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Draußen wartet die Welt

Draußen wartet die Welt

Titel: Draußen wartet die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Grossman
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gewesen. Meine Lider waren von den Wimpern bis zu den Augenbrauen in einem zarten Lavendelton geschminkt, während ein dunkleres Violett einen hübschen Schatten in meine Lidfalten zeichnete. Die Mascara, die mit einer dünnen Bürste auf meine Wimpern aufgetragen worden war, ließ diese dunkel und üppig erscheinen. Ich hätte dieses schicke, moderne Mädchen den ganzen Tag lang anschauen können.
    »Und?«, wollte Valerie wissen. »Nicht zu sehr wie eine Amische, oder?«
    Ich zwang mich, meinen Blick von meinem Spiegelbild loszureißen. »Überhaupt nicht.«
    Valerie half mir dabei, auszusuchen, welche Produkte ich kaufen sollte. Außerdem entschied ich mich für ein kleines Täschchen mit Reißverschluss, in dem ich alles verstauen konnte. Der Preis war höher, als ich vermutet hatte, und mir wurde bewusst, dass ich mir heute nichts anderes mehr würde leisten können. Aber ein weiterer Blick auf mein Spiegelbild bestätigte, dass es die Sache wert war. Ich drehte mich zu Valerie um. »Danke«, sagte ich. »Ich hätte nie gedacht, dass ich so aussehen könnte.«
    »Tja«, erwiderte Valerie, »ich muss zugeben, dass es bei dir eine Menge gibt, womit man arbeiten kann.«
    Ich senkte den Kopf und Stolz breitete sich in mir aus. Es war falsch, mir etwas auf mein Aussehen einzubilden. Aber in diesem Moment fühlte es sich genau richtig an.
    »Gut, ich denke, wir haben für einen Tag genug Schaden angerichtet«, fuhr Valerie fort und schaute auf unsere gesammelten Tüten hinunter. »Gehen wir was trinken.« Ein paar Minuten später saßen wir an einem Tisch in einem großen Essbereich und nippten an unseren kalten Getränken. Unsere Einkaufstüten standen auf einem leeren Stuhl neben uns.
    »Du hast nicht viel gekauft«, bemerkte Valerie.
    »Ich habe meinen ersten Wochenlohn erst gestern bekommen«, erwiderte ich. »Und ich schulde meinen Eltern immer noch Geld für die Kleider, die ich zu Hause gekauft hab.«
    Valerie schien darüber nachzudenken. »Na gut. Dann musst du eben wiederkommen, wenn du mehr Geld zum Ausgeben hast.« Ich verspürte einen Anflug von Enttäuschung, weil sie nicht gesagt hatte, wir würden gemeinsam wieder herkommen.
    »Also«, fuhr sie fort und beugte sich nach vorn, »was hast du vor?«
    »Wie meinst du das?«, fragte ich.
    »Wie sieht dein Plan aus? Wie lange willst du zum Beispiel hierbleiben?«
    »Das ist nur ein Sommerjob«, antwortete ich.
    »Und was dann?«
    Dann kehre ich wieder in das Leben zurück, das ich vorher geführt habe, dachte ich. Das Leben, das ich unbedingt hatte verlassen wollen. Aber das sagte ich nicht. Stattdessen antwortete ich: »Ich bin mir nicht sicher.«
    »Das versteh ich nicht«, sagte Valerie und rührte mit ihrem Plastikröhrchen in ihrem Getränk. »Dann schaust du also nur eine Weile hier vorbei und lebst eine Zeit lang ein völlig neues Leben, bevor du wieder in dein altes zurückgehst?«
    Es hörte sich wirklich ein bisschen dumm an, wenn sie es so formulierte. Ich versuchte, es ihr zu erklären. »Ich habe Mrs Aster zufällig kennengelernt. Sie war auf der Suche nach einem Kindermädchen und ich wollte für eine Weile von zu Hause ausziehen. Es schien eine gute Lösung für uns beide zu sein.«
    Valerie nickte und lehnte sich wieder in ihrem Stuhl zurück. »Und Josh?«, fragte sie. »Wo steht er bei der ganzen Sache?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Ich habe ihn ja erst vor einer Woche kennengelernt.«
    Valerie wirkte nachdenklich. »Tja, scheint alles irgendwie zusammenzupassen. Du kommst hierher, weil du etwas Neues suchst, und genau dasselbe hat Josh auch getan.«
    »Hat er?«
    »Oh, ja. In diesem Schuljahr war es fast so, als sei keiner von uns mehr gut genug für ihn. Er ist nicht mehr so oft ausgegangen wie früher. Er ist alle paar Wochen mit anderen Leuten rumgehangen und hat sich total abgehoben aufgeführt.« Sie machte eine Pause und sah mich an. »Und dann hat er dich gefunden.«
    »Ich kenne Josh nicht sehr gut«, entgegnete ich. »Für mich ist hier alles noch ziemlich neu.«
    »Oh, das gefällt ihm«, versicherte sie mir. »Er ist liebend gern der große Held, der dir die Welt zeigt. Ein Grund mehr, warum er nicht so ist wie wir anderen.«
    Ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, was sie damit meinte, da im selben Moment zwei Mädchen an unserem Tisch auftauchten. Sie warfen sich Valerie förmlich an den Hals, drückten sie ganz fest und redeten so schnell auf sie ein, dass ich Schwierigkeiten hatte, zu verstehen, was sie

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