Drei Schwerter für Salassar (Gesamtausgabe): Die Saga der Adamanten-Welt (German Edition)
hatte ihm Churasis gesagt, dass selbst der Hohepriester aus Dhasors Tempel nur einen Kristall zweiten Grade regieren konnte.
Doch der Khoralia des Churasis war ein Stein vierten Grades.
Viele Künste der dunklen und der hellen Magie musste man beherrschen, wenn man einen solchen Kristall benutzen wollte.
Jurac wusste nur zu gut, dass die Steine für Menschen, die sie nicht zu beherrschen vermochten, tödlich waren. Sie griffen nach dem Gehirn des Frevlers, der die Hand nach ihnen ausstreckte und es wagte, ihnen seinen Willen aufzuzwingen. War der Wille des Menschen zu schwach, dann sog der Kristall das Bewusstsein des Menschen in sich auf und ließ einen Irrsinnigen zurück.
Daher ging Churasis offensichtlich so sorglos mit seinem Sternstein um. Er konnte es sich leisten. Oder er glaubte es zumindest.
Jurac aber war einer jener Diebe, die nach der Würde des Patriarchen in der Diebesgilde der »fließenden Finger« schielten. Seit in Salassar bekannt geworden war, dass Oreander und Nallorge, die ehemaligen Diebeskönige von Salassar, für immer und ewig im Labyrinth des Diebesgottes gefangen waren, gab es viele wagemutige Männer, die nach dieser zweifelhaften Würde schielten.
In den Diebesgilden von Salassar war es üblich, dass man seine Fähigkeiten durch besonders wagemutige Taten beweisen musste. Als Schiedsrichter hatte sich Pholymates, der Oberherr, selbst angeboten.
Jurac war sicher, dass ihn ein Khoralia-Kristall vierten Grades in die erste Reihe der Bewerber bringen würde.
Deshalb ging Jurac das Risiko ein, die Rache eines Zauberers auf sich herab zubeschwören. Wenn Churasis jetzt vom Gesang des Nachtwächters wach wurde, dann musste sich Jurac eine ganze Menge einfallen lassen, was er dem Zauberer als Ausrede erzählen konnte, um seine Anwesenheit hier zu begründen.
»In Ugraphur hat man mal einen gesteinigt, der keine richtige Ausrede hatte«, lautete ein Sprichwort in Salassar.
Jurac stand mitten in dem mittelgroßen, hochgewölbten Zimmer, das für Churasis Wohnung und Zauber-Refugium zugleich war. Wie üblich sah es darin aus, als hätten neunhundertfünfundneunzig grünschwänzige Dämonen dort eine kleine Feier abgehalten. Jurac dankte in seinem Inneren schon Mano, dem Gott aller Diebe, dass er bis hierher vorgedrungen war, ohne ein Geräusch zu verursachen.
Nur noch drei Schritte - dann war er am Ziel. Die Umhängetasche, ohne die Churasis nie anzutreffen war, hing achtlos über einem Stuhl neben einem Tisch, wo alchimistische Geräte und die Reste des kärglichen Abendbrots in sonderbarem Stilleben nebeneinander angeordnet waren.
Jurac hörte Churasis im Schlaf schmatzen. Gewiss hatte sich der Zauberer einen Traum herbei gewünscht, in dem er die köstlichsten Gerichte verspeisen konnte, die er sich sonst niemals zu leisten vermochte.
Doch ansonsten lag Churasis in tiefem Schlaf. Mit angehaltenem Atem machte Jurac den nächsten Schritt. Es gelang ihm, das Gleichgewicht auszubalancieren, als er unversehens auf einer Milchpfütze ausglitt und fast einige Glasgeräte mit einer grünlich dampfenden Flüssigkeit umgestoßen hätte, die Churasis aus unerfindlichen Gründen nicht auf den Tisch gestellt hatte.
Noch einen Schritt... Noch einen... Dann genügte die Distanz.
Jurac holte noch einmal tief Luft. Dann griff er vorsichtig in die Umhängetasche des Zauberers.
Und dann krallte eine eisige Hand nach seinem Herzen.
Im Inneren der Tasche erwachte etwas zum Leben...
***
Dhaytor, der Drachenvater, war am Ende seiner Kräfte angelangt.
Die geballte Macht der Götter war zu stark für ihn. Die unsichtbaren Fesseln, die um ihn geschlungen waren, vermochte er nicht zu zerreißen.
Widerstandslos ließ er sich von den Sturmwinden des Zardoz vorantragen. Tief unter ihm lag die grüne Ebene des Landes Cabachas wie ein grüner Teppich, in dem farbige Punkte die Städte, Dörfer oder Ansiedlungen markierten. Wie ein Silberband tauchte der Fluß Thlay auf, hinter dem sich eine ungeheure Gebirgskette von den Gestaden des Eismeers bis nach Paro, einer großen Stadt im Süden, zog.
Schon schwebte er über das zackige Felsengebirge hinweg. Und Dhaytor wusste genau, was ihn inmitten der Berge erwartete.
Das dunkle Tor des Jhardischtan.
Hier war der Eingang in jenes Reich, das unter den Füßen der Sterblichen schlummerte. In dieser Grotten-Welt unter der
Weitere Kostenlose Bücher