Draußen wartet die Welt
denkst.«
Wir lachten, als Josh hereinkam und sich auf den Stuhl links von mir setzte. »Lacht ihr über mich?«, wollte er wissen.
»Irgendwie schon«, antwortete ich. »Ich habe mich gefragt, was meine Mutter wohl von deinem Ohrring hält, aber wie sich herausstellt, ist sie cooler, als ich dachte.«
»Ja«, stimmte meine Mutter zu, »man wirft mir oft vor, zu ›cool‹ zu sein.«
Josh grinste, legte seine Hand auf meinen Rücken und streichelte ihn sanft. Trotz unseres Lachens und Joshs leichter Berührung spürte ich die Anspannung auf beiden Seiten – die von Josh links und die meiner Mutter rechts. Ich befürchtete, dass dies ein sehr langes Abendessen werden würde.
Inzwischen hatten sich alle Gäste um den Tisch versammelt. Ich wollte gerade nach meiner Gabel greifen, hielt jedoch inne, als ich das klingelnde Geräusch eines Löffels hörte, der gegen ein Glas schlug. Ich wandte meinen Blick zum Kopf der Tafel und sah, dass Beth ihren Blick über ihre Gäste schweifen ließ. »Vielen Dank, dass ihr alle gekommen seid«, begann sie. »Wie ihr wisst, habe ich die meisten meiner amischen Gewohnheiten abgelegt. Aber ich habe das Bedürfnis, eine Tradition wieder aufleben zu lassen.«
Sie warf meiner Mutter und mir einen bedeutungsvollen Blick zu und nahm dann Johns Hand zu ihrer Rechten und Barbaras zu ihrer Linken. Ich wandte mich Josh zu und legte eine meiner Hände in seine, die andere in die meiner Mutter. Rund um die große Tafel und den kleinen Kindertisch reichten die Gäste ihren Sitznachbarn die Hände und sahen Beth erwartungsvoll an. Sie atmete tief ein und schloss einen Moment die Augen, so als versuche sie, sich an etwas zu erinnern. Und dann hörte ich die Worte, die vor noch gar nicht allzu langer Zeit vor jeder Mahlzeit automatisch auch über meine Lippen gekommen waren. »Wir danken dir, himmlischer Vater, für die Gaben, die wir heute empfangen dürfen. Mögen wir uns als wahrhaft dankbar für die Großzügigkeit erweisen, die du uns gezeigt hast.«
Ich wollte gerade »Amen« sagen, als ich bemerkte, dass Beth noch nicht fertig war. »In den vergangenen Wochen«, fuhr sie fort, »habe ich zwei wundervolle Gaben erhalten. Die erste Gabe war meine Nichte Eliza. Sie stand eines Tages einfach vor meiner Tür und ich fühlte mich plötzlich …« Sie unterbrach sich mit erstickter Stimme. »Und ich fühlte mich plötzlich nicht mehr wie eine Gemiedene.« Sie räusperte sich und fuhr dann fort: »Und dann hat mir meine Nichte meine geliebte Schwester zurückgebracht.« Ich lauschte aufmerksam und mit zugeschnürter Kehle, während meine Mutter auf der einen und mein Verehrer auf der anderen Seite meine Hand hielten. Ich schaute zu Tante Beth hinüber, deren Miene zwischen Lachen und Weinen zu schwanken schien. »Wenn wir beten«, sagte sie, »bitten wir darum, dankbar zu sein. Nun, heute Abend muss ich nicht um dieses Gefühl bitten. Ich bin ganz davon erfüllt.«
Es folgte ein Moment der Stille, bevor ich die Stimme meiner Mutter hörte. »Amen.«
»Amen«, flüsterte ich, und rund um den Tisch war dasselbe Murmeln zu hören. Die Spannung löste sich allmählich.
Nachdem ich meinen Salat aufgegessen hatte, erhob ich mich, um beim Servieren zu helfen. Ich machte mir zwar ein wenig Sorgen, Josh mit meiner Mutter allein zu lassen, aber ich wollte auch, dass sie sich ohne mich unterhielten. Ich trug die Salatteller in die Küche und nahm die Auflaufform mit der Lasagne und die Servierlöffel entgegen, die Barbara mir reichte. Ich begann am Kopfende des Tischs und ging dann zu den Kindern, die jeweils auf das Stück zeigten, das sie für das größte hielten. Ich fühlte mich wieder wie zu Hause bei den Fremdenabenden, wie ich vorsichtig um den Tisch herumschlich und vereinzelte Fetzen der verschiedenen Unterhaltungen aufschnappte. Als ich bei Johns Eltern angelangt war, hörte ich, wie sie dem Professor erzählten, wie fasziniert John schon als kleiner Junge von der Kolonialzeit gewesen war. Als ich Sam und Rachel ein Stück Lasagne servierte, erzählte Rachel den Quilt-Damen gerade, wie sie mich kennengelernt hatte.
Dann stand ich plötzlich neben Josh, der sich meiner Mutter zugewandt hatte. Ihre Stimmen klangen sehr offen und entspannt. Ich atmete erleichtert ein, servierte ihnen jeweils ein Stück Lasagne und legte auch eine Portion auf meinen Teller. Meine Mutter erkundigte sich nach der Schule. »Ich bin in der elften Klasse an der Highschool«, sagte Josh. »Die Schule fängt in zwei
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