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Drei Frauen im R4

Drei Frauen im R4

Titel: Drei Frauen im R4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Weiner
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wir könnten zusammen essen gehen!« Wieder tanzten Rauchringe auf.
    »Nein, nein, wir kochen selbst«, erklärte Nele und streute Trockenkräuter in die Soße. Renate lachte gurrend auf.
    Mit einem Mal hatte ich genug. Genug von Renates Geflirte und von Neles Sparzwang und dem Hund und all den Männern, die immer nur Renate wollten und nie mich.
    Ich kroch ins Zelt, holte den Zwanzigeuroschein aus der Schachtel und stopfte ihn wütend in meinen Brustbeutel. Energisch warf ich meine Schuhe vor das Zelt und zog sie an. »Ich hau jetzt ab, und zwar nach Luzern. Macht ihr doch, was ihr wollt«, verkündete ich den anderen entschlossen.
    »Ja aber …«, stotterte Renate, und unser Nachbar ließ verzagt seine Pfeife sinken. »Was hat die denn auf einmal?«, fragte er Renate.
    »Ich bin allergisch gegen Pfeifenrauch«, fauchte ich ihn an. »Und auch gegen lauwarmes Geschwätz.«
    »Nimmst du Fuchur mit?«, fragte Nele besorgt. Es klang so, als wäre das Auto ein zweiter Hund.
    »Natürlich nehme ich Fuchur mit. Wie soll ich denn sonst nach Luzern kommen?«, gab ich gereizt zurück, obwohl ich gar nicht wusste, wie ich das Auto ohne Hilfe aus dem Schlammfeld kriegen sollte. Bestimmt musste es jemand hinten anschieben, während ich am Steuer saß und Gas gab.
    »Viel Spaß«, rief mir Renate nach. O ja, den würde ich haben, und von meinen zwanzig Euro, liebe Renate, kriegst du mal genau gar keinen Rappen ab! Ich setzte mich ins Auto. Fips geriet völlig außer sich und sprang laut kläffend um den Wagen herum, weil noch nie eine von uns alleine und schon gar nicht ohne ihn weggefahren war. Beim Rangieren musste ich aufpassen, dass ich ihn nicht erwischte. Nele rief nach ihm und fuchtelte mit den Händen, während Renate supercool aus dem Zelt hing und ihre selbstgedrehte Zigarette schmauchte. Mit aufheulendem Motor und unter eifrigem Kurbeln am Steuerrad schaffte ich es schließlich, Fuchur von der Stelle zu bewegen. Die Räder ließen Schlammfontänen aufspritzen.

    Als ich endlich festen Asphalt unter den Rädern hatte, drehte ich das Radio laut. Ich hatte Glück, es lief gerade Van Halens Jump . Echter Hörgenuss klang sicher anders, denn einer der Lautsprecher knatterte eher aufgeregt, als dass er den Song wirklich übertrug. Es war mir egal, ich ignorierte alles und schob den Rest beiseite. »Jump!«, sang ich laut mit und hopste auf meinem Sitz dazu auf und ab. Ich hatte eine Kerbe in den Urlaub reingehauen, indem ich abgehauen war. Das war einerseits gut und andererseits ein schreckliches Gefühl. Jump!, forderte mich Van Halen wieder auf, und ich tat, was das Lied mir befahl, auch wenn ich mir beinahe den Kopf anrumste. Ich fühlte ich mich so großartig, doch kaum dass » My friend juhuhump « verklungen war, großartig beschissen. Immer wieder tauchten Bilder von Renate und Nele auf, wie sie im Zelt saßen, dem Regen zuhörten und darüber sprachen, warum ich so bockig war, was ich gegen Pfeifenraucher hätte und dass ich es noch bereuen würde, alleine losgezogen zu sein. In meinen Gedanken vermieteten die beiden bereits meinen frei gewordenen Schlafplatz an den Pfeifenraucher.
    Aber ich drehte nicht um. Unweit des Sees erkannte ich im Nebel die hölzerne Brücke von Luzern. Jede Art von Ablenkung war mir jetzt willkommen. Ich lenkte Fuchur, so gut es ging, um ein paar Ecken und suchte Straßen, die mich zu der Brücke führten. Fuchurs Reifen waren nicht die besten, und ich schlitterte mit dem Wagen hin und her. Dann endlich, eine Haltebucht. Ich wirbelte mit der Pistolenschaltung wild herum, kurbelte, und Fuchur fand endlich einen Platz.
    Unschlüssig verließ ich den Wagen und suchte nach einer Tafel, die mir die Geschichte der Brücke erklären würde. Der Regen lief mir in die Augen, als wie aus dem Nichts eine Fußgängerin neben mir auftauchte.
    Sie war etwa so alt wie ich, hatte blonde lange Haare und hielt einen pinkfarbenen Schirm in der Hand.
    »Möchten Sie mit unter den Schirm kommen?«, bot sie mir an.
    Ich nickte etwas verunsichert und fragte mich, warum sie mich ansprach.
    Sie musterte mich von oben bis unten. »Sie sehen lustig aus«, sagte sie dann. »So wie ich in meiner Jugend ausgesehen habe. Ist das ein selbstgenähter Rock?« Ich grinste breit. »Und dieses T-Shirt, da haben Sie doch Löcher reingeschnitten?« Ich nickte. Ja, so war das damals. Um die Sachen noch ein wenig bunter zu machen, schnitten wir kleine Löcher in die Oberteile und nähten sie mit bunten Garnen wieder zu, so dass

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