Dreifach
empfangen. Tofik sah zu, wie der Agent Gepäckträger herbeiwinkte und die beiden fortführte; dann ging er durch einen anderen Ausgang zu seinem Wagen. Bevor er einstieg, zog er sein Jakkett aus, löste seine Krawatte und setzte eine Sonnenbrille und eine weiße Baumwollmütze auf. Nun würde er nicht mehr ohne weiteres als der Mann zu erkennen sein, der am Treffpunkt gewartet hatte. Er nahm an, daß der Agent seinen Wagen im Parkverbot direkt vor dem Haupteingang abgestellt habe, und fuhr dorthin. Es stimmte. Er sah, wie die Träger das Gepäck von Schulz und seiner Frau in den Kofferraum eines fünf Jahre alten grauen Mercedes luden, und rollte weiter. Tofik steuerte seinen schmutzigen Renault zu der Hauptverkehrsstraße, die von Heliopolis, wo der Flugplatz liegt, nach Kairo führt. Er fuhr sechzig Kilometer pro Stunde und blieb auf der rechten Spur. Der graue Mercedes überholte ihn zwei oder drei Minuten später, und Tofik gab Gas, um ihn nicht aus dem Blickfeld zu verlieren. Da es immer nützlich ist, die Autos des Gegners zu kennen, prägte er sich die Nummer ein.
Der Himmel begann, sich zu bewölken. Während er über die gerade, von Palmen umsäumte Straße raste, faßte Tofik das zusammen, was er bisher herausgefunden hatte. Das Telegramm hatte ihm, abgesehen von dem Äußeren des Mannes und der Tatsache, daß er ein österreichischer Professor war, nichts über Schulz verraten. Der Empfang am Flughafen hatte jedoch eine Menge zu bedeuten. Es war eine Art heimlicher VIP-Behandlung gewesen. Tofik hielt den Agenten für einen Einheimischen. Darauf wies alles hin – seine Kleidung, sein Auto, die Art und Weise, wie er gewartet hatte. Schulz war also vermutlich auf Einladung der Regierung hier, aber entweder er oder die Leute, die er besuchte, wollten sein Eintreffen nicht bekanntwerden lassen.
Es war wenig genug. In welchem Fach war Schulz Professor? Er konnte ein Bankier, ein Waffenproduzent, ein Raketenexperte oder ein Baumwollaufkäufer sein. Er konnte sogar zur Al Fatah gehören. Was aber Tofik sich schwerlich vorstellen konnte, war, daß der Mann ein wiederauferstandener Nazi war. Doch alles war möglich. Jedenfalls stufte Tel Aviv Schulz nicht als wichtig ein. Hätte man es getan, wäre nicht Tofik, der jung und unerfahren war, zu seiner Überwachung eingesetzt worden. Es war sogar nicht undenkbar, daß die ganze Sache nichts als ein weiterer Teil seines Trainings war.
Sie fuhren auf der Shari Ramses nach Kairo ein. Tofik schloß die Lücke zwischen seinem Wagen und dem Mercedes, bis nur noch ein Fahrzeug sie trennte. Das graue Auto bog an der Corniche-al-Nil nach rechts ab, überquerte dann den Fluß an der Brücke des 26. Juli und rollte in den Samalek-Bezirk der Insel al-Gasira.
In dem reichen, langweiligen Vorort herrschte weniger Verkehr, und Tofik wurde nervös, weil er fürchtete, von dem Agenten am Steuer des Mercedes entdeckt zu werden. Zwei Minuten später bog der andere Wagen jedoch in eine Wohnstraße in der Nähe des Offiziersklubs ein und hielt vor einem Apartmentgebäude mit einem Jakarandabaum im Garten. Tofik bog sofort nach rechts in eine Seitenstraße ein und war außer Sicht, bevor die Türen des anderen Autos sich öffnen konnten. Er parkte, sprang hinaus und eilte zur Ecke zurück. Von dort aus sah er gerade noch, wie der Agent, Schulz und seine Frau, gefolgt von einem Hausverwalter in der Galabiya, der sich mit ihrem Gepäck abmühte, im Haus verschwanden.
Tofik erfaßte die Straße mit einem Blick. Es gab keine Stelle, an der sich ein Mann, ohne aufzufallen, herumdrücken konnte. Er kehrte zu seinem Wagen zurück, setzte ihn rückwärts um die Ecke und parkte zwischen zwei anderen Autos auf derselben Straßenseite wie der Mercedes.
Eine halbe Stunde später kam der Agent allein heraus, stieg in seinen Wagen und fuhr davon.
Tofik machte es sich bequem und wartete.
*
Es dauerte zwei Tage, bis etwas Ungewöhnliches geschah.
Bis dahin verhielten Schulz und seine Frau sich wie Touristen und schienen Spaß daran zu haben. Am ersten Abend aßen sie in einem Nachtklub und sahen einer Truppe von Bauchtänzerinnen zu. Am nächsten Tag besichtigten sie die Pyramiden und die Sphinx, nahmen ihr Mittagessen bei Groppi und ihr Abendessen im Nile Hilton ein. Am Morgen des dritten Tages standen sie früh auf und fuhren mit einem Taxi zur Ibn-Tulun-Moschee.
Tofik ließ sein Auto am Gayer-Anderson-Museum zurück und folgte ihnen. Sie sahen sich flüchtig in der Moschee um und wandten
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