie
miteinander umgingen, und wussten, dass sich etwas verändert hatte, aber
niemand wusste, was. Bis auf den Ostländer. Er warf Ragnar hinter Keitas Rücken
finstere Blicke zu, wann immer sich die Gelegenheit ergab.
Nicht dass Ragnar es
dem Ostländer oder Keita verdenken konnte. Er hatte in den vergangenen zwei Nächten
nicht schlafen können und war jedes Mal schmerzlich zusammengezuckt, wenn er
daran dachte, was er zu ihr gesagt hatte.
Bis sie früh an diesem
Abend an einem sicheren Ort ankamen – der Fremde hatte sie gebeten, ihre Tagesetappe
mitten im Nichts zu unterbrechen –, war Ragnar erschöpft, schlecht gelaunt und
genervt von sich selbst und der ganzen Welt.
Er setzte sich auf den
Boden, den Rücken an einen kleinen Hügel gelehnt, die Flügel ausgebreitet, um
sie nach dem vielen Fliegen zu dehnen.
»Éibhear.« Der
Ostländer tippte dem Blauen auf die Schulter. »Ich gehe mit deiner Schwester zu
dem See da drüben. Er liegt nur ungefähr eine halbe Meile entfernt. Sie will
baden.«
Der Blaue nickte und
zog eines der Bücher heraus, die seine Schwester ihm mitgebracht hatte.
Nachdem
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