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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bea Rauenthal
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versuchen.«
    »Da gibt es zurzeit nur noch Meister Mattis in der Korngasse und Meister Wilhelm, der seine Werkstatt hinter der Andreaskirche, am Steinernen Tor, unterhält. Hast du momentan einen guten Wein im Ausschank?«
    »Ja, einen vorzüglichen Roten. Komm doch die Tage einmal in der Grünen Traube vorbei.« Lutz Jäger nickte dem Meister zu. »Du kriegst ihn zu einem Sonderpreis.«
    Jo wandte sich zum Gehen. Als sie die Werkstatt verlassen hatte und an dem Kirchenbau vorbei in Richtung der Straße lief, fiel ihr ein Junge auf, der vor ihr durch den Schnee rannte. Er war blond, vielleicht acht Jahre alt und in Lumpen gekleidet. Seine Arme und Beine waren blaugefroren vor Kälte. Wahrscheinlich hatte er auf dem Gelände herumgelungert, um zu betteln oder um etwas zu stehlen. In dieser Zeit zu den Armen zu gehören, muss sehr hart sein , durchfuhr es Jo. Erst recht für ein Kind.
    »He warte, ich möchte dir eine Münze schenken«, rief sie dem Jungen nach. Doch er hörte sie nicht und verschwand um die Ecke des Kirchenschiffs.
    Als Jo die Gasse vor der Dombaustelle erreicht hatte, war der Kleine nirgends mehr zu sehen. Um sich vor dem kalten Wind zu schützen, stellte sie sich in eine Toreinfahrt. Es war seltsam, die Kirche nun als Rohbau zu erblicken. Ab und zu hatte sie hier ein klassisches Konzert besucht. Die schmalen, hohen Fenster waren in dem Mauerwerk ausgespart, und in der Vorderfront befand sich bereits das spitzbogige Portal. Aber sonst erinnerte noch nichts an den prächtigen gotischen Bau, den sie aus der Gegenwart kannte.
    Ungeduldig trat Jo von einem Fuß auf den anderen, um sich zu wärmen. »Herzlichen Glückwunsch zu Ihren Gästen«, bemerkte sie gereizt zu Lutz Jäger, als dieser endlich herbeigeschlendert kam.
    »Na ja, man kann sich seine Kunden nun einmal nicht aussuchen«, entgegnete er nonchalant. »Ich schlage vor, dass wir als Nächstes zu diesem Meister Mattis gehen. Zur Korngasse sind es nur etwa fünf Minuten.«
    Lutz Jäger hatte recht gehabt. Zum Haus von Meister Mattis war es wirklich nicht weit gewesen. Suchend blickte sich Jo in einem mit rötlichen Steinfliesen ausgelegten Flur um. An seinem anderen Ende befand sich ein offener bogenförmiger Durchgang. Dahinter lag ein verschneiter Hof. Sie und Lutz Jäger hatten vereinbart, dass Jo sich wieder als Erste in der Steinmetzwerkstatt umhören sollte. Sie überlegte noch, ob sie in den Garten gehen oder an eine der Holztüren klopfen sollte, die vom Flur in das Haus führten, als vom Garten her ein ältlicher Mann auf sie zukam. Seinem einfachen Kittel nach zu schließen, war er ein Knecht.
    »Wo kann ich Meister Mattis finden?«, fragte Jo.
    »Geht schon einmal hier hinein.« Der Knecht wies auf eine Tür rechts von ihr. »Der Meister wird gleich in die Werkstatt kommen.«
    Ob Meister Mattis wohl auch so ein Macho ist wie die Typen auf der Dombaustelle ?, dachte Jo, während sie die Tür aufzog. Das Leben als Frau musste in der Vergangenheit wirklich ziemlich anstrengend gewesen sein. Nicht, dass es im 21. Jahrhundert immer einfach war …
    Die Werkstatt entpuppte sich als ein großer, erstaunlich heller Raum, was wohl daran lag, dass er die gesamte Breite des Hauses einnahm und in alle drei Außenmauern Fenster eingelassen waren.
    Auch hier lagerten Steinblöcke unterschiedlicher Größe und Beschaffenheit entlang der Wände, und ein Pergament war, mit einem Winkelmaß beschwert, auf einem Arbeitstisch ausgebreitet. Tonmodelle und kleine Steinproben standen zwischen diversen Werkzeugen auf einem grob gezimmerten Regal.
    Ein etwa vierzig Zentimeter hoher, roh behauener Stein auf einer Art Arbeitsblock in der Mitte der Werkstatt erregte Jos Aufmerksamkeit. Ein Tuch war darüber gebreitet gewesen, doch durch den Luftzug, als sie die Tür geöffnet hatte, war es ein Stück verrutscht. Neugierig ging sie näher. Nun erkannte sie, dass die Umrisse eines Engels aus dem rötlichen Sandstein herausgearbeitet waren. Obwohl die Gestalt noch unfertig war, strahlte sie doch eine ganz eigene Anmut aus. Sehr behutsam berührte sie einen der unfertigen Flügel.
    »Kann ich Euch helfen?« Eine Männerstimme ließ sie herumfahren.
    »Entschuldigt, ich fand die Statue einfach schön«, sagte sie hastig.
    Ein mittelgroßer Mann Ende zwanzig stand vor ihr. Sein schmales Gesicht mit den dunklen Augen drückte Sensibilität aus, ohne dabei weich zu wirken. Ein unbestreitbar attraktiver Typ …
    »Josepha, Ihr seid es …« Er sah sie überrascht, aber

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