Dray Prescot 05-Der Prinz von Scorpio
Savanti! Allein Delia lag mir am Herzen.
Wie Sie wissen, bin ich oft von meinen Absichten abgebracht worden. Und wieder wurde verhindert, daß ich an diesem Tag unsere Pläne in die Tat umsetzte – denn die Kta. * Angia trat aufgeregt ein. Sie war eine rundliche, gemütliche Frau und vertraute mir schluchzend ihre Geschichte an. Ihr Sohn war ein stolzer, störrischer Bursche, doch sie hatten viele Schulden, denn er war Möbeltischler und hatte sich mit seinem Meister überworfen und konnte keine neue Arbeit finden.
Er wollte seine valkanischen Freunde hier in Vondium nicht um Hilfe bitten. Und jetzt war er ins Gefängnis geworfen worden. Sie war verzweifelt und fragte mich, ob ich ihr helfen könnte.
Die Geschichte ist bald erzählt. Ich half ihr sofort – ich ging mit ihr zum Gefängnis und fand dort ihren Sohn, Anko den Tischler, bezahlte seine Schulden und war dabei unhöflich und beleidigend zu den Wächtern mit den rot-weißen Ärmelstreifen. Ich habe viele Sklavenbaracken, Lager und Gefängnisse gesehen, und die Anlagen Vallias waren nicht schlimmer als sonstwo. Hier wurden Verbrecher, Schuldner, Geiseln, Gefangene, Menschen, die irgendwie ihre Freiheit verloren hatten, zur Verteilung auf die Sklavenfarmen oder Barkenhäfen oder Bergwerke bereitgehalten. Wir nahmen Anko den Tischler mit nach Hause, und seine Mutter, Kta. Angia, fiel vor mir auf die Knie, woraufhin ich Ekel vor mir selbst empfand und sie hochzerrte und aufforderte, ihren Sohn mit nach Hause zu nehmen und die Suche nach Arbeit fortzusetzen.
Den Hinweis, der mir hier gegeben worden war, wollte ich nicht wahrnehmen, ich weigerte mich sogar, ihn nur zu überdenken.
Delia! Dieser Gedanke allein war mir wichtig.
16
An diesem Abend herrschte in der Rose von Valka wieder lebhaftes Treiben, und im Schankraum erklangen die Lieder. Wichtigstes Lied in diesem Kreis waren die siebenhundertundachtundsiebzig Verse von Die Eroberung von Drak na Valka .
Zwischen den valkanischen Sängern, wie sie in Rot und Weiß gekleidet, saß Seg Segutorio. In aller Hast hatte ich ihm gesagt, er solle ja nicht Die Bogenschützen von Loh anstimmen.
»Ich kämpfe gegen jeden, der mir das verweigert!« hatte er sich aufgeplustert, und ich war hastig mit ihm auf mein Zimmer gegangen.
»Bei Zim-Zair, du onkerköpfiger Bogenschütze!« rief ich. Aber er beruhigte sich schnell und besann sich mit der ihm manchmal eigenen Nüchternheit auf die Nachricht, die er mir bringen wollte.
»Es ist alles bereit«, sagte er. »Beim Verschleierten Froyvil, Delia ist eine wahre Prinzessin! Sie hat das Flugboot organisiert. Thelda und ich und der kleine Dray sind bereit. Wir können ...«
»Du – du willst auch mitkommen, Seg?«
Er sah mich an, als hätte ich ihm eine Ohrfeige versetzt.
»Natürlich.« Seine hellblauen Augen schimmerten im weichen Licht der Samphranöllampe. »Du möchtest doch, daß ich mitkomme, oder, alter Dom?«
»Ich könnte nicht ohne dich fliegen«, sagte ich und wandte mich ab, damit er mein Gesicht nicht sah.
Der Lärm aus der Schenke nahm weiter zu. Wir gingen wieder nach unten, ließen uns Wein einschenken – herrlichen Jholaix-Wein, der für besondere Gelegenheiten aufgehoben wurde – und fielen in den Gesang ein. Vangar ti Valkanium sang, ebenso Anko der Tischler. Alle sangen. Wir sangen von Valka. Ein sehr schönes Mädchen mit einem herzförmigen Gesicht und einer aufregenden Figur trug einige der raffinierteren Verse aus Die schicksalhafte Liebe von Vela na Valka vor, und wir fielen laut in den Refrain ein.
Dann wurden wieder einmal die siebenhundertundachtundsiebzig Verse des Liedes angestimmt, das an meine Befreiung Valkas von den dunklen Kräften der Sklaverei erinnert.
Es dauerte sehr lang, siebenhundertundachtundsiebzig Strophen zu singen, und als wir endlich die Fensterläden öffneten, war es schon wieder Mittag. Deldar Vangar hastete davon, um sich zum Dienst zu melden. Er erwähnte eine Reise nach Vindelka, die der Herrscher antreten wollte, in die Provinz, die im Nordwesten der Stadt lag. Niemand achtete darauf, denn der Wein verwirrte unsere Gedanken. Seg war schon früh gegangen. Als Koter der Leibwache habe er Pflichten, die er unmittelbar vor unserer Flucht nicht vernachlässigen könnte. Auch er hatte von Vindelka gesprochen.
Nachdem ich mein stoppeliges Kinn rasiert hatte, versuchte ich einen klaren Kopf zu bekommen, indem ich einen Spaziergang über die Kais machte und dabei zusah, wie die großen vallianischen
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