Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
aus, den Widerstand binnen weniger Stunden zu zerschmettern. Tatsächlich dauerte es sechs Tage, bis das letzte Kriegsschiff der Lai-own vernichtet war und ein Kapitulationsangebot übermittelt wurde. Die Lai-own hatten die Flotte außerdem mit einer interessanten Neuerung überrascht: Die Pinasse, ein kleines Beiboot, konnte Raketen zum Ziel bugsieren und deren Flugbahnen rascher aktualisieren als größere Schiffe, die möglicherweise einige Lichtminuten entfernt manövrieren mussten.
Die Pinassen waren taktisch wertvolle Ergänzungen, doch nur wenige überstanden die Gefechte. Seit dem Krieg gegen die Lai-own wetteiferten die Kadetten um das Recht, die silbernen Blitze eines Pinassenpiloten tragen zu dürfen. Dies war zugleich ein Statussymbol und die Eintrittskarte in die elegante, strahlende Welt der Jachtklubs.
Fraglich war allerdings, wie viele dieser Kadetten sich derart ins Zeug gelegt hätten, wenn tatsächlich noch ein Krieg im Gange gewesen wäre. Vermutlich nur sehr wenige, dachte Martinez.
Als er mit den Lai-own in der Operationszentrale saß, wünschte er sich, sie und nicht die Menschen hätten die Los Angeles bemannt. Ein Lai-own wäre mühelos fähig, den komplizierten Rettungsplan für die Midnight Runner in die Tat umzusetzen, ohne sich hemmungslos zu übergeben.
Nun aber musste irgendein unbekannter Mensch, höchstwahrscheinlich ein unerfahrener Kadett, diese Aufgabe erledigen. Martinez bereute es fast schon wieder, überhaupt einen Plan ausgearbeitet zu haben. Hätte er darauf verzichtet, dann wäre der Rettungspilot gar nicht erst in diese gefährliche Lage geraten.
Während der langen Wartezeit gingen zwei Nachrichten /Mails bei ihm ein. Die erste kam von der Los Angeles : Auf Bitten des Kommandanten habe man eine Pinasse auf eine Rettungsmission geschickt. Die zweite kam von der Pinasse selbst. Es gab kein Bild, nur eine Tonspur. Seine Botschaft sei angekommen.
Kadett Caroline Sula . Den Namen Sula hatte Martinez schon gehört, konnte sich aber nicht mehr erinnern, wo es gewesen war. In der Hohen Stadt gab es einen Sula-Palast, also war es wohl eine alte Familie. Peers von höchstem Rang. Allerdings hatte er weder in Regierungskreisen noch in der Zivilverwaltung oder beim Militär jemals diesen Namen gehört, was für eine vornehme Familie höchst ungewöhnlich war. Er fragte sich, ob Kadett Sula die letzte lebende Vertreterin ihres Klans war.
Er zögerte einen Moment, dann benutzte er Flottenkommandeur
Enderbys Code, um die Personalakte abzurufen. Enderby wollte möglicherweise wissen, wer die Rettungsmission durchführte.
Du meine Güte. Martinez hatte müde auf seinem Stuhl gehockt, aber als Caroline Sulas Abbild auf dem Bildschirm erschien, fuhr er auf. Sie war eine außergewöhnliche Erscheinung - helle, beinahe durchsichtige Haut, smaragdgrüne Augen, hellblondes, schulterlanges Haar. Auf dem Foto verzog sie ein wenig amüsiert den Mund, als wollte sie gleich eine ironische Bemerkung machen. Sie war äußerst fotogen. Martinez ließ die dreidimensionale Version des Fotos rotieren. Es gab keinen Blickwinkel, aus dem sie nicht gut aussah.
Hoffentlich ist sie nicht verheiratet, war sein erster Gedanke. Der zweite war der, dass ihm so etwas eigentlich egal war.
Dann bemerkte er den Titel in ihrer Personalakte. Caroline, Lady Sula. Warum hatte er noch nie von ihr gehört?
Er blätterte die Akte durch. Unverheiratet - ah, gut. Als Tochter von Peers hatte sie natürlich einen Platz auf der Militärakademie bekommen. Ihr Werdegang war ein wenig durchwachsen - schlechte Noten im ersten Jahr, im zweiten wurde es besser, ausgezeichnete Bewertungen im dritten. Nach der Abschlussprüfung hatte sie gute Beurteilungen von ihren Vorgesetzten bekommen. Immer wieder tauchten die Worte »intelligent« und »effizient« auf. Zwei Kommentare bemängelten allerdings ihren »manchmal unangemessenen Humor«. Nach dem
ersten Jahr hatte sie sich freiwillig für das Training auf einer Pinasse gemeldet und erneut Bestnoten als Pilotin erzielt. Ihre Bewertungen für Flüge unter hoher GravBelastung in schwieriger Umgebung waren gut. Martinez war froh, dass ausgerechnet sie die Mission übernommen hatte.
Anscheinend gab sie sich große Mühe, ein guter und sogar herausragender Offizier zu sein. Martinez fragte sich, warum dies so war. Die vornehmeren Peers hielten es für schlechten Stil, sich derart anzustrengen. Wer einen Palast in der Hohen Stadt besaß, brauchte sich nicht groß zu bemühen, um
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