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Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Titel: Drei Frauen und los: Roman (German Edition)
Autoren: Delia Ephron
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gerechnet, belehrt und schikaniert zu werden. Aber darauf war sie nicht vorbereitet. Harry tut ihr mehr leid als sie sich selbst. Das war schon immer so.
    Das jüngste Enkelkind reißt sich von seiner Mutter los, durchquert die Bar, läuft zum Käfig, streckt die Arme durch die Stangen und umschlingt Ritas Beine. »Bitte komm nach Hause, Grandma.«
    »Schätzchen, das darfst du nicht machen«, sagt Rita und befreit sich. »Steck deine Arme nie in einen Löwenkäfig.«

44
    Der Clan zwängt sich in den Van. Die Kinder streiten, wer wo sitzen darf, neben welcher Mom, welchem Dad, Tante, Onkel oder Cousin und Cousine. Drinnen im Lion sammelt Rita ihre Habseligkeiten ein. Es sind nicht viele, ein Pullover auf einem Haken in der Küche, eine große Tasse, aus der sie zwischen ihren Auftritten Tee getrunken hat.
    Sie wickelt die Tasse in Papierhandtücher und starrt dann das unförmige Objekt an, als wüsste sie nicht, was es ist. Sie legt das Paket auf die Theke, es rollt zur Seite. Sie wickelt die Tasse wieder aus und stellt sie auf die Tischplatte.
    Hinter ihr lehnt Clayton an der Tür und sieht ihr zu. »Lass dich von dem Stinktier scheiden, und heirate mich.«
    Rita dreht sich um. »Ich habe gar nicht gemerkt, dass du da bist. Ich glaube, die hier brauche ich nicht. Ich habe genug Geschirr.«
    Er richtet sich auf und kratzt sich an einer Augenbraue.
    »Ich muss mit dir über Marcel reden«, sagt sie.
    »Es liegt ein Angebot auf dem Tisch.«
    »Das finde ich sehr nett, aber …« Sie schüttelt den Kopf.
    »Ich bleibe dabei.«
    »Danke.«
    Rita stößt die Fliegengittertür auf, tritt hinaus in den Sonnenschein und schaut in die Landschaft. Als sie anfing, im Lion zu arbeiten, konnte sie aus dem Küchenfenster in diese Richtung schauen. Sie mochte das hellblaue Licht des Spätnachmittags, gelegentlich durchsetzt mit pinkfarbenen Federwolken, während sie vor der Öffnung der Bar die Gläser vorbereitete. Als sie später mit Marcel spazieren ging, hatte sie ebenfalls diesen Ausblick: die ungepflegte Wiese und dahinter der Hügel, den sie und Marcel jeden Morgen bestiegen, um den neuen Tag zu begrüßen. Wenn sie die Vögel hörte, verspürte sie immer Hoffnung und ein Glücksgefühl. Ihre Lebendigkeit war ansteckend. Marcels Ohren zuckten dann nach vorn. Beim ersten Mal fragte sie sich: Hört er etwas Neues, oder entdeckt er Geräusche, die er seit Jahren nicht mehr vernommen hat? Manchmal vergrub Marcel seinen Kopf im nassen Gras, so wie jemand seine Nase in die Blüte einer duftenden Rose steckt, um sich vom Geruch überwältigen zu lassen.
    »Nicht hier draußen«, sagt sie und ändert ihren Entschluss. »Ich kann es nicht ertragen, hier zu reden.«
    Sie geht wieder hinein, setzt sich an den Küchentisch, wartet, bis Clayton ihr gegenüber Platz genommen hat, und beginnt dann in ernstem Ton zu sprechen. »Marcel braucht die Weite der Landschaft. Er braucht einen Garten. Zäunst du ihm die hintere Wiese vor den Falttüren ein?«
    »Warum gehst du fort?«
    Rita hält den Blick starr auf ihre Hände gerichtet, die gefaltet vor ihr auf der Tischplatte liegen. »Vielleicht könntest du einen Zugang vom Käfig aus bauen, damit er auf einfache Weise ins Außengelände gelangen kann. Er ist so gern draußen, besonders in der Früh.«
    »Harry ist ein tiefes, kaltes Grab.«
    »Ich habe ihn geheiratet«, sagt sie ausdruckslos.
    »Das ist kein Verbrechen.«
    »Ohne mich ist er aufgeschmissen. Er versucht oft so zu tun, als wäre das nicht so, weißt du, aber innerlich ist er ein kleiner, einsamer Mann, glaube ich. Das war … das waren Ferien. Ein Traum. Aber ich bin nicht mehr jung. Ich habe Entscheidungen getroffen. Ich habe Verantwortung über nommen. Ich habe das ignoriert, so getan, als hätte ich keine Vergangenheit, keine Verpflichtungen. Aber das stimmt nicht. Jeder hat das. Machst du das alles für Marcel? Schenkst du ihm einen Garten?«
    »Ich fange gleich morgen damit an.«
    Er legt seine Hände auf ihre. » Did you ever see a robin wee p/ When leaves begin to die? – Hast du, wenn die Blätter sterben , / Einmal ein Rotkehlchen weinen gehört?«
    »Verzeihung?«
    »Verdammt, wenn ich nur wüsste, ob Gedichte das sind, was du willst.«
    »War das ein Gedicht?«
    »Hank Williams.«
    »Oh. Gefällt mir.«
    Sie zieht ihre Hände unter den seinen hervor. »Ich danke dir für alles, Clayton. Meinst du, du könntest meine Bibliotheksbücher zurückgeben? Da ist eines dabei, das heißt Cat Watching . Es geht um Hauskatzen,
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