Drei Frauen und ein Braeutigam
Betrunkenen hindurchtaumelt. Allein.
»Dieser schreckliche kleine Kerl hat mir gerade in den Hintern gekniffen und mir angeboten, mich auf eine ›schnelle Numero‹ zu ihm zu begleiten«, erzählt Grace entrüstet und lässt sich auf den Barhocker neben mir fallen.
»Und was hast du gemacht?«, hake ich schnell nach.
»Ihm gesagt, er soll sich verziehen. Er war zwar Italiener, aber das hat er genau verstanden.«
Wir sehen uns enttäuscht an. »Und was ist passiert?«
»Er tat, wie ihm befohlen«, kichert Grace. »Er verzog sich.«
»Er ist weg?«, fragt Tanya betroffen.
»Er ist da-a-lang!«, trällert Grace trunken und deutet zur Tür.
»O Romeo! Warum denn Romeo?«, nuschelt Tanya weinerlich.
»Er ist gerade auf seiner Piaggio davongeprescht«, sagt Louis und reicht ihr seine Flasche Sol.
»Wohl kaum der romantische Abgang, den Shakespeare im Sinn hatte«, murmle ich hinter meinem dritten Tequila.
Gegen Mittag sind wir zurück im Hotel, schließen die Fensterläden und purzeln in die Betten. Wir sinken alle gleichzeitig in Morpheus‘ Arme; bis auf Louis, den ich noch vage höre, bevor ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf sinke, und der anscheinend im Bad Macarena summt.
Aus dem Nachbarzimmer dringt ein schriller Schrei und reißt mich aus dem totalen Blackout. Ich zwinge mich dazu, meine verklebten Augen zu öffnen, und sehe verschwommen, wie Tanya mit nacktem Hinterteil und in Panik in unser Zimmer stürzt.
»Ollie, Grace, Ollie, Grace.« Sie schwirrt zwischen unseren Betten hin und her wie eine große Schmeißfliege, die hinter einem Fenster gefangen ist. »Wacht auf, wacht auf!«
»Was denn? Was!«
»Wir haben unseren Flieger verpasst!«
»Was!« Ich setze mich viel zu schnell kerzengerade im Bett auf, woraufhin sich in meinem Kopf alles heftiger dreht als das Mädchen in Der Exorzist.
»Wir haben den Flieger verpasst?«, kreischt Grace, kullert aus dem Bett und klaubt ihre Kleider zusammen, die sie vor sechs Stunden auf dem Boden verstreut hat.
»Na ja, genau genommen noch nicht, aber der Flug geht in dreißig Minuten. Und ich glaube kaum, dass wir es schaffen, in dieser Zeit zu packen und zum Flughafen zu kommen, oder?«
»Mist! Mist! Mist!« Grace versucht gerade, ihr linkes Bein durch den rechten Ärmel der hauchzarten Strickjacke von Kookai zu stecken, die sie gestern anhatte.
»Bedeutet das, dass ich weiterschlafen kann?«, frage ich müde, lege mich wieder hin und ziehe die Decke über den Kopf.
»Nein, verdammt noch mal!«, jault Grace und hüpft an mir vorbei. »Wir haben dreißig Minuten, und wir werden sehr wohl versuchen hinzukommen!«
Grace und ich laufen wie zwei Geistesgestörte durchs Zimmer, werfen Klamotten in Taschen, fegen ganze Regalbretter mit Deos und Shampoos einfach hinterher und schaffen es, innerhalb von acht Minuten in beiden Zimmern zu packen. Erst da merken wir, dass uns etwas Entscheidendes fehlt.
»Louis«, kreischt Grace. »Wo zum Teufel steckt Louis?«
»Wie ich ihn kenne, ist er wieder losgezogen!«, behauptet Tan, die uns die ganze Zeit nur im Weg gestanden hat.
»Das glaube ich nicht. Ich war vor zwei Stunden kurz wach, und da war er im Zimmer.«
»Du bist vor zwei Stunden wach gewesen!«, wiederholt Grace fassungslos. »Verdammt, warum hast du uns da nicht alle geweckt?«
Als Grace in der Hoffnung ins Badezimmer spurtet, dass Louis eventuell hinter dem Duschvorhang eingeschlafen ist, nutze ich die Gelegenheit, Tan zu befragen. »Hast du das mit Absicht getan?«
»Was denn?«
»Ich habe es Grace gegenüber nicht erwähnt, aber irgendjemand hat den Wecker ausgestellt.«
»Wirklich?«
»Ja. Ich hatte ihn so gestellt, dass wir genügend Zeit gehabt hätten. Hast du ihn ausgestellt?«
»Ich?« Sie legt eine Hand auf die Brust. »Ich soll so etwas getan haben?«
»Du warst es, stimmt‘s?«
Sie hält einen Moment mit aufgerissenem Mund inne, als sei sie entsetzt von dem Gedanken, dass ich ihr anscheinend so etwas zutraue. Dann seufzt sie in gespieltem Schuldbewusstsein. »Also gut, du hast mich ertappt. Ich geb‘s zu. Ich hab‘s getan. Bist du jetzt sauer?«
»Sauer!«, entfährt es mir. »Sauer! Ich bin stinksauer...« Tanyas Grinsen verschwindet. »Stinksauer«, fahre ich fort, »weil ich nicht von selbst darauf gekommen bin.« Ich drücke sie fest an mich. »Kluges Kind, jetzt können wir nur noch hoffen, dass wir Louis nicht finden, und dann sitzen wir in Rom fest!«
Leider ertönt zwei Minuten später ein Aufschrei, als Grace Louis
Weitere Kostenlose Bücher