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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bea Rauenthal
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strenges Gesicht erhellte … Keine ihrer Marotten mehr zu erleben, wie diese bescheuerte Idee, die Fahndungsergebnisse ausgerechnet auf Wachstäfelchen zu notieren … Sie war so hübsch gewesen, als das Dope sie ganz locker gemacht hatte. Ja, wenn er nicht das Gefühl gehabt hätte, die Situation auszunutzen, hätte er sie eigentlich gerne geküsst … Lutz schluckte, als ihm dies plötzlich bewusst wurde.
    »He …« Herbert stieß ihn in die Rippen und nickte in Richtung des Tors, das nun aufschwang. Lutz reckte sich und spähte über die Köpfe der vor ihm Stehenden. Begleitet von einem Dutzend Soldaten erschien Bischof Leonard vor der Menge. Ein Wink von ihm – und das Stimmengewirr erstarb.
    Gut , dachte Lutz erleichtert, der Mann versteht es, eine große Menschenansammlung zu bändigen.
    »Bürger dieser Stadt«, der Bischof sprach nicht besonders laut, und trotzdem schien seine Stimme bis in die hintersten Winkel des Platzes zu dringen, »wie Ihr alle wisst, hat sich in dieser Stadt ein schreckliches Verbrechen ereignet. Pater Lutger, den ihr alle geliebt und respektiert habt, ein Geistlicher, der weit über die Grenzen dieses Landstrichs hinaus hochgeachtet war, wurde ermordet.«
    Die Menge brach in ein wütendes Geheul aus, das Lutz erschauern ließ.
    Als Bischof Leonard die Hände hob, verstummte der Lärm wieder schlagartig. »Ich kann Euch nicht sagen, warum Gott diesen Mord geschehen ließ. Denn die Ratschlüsse des Herrn sind für uns Menschen oft nicht zu verstehen. Zu begrenzt ist unser Geist. Zu kurzsichtig unser Denken. Aber die Vorsehung spielte mir die Mörderin Pater Lutgers in die Hände. Es gelang mir, Josepha Weber gefangen zu nehmen.«
    »Was!?« Lutz hoffte, sich verhört zu haben. Das Geschrei auf dem Platz war viel zu laut, als dass er Herbert hätte verstehen können, doch er fühlte, dass der Freund erschrocken zusammenzuckte.
    »Tötet die Hexe!«
    »Josepha Weber muss sterben.«
    »Lasst nicht zu, dass sie unsere Stadt noch länger mit ihrem teuflischen Tun verpestet.«
    Der Bischof gab den Menschen eine ganze Weile Zeit, ihren Hass hinauszubrüllen. Als er erneut das Wort ergriff, verschwand Lutz’ letzte Hoffnung, dass sich alles als ein großes Missverständnis erweisen würde.
    »Ja, ihr sagt es ganz richtig!«, rief der Bischof. »Josepha Weber ist eine Hexe, und sie wird den Tod erleiden, den eine Hexe verdient. Am Tag des heiligen Odilo wird sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden.«
    Das ist nicht nur ein Albtraum, durchfuhr es Lutz. Das ist schlimmer, als je ein Albtraum sein könnte. Er hatte keine Ahnung, warum der Bischof so handelte, aber ihm war klar, dass er irgendein perfides Spiel trieb. Als die Menge sich endlich zu zerstreuen begann, beugte er sich zu Herbert: »Wann in drei Teufels Namen ist der Tag des heiligen Odilo?«
    »Na ja, das weißt du doch.« Der Freund musterte ihn verwundert, als hätte er den Verstand verloren. »In fünf Tagen.«
    Nicht sehr viel Zeit, um Jo aus ihrem Gefängnis herauszuholen … Lutz ballte die Hände zu Fäusten. Und herausholen würde er sie, und wenn es ihn selbst den Kopf kosten sollte. Er musste unbedingt mit Äbtissin Agneta reden. Vielleicht wusste sie einen Rat.
    Als Jo zu sich kam, dröhnte ihr wieder einmal der Kopf, als wollte er zerspringen. Weiterschlafen, diesen hämmernden Schmerz nicht mehr fühlen … Sie versuchte, sich umzudrehen, und spürte, dass sie ihre Arme und Beine nicht mehr bewegen konnte. Der Autounfall … War sie etwa aus dem Mittelalter-Albtraum erwacht und befand sich in der Gegenwart in einem Krankenhaus? War sie so schwer verletzt worden, dass sie gelähmt war?
    Panisch riss sie die Augen auf. Nein, keine Decke mit Neonröhren tat sich über ihr auf. Stattdessen blickte sie auf einen Baldachin aus rotem, mit Goldfäden besticktem Samt. Sie kannte diesen Baldachin. Er gehörte in Leonards Schlafzimmer. Benommen versuchte Jo, sich aufzurichten, was ihr wieder misslang. Was war nur mit ihr los? Sie schielte an sich hinab. Nun sah sie, dass ihre Arme und Beine mit Stricken gefesselt waren. Wie eine alles außer der Angst auslöschende Schockwelle suchte sie die Erinnerung an den Fund im Nebenraum heim: der blutverkrustete, mit blauer Seide gefütterte Mantel. Der Mantel des Mörders … Sie bäumte sich auf und zerrte an ihren Fesseln.
    »Lasst das sein. Ich habe die Stricke sehr sorgfältig verknotet. Ihr werdet sie nicht aufbekommen«, vernahm sie nun eine vertraute, samtige Stimme. Jo begriff.

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