Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
hatte, es noch einmal zu versuchen. Es gab wirklich gute Gründe, davon Abstand zu nehmen - beispielsweise den, dass Kapitän Blitsharts mit Sicherheit nicht mehr am Leben war - und den Ausgang zu fürchten.
Trotzdem, dachte sie. Trotzdem …
Vielleicht war sie einfach nur stur.
Sie schloss den Helm und schaltete den InterKom-Kanal ein. »Kadett Sula an die Operationszentrale. Ich versuche es noch einmal.«
Kaum dass sie die Übertragung beendet hatte, ergriff sie schon wieder die Steuerhebel und startete die Düsen. Dieses Mal würde sie es nicht langsam nacheinander angehen, sondern alle drei Ebenen zugleich anpassen. Denk nicht darüber nach , sagte sie sich. Tu es einfach.
Wieder wurde ihr übel. Die Schwerkraft zerrte an ihren Lippen und Wangen, der Anzug legte sich fest um Arme und Beine. Sie konzentrierte sich verbissen auf die tanzenden orangefarbenen Linien und bemühte sich, die Bewegungen zu dämpfen.
Jetzt bewegte sich der orangefarbene Horizont nur noch in zwei Dimensionen. Etwas Scharfes stieg in ihrer Kehle empor, sie kämpfte es nieder, biss die Zähne zusammen und spannte die Halsmuskeln an, um das Blut in ihr Gehirn zu befördern. Jetzt nur noch eine Ebene. Der Horizont hüpfte auf und nieder wie der Bug eines Ruderboots, bis sie auch diese Bewegung ausgeglichen hatte. Auf einmal hüpfte ihr Magen in ihrem Bauch empor. Sie unterdrückte den Brechreiz.
»Display: Blickrichtung umkehren.« Es klang fast wie ein Gebet. Auf einmal aber sah sie die reglose Midnight Runner vor sich, und das orangefarbene Gitter war auf ihr Heck fixiert. Sie arbeitete mit beiden Kontrollen und kroch näher heran. Die abrupten Wechsel der Schwerkraft trieben ihr die Tränen in die Augen. Nur gut, dass
die Tränen nicht die virtuelle Anzeige in ihrem Gehirn stören konnten.
Allerdings setzte ihr die Schwerkraft zu. Das orangefarbene Gitter strahlte lange nicht mehr so hell wie zu Anfang. Ihr wurde schwarz vor Augen. Den glänzenden Rumpf der Midnight Runner , die jetzt direkt unter ihr war, konnte sie kaum noch erkennen. Sie bremste und hoffte, inzwischen langsam genug zu sein, und als es endgültig dunkel wurde, rief sie: »Fanghaken: zupacken!«
Die Rennjacht und die Pinasse der Flotte bestanden aus mehrschichtigen Harzpolymeren, die in Längsrichtung mit Kohlenstoffträgern verstärkt waren. Dort fand ein magnetischer Fanghaken natürlich keinen Halt. Zusätzlich aber zogen sich eisenhaltige Entmagnetisierungsstreifen durch die Rümpfe, die unter Strom gesetzt werden konnten, um Strahlung abzuhalten. Dort konnten sich die Fanghaken verankern.
Es gab einen Knall, als die beiden Schiffe sich miteinander verbanden. Ein Signalton in Sulas Kopfhörer bewies, dass die Fanghaken erfolgreich aktiviert worden waren. Dann kämpfte sie wieder mit den Steuerdüsen, um die beiden Boote zum Stillstand zu bringen.
»Display: künstlichen Horizont löschen. Display: Ekliptik zeigen.« Die Worte kamen als erstickte Schreie heraus. Gemeinsam waren die Boote viel schwerer als die Pinasse allein und reagierten nur träge auf die Steuerdüsen. Sula konnte die Ekliptik, die ihr als grüner Streifen in den Sehnerv eingespielt wurde, kaum erkennen.
Nach und nach dämpfte sie die Bewegungen der beiden Boote, doch auf einmal erschrak sie, weil sie einen neuen Widerstand spürte. Die Midnight Runner hatte schon wieder ihre Düsen gezündet. Blitsharts wehrte sich gegen sie. Wütend über diesen Verrat kämpfte sie weiter gegen die chaotischen Bewegungen an und bemühte sich, bei Bewusstsein zu bleiben, während es um sie immer dunkler wurde. Schließlich stöhnte sie klagend und frustriert.
Das Boot bebte und knirschte, als die Fliehkräfte es in unterschiedliche Richtungen zerrten. Dann endlich konnte Sula einen triumphierenden Schrei ausstoßen, denn ihr Blickfeld wurde wieder klar, und sie erkannte, dass die Ekliptik sich nur noch in einer einfachen Drehbewegung befand. Sie gab Schub, dämpfte das Kreiseln und stellte müde, aber zufrieden fest, dass das Gitter des Koordinatensystems wie ein Teppich ruhig unter ihr lag.
Blitsharts’ Boot setzte noch einmal die Steuerdüsen ein, doch Sula konnte mühelos korrigieren und empfand angesichts dieser letzten Auflehnung nur noch eine leichte Gereiztheit.
Sie schloss die virtuelle Anzeige und entfernte kopfschüttelnd Tränen und Schweiß aus den Augen, ehe sie ihr Cockpit wieder vor sich sah. Unterdessen rang sie um Atem und kämpfte gegen ihren Magen an, der noch nicht bemerkt hatte,
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