Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
Lord.«
»Nein, das wollen wir nicht. Es soll so normal wie möglich aussehen.«
Genau das war natürlich die Frage. Eine Übung während eines Sportfests war alles andere als normal.
»Wenn ich mich recht erinnere, werden die elektrischen Verbindungen und die Datenübertragung bei drei Minuten vierzig unterbrochen«, sagte Martinez. »Deshalb beginnen wir mit der Übung, halten aber bei vier Minuten an.«
»Bitte um Verzeihung, mein Lord«, wandte Maheshwari ein, »aber Wasser und Luft werden schon bei vier Minuten zwanzig unterbrochen.«
»Oh - richtig. Dann halten wir bei fünf Minuten an.«
»Jawohl, mein Lord.«
Die Unterbrechung der Versorgung mit Wasser, Luft und Strom und der Abbruch der Datenübertragung wären die ersten deutlichen Warnungen, falls die Corona unerwartet ihren Andockplatz in der Ringstation verlassen würde. Natürlich wollte Martinez die Alarmsignale so spät wie irgend möglich auslösen.
Wenigstens war er zuversichtlich, dass er jederzeit den Liegeplatz verlassen konnte, wenn er es wollte, ob die Maschinen nun bereit waren oder nicht. Vor sechshunderteinundvierzig Jahren war im Befehlsstand von Zanshaas Ring ein verheerendes Feuer ausgebrochen, das nach und nach auf die sieben angedockten Schiffe
übergegriffen hatte. Alle waren zerstört worden, und die Besatzungen waren gestorben. Damals hatten die Schiffe ohne Erlaubnis des Ringkommandos, das allerdings vom Feuer zerstört worden war, nicht den Liegeplatz verlassen oder auch nur die Luken schließen können.
Danach waren die Regeln dahingehend geändert worden, dass ein Schiff im Gefahrfall auch ohne Erlaubnis der Zentrale ablegen konnte. Die Kontrolle über die Luftschleuse blieb allein beim Schiff. Deshalb konnte Martinez die Corona jederzeit aus der Andockbucht herausfliegen. Die Frage war nur, ob die anderen Kriegsschiffe sie so einfach ziehen lassen würden.
Martinez bemühte sich nach Kräften, den unerschütterlichen allmächtigen Offizier zu spielen und schenkte dem Meisteringenieur sogar ein zuversichtliches Lächeln. »Alles Gute, Maheshwari.«
Der Techniker beschränkte sich auf eine knappe Antwort. »Das Gleiche für Sie, Lord Leutnant.«
Der Ingenieur salutierte und kehrte in den Maschinenraum zurück.
Martinez verriegelte die Waffenkammer und wandte sich zum zentralen Aufzug, der ihn zur Brücke bringen würde. Dann zögerte er, eine Hand auf den breiten Gürtel gelegt, an dem seine Waffe und der Schlagstock hingen. Wenn er damit die Brücke betrat, würden ihn die anderen für verrückt halten. Falls die Naxiden überhaupt nichts unternahmen oder eine rationale Erklärung für ihr Verhalten anbieten konnten, würde es bis
zum Ende des Tages die gesamte Besatzung erfahren. Er würde sich zum Gespött der ganzen Flotte machen.
So verharrte er in der Luke und hörte schon das Gelächter, das ihn über die Jahre im Dienst stets begleiten würde. Falls er sich irrte, durfte er nichts anderes erwarten. Für alles, was Fanaghee und Kulukraf taten, konnte es eine völlig unschuldige Erklärung geben - nun ja, nicht gerade unschuldig, aber doch zumindest rational. Falls er etwas übersehen hatte, und falls die Naxiden keinen Aufstand planten, würde er das Ende der Geschichte nicht mehr mit eigenen Augen sehen. Dieser Fall würde zu einer jener Legenden in der Flotte werden, die den Betreffenden sein Leben lang verfolgten, genau wie die Geschichten über Geschwaderkommandant Rafi, der seinen Kadetten befohlen hatte, ihn zu fesseln und zu schlagen.
Das endlose Förderband des Zentralaufzugs rauschte vorbei. Auf einmal wollte er dringend in die Waffenkammer zurückkehren, seine Pistole wieder abliefern und in die Messe gehen, um das Spiel auf der Videowand zu verfolgen und der siegreichen Bordmannschaft der Corona zuzujubeln.
Zum Teufel damit, dachte er. In den Augen der Besatzung hatte er sich doch sowieso schon lächerlich gemacht.
Er setzte einen Fuß auf die nächste Sprosse, die vorbeikam, hielt sich an der nächsthöheren fest und trat in den zentralen Schacht hinein. Zwei Decks tiefer stieg er wieder aus und bemerkte sofort Zhou, den Schläger,
den er zwei Tage zuvor aus dem Arrest entlassen hatte. Der Mann polierte gerade das Silberbesteck in der Offiziersmesse, die der Brücke direkt gegenüberlag.
Wundervoll, dachte Martinez. Er hatte Zhou, Ahmet und Knadjian in seiner Mannschaft, obendrein jeden anderen Bösewicht, den der Kapitän dazu verdonnert hatte, während des Wettkampfs an Bord zu bleiben.
Ohne
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