Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
Vom Netzwerk:
hindert, sich seinen Mitverdammten zur Belustigung preiszugeben!
    Alma
    Und Euch preisen tausend Stimmen als einen Künstler, wie keiner noch zu seinem Volke sprach! Wie vieler Könige Namen sind vergessen!
    Der König
    Das gilt mir nichts! Der Lorbeer wird als Ausgeburt irdischer Erbärmlichkeit nur von einem Tagelöhner oder Stellenjäger mit Stolz getragen. Aber weißt du, welcher Stolz mir dieses Dasein ermöglichte? Hier kämpft nur eines von Millionen Wesen, zu unerforschlicher Prüfung berufen. Aber König Nicolo fand als König den Tod! Niemand zweifelt, daß er längst allen Demütigungen durch Menschenmacht entrückt ist! Niemand fordert noch, er solle auf die ihm von Gott verliehene Würde verzichten! Kein Schatten trübt seines Andenkens Majestät! Wenn ich noch unter Gottes Sonne atme, dann dank' ich es dieser Täuschung. Und diesen letzten Besitz soll mir vor der Todesstunde, in der ich ihn vielleicht noch dir zum Vorteil veräußern kann, kein Sturm entreißen! – – Mein Scepter! Mein Reichsapfel!
(Er entnimmt beides der Kleiderkiste)
Und nun – die – Kö – Königsposse!
(Von einem plötzlichen Herzkrampf befallen, ringt er mühsam nach Atem)
    Alma
ihm zu Hilfe eilend
    Jesus Maria, mein Vater! Durch Eure Schminke sehe ich, wie marmorblaß Ihr seid!
    Der König
    Einen Atemzug! – Es ist vorüber. – Das habe ich noch aus dem Kerker behalten…
    König Pietro und Prinz Filipo betreten den Zuschauerraum und nehmen auf den goldenen Sesseln Platz
    Der Theaterbesitzer
schreit von hinten in den Verschlag
    Auf die Bühne, Hanswurst!
    Der König
aufspringend
    Geh! Geh! Ich fühle mich vollkommen wohl.
    Alma
nimmt eine Narrenpritsche zur Hand, stürzt auf die Bühne, verbeugt sich und spricht in leichtem, scherzendem Ton
    Ich komme, das Erscheinen euch zu melden
    Von einem König, der in Wirklichkeit
    Nie König war. –
    Jetzt stell' ich seinen Kammerdiener dar.
    Ich preis' ihn einen Halbgott, einen Helden,
    Bewundre seinen Geist, sein schönes Kleid,
    Laß Ämter mir von ihm und Orden geben,
    Und wünsche sehr, er möge lange leben.
    Thut er das nicht, und kommt ein andrer dran,
    Was Gottes Gnade mir ersparen wolle,
    Je nun, auch jenem spiel' ich unterthan
    Und mit verzückten Mienen meine Rolle,
    Wie's eines Kammerdieners Wohlfahrt frommt;
    Nun aber schweig ich, denn der König kommt.
    Der König
tritt auf
    Ich habe diese Nacht nicht gut geschlafen.
    Alma
sich mit gekreuzten Armen verbeugend
    Ihr solltet dafür Euer Volk bestrafen!
    Der König
    Mein Volk? Und es bestrafen? – Wo mein Sinn
    Stets zagt, ob ich nicht selber strafbar bin?! –
    Was hab' ich mehr als Andre denn vollbracht,
    Daß ich zur schwersten Menschenpflicht berufen?! –
    Hinweg mit dir von meines Thrones Stufen!
    Der Schlummer floh mein Aug' in dieser Nacht,
    Weil ich, von des Gesetzes Wucht getrieben,
    Ein Todesurteil spät noch unterschrieben!
    Hinweg, du Wurm! Und wag es nimmermehr,
    Dein Haupt in meines Zorns Bereich zu tragen!
    Alma
sich an das Publikum wendend
    Du siehst, verehrtes Publikum, wie schwer
    Es manchmal ist, sich redlich durchzuschlagen!
    Mich zu verteidigen find' ich keine Worte,
    Drum trag' ich mit Ergebung mein Geschick.
    Zerschmettert tret' ich ab durch diese Pforte.
    Doch als wer anders kehr' ich bald zurück.
    Sie ist nach rückwärts die Stufen zum Zuschauerraum hinabgeschritten und lagert sich, gegen das Publikum gewendet, auf der Treppe
    Der König
für sich
    Ein halbes Menschenalter ring' ich nun,
    Mein Aug' zu schärfen, meinen Geist zu klären,
    Um meines teuren Volkes Glück zu mehren!
    Alma
ins Publikum sprechend
    Statt dessen könnt' er was Gescheidt'res thun!
    Wer dankt es ihm! Die Menschen flüstern leise
    In seinem Hirn sei etwas nicht im Gleise.
    Sein hehres Beispiel wird zum Kinderspott!
    Der König
mit erhobenen Händen
    Erleuchte mich mit deinem Licht, o Gott,
    Daß ich von deiner Wahl mich nie entferne,
    Daß Gut und Schlecht ich rasch erkennen lerne!
    Wenn du mit deinem Abglanz mich beglückst,
    Dann kann mich nicht der blinden Menge Lachen,
    Auch Unzulänglichkeit nicht straucheln machen!
    Alma
aufspringend
    Ich aber kann's! –
(Sie betritt die Bühne)
    Wie du mich jetzt erblickst,
    Bin ich ein Weib, begabt mit allen Schätzen,
    Die königliche Sinne je entzückt!
    Der Unschuld Myrthe blieb noch ungepflückt,
    Um dich in blüh'nder Frische zu ergötzen! –
    Hinächzend unter deiner Krone Joch,
    Vermählt der hehrsten Keuschheit, hast du noch
    Der Wollust Zaubergarten nie

Weitere Kostenlose Bücher