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Dreiländermord

Dreiländermord

Titel: Dreiländermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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Baustellenbesichtigung in eine Baugrube
fiel, just in dem Moment, da aus mehreren Rohren Beton eingefüllt wurde. Nachdem
man Wirthding endlich aus dem nassen und schweren Gemisch herausgeholt hatte, war
er bereits erstickt.
    Interessanterweise waren die Anzeigen in der Tageszeitung ebenso wie
in dem Wochenblättchen vom Unternehmen, der Innung und den verschiedenen Vereinen,
denen Wirthding angehört hatte, in Auftrag gegeben worden. Eine Familienanzeige
fehlte. Dass der Bauunternehmer alleinstehend gewesen war, las Böhnke erst, als
er einen weiteren Bericht im Wirtschaftsteil fand, in dem Wirthdings Verdienste
um das Baugewerbe in der Region gewürdigt wurden.
    Mehr der Vollständigkeit halber denn aus Vernunftgründen fügte Böhnke
die Berichte über Wirthdings Ableben den Unterlagen in seinem Aktenordner bei. Der
Lebensmittelhändler, der Pastor, jetzt Wirthding, sie hatten eines gemeinsam mit
dem verstorbenen Journalisten: Sie waren allesamt Junggesellen gewesen. Das war
bestimmt nur Zufall. Böhnke schob seine gesammelten Fakten hin und her. Es kamen
allerdings immer nur zufällige Verbindungen heraus: Der Lebensmittelhändler und
der Journalist waren nicht nur Junggesellen, sie waren auch homosexuell und hatten
sogar einmal Kontakt miteinander gehabt. Der Redakteur und der Pastor hatten Selbstmord
begangen.
    »Das kommt in den besten Familien vor«, sagte Böhnke laut in den Raum
hinein. Für einen Zuhörer wäre nicht klar gewesen, ob er damit die Selbstmorde,
das Junggesellendasein oder die Homosexualität meinte. Doch es gab ja niemand, der
ihn danach fragen würde.
    Warum er sich dennoch weiter mit Wirthding beschäftigen würde, hätte
Böhnke rational nicht begründen können. Wahrscheinlich hatte es damit zu tun, dass
sie beide einen Unfall erlitten hatten, eventuell lag es auch daran, dass Wirthding
bei ihrem Gespräch in seinem Büro nicht gerade freundlich zu ihm gewesen war. Vielleicht
war es auch nur eine Retourkutsche gegenüber seiner Liebsten, die ihm nichts von
dem Attentatsversuch gesagt hatte. Sie wollte ihn unbedingt ruhigstellen, er wollte
unbedingt raus. Und da musste der verstorbene Wirthding ran, weil es sonst nichts
zu ermitteln gab. In seiner eigenen Angelegenheit kam er nicht weiter, weil Megrette
immer noch nicht für ihn zu sprechen war und er beim eigentlich nicht zugestandenen
Telefonat wieder mit der Zusicherung vertröstet wurde, Megrette würde sich unverzüglich
bei ihm melden, wenn er etwas berichten könnte.

13.
    Genugtuung, ja, Böhnke würde es als Genugtuung beschreiben, was Angelikas
Eltern empfanden, als er sie bei seinem Besuch in Stolberg auf das Schicksal von
Wirthding ansprach.
    »Hoffentlich ist er qualvoll verreckt«, bemerkte der Vater des Mädchens
ohne Mitleid. »Der hat meine Tochter auf dem Gewissen, da ist es gut, dass er jetzt
endlich auch tot ist.« Die Ermittlungsergebnisse der Polizei missachtete der Mann
ebenso wie das lupenreine Alibi von Wirthding.
    Doch Böhnke schwieg angesichts dieser Unsachlichkeit des auch nach
Jahren noch verbitterten Vaters. Es würde seine eigenen Absichten unterlaufen, wenn
er den Mann gegen sich aufbrachte. Deshalb ließ er ihm die subjektive, falsche Sichtweise.
    »Sie sprachen letztens von einer Freundin Angelikas, die die Verabredung
mit Wirthding mitbekommen haben soll«, fing Böhnke vorsichtig an.
    »Ja. Aber wir haben Ihnen auch gesagt, dass sie sich aus Deutschland
abgesetzt hat. Sie ist nicht mehr da«, unterbrach ihn die Mutter, die mit einem
Tablett ins Wohnzimmer gekommen war und Kaffeegedecke auf dem kleinen Couchtisch
abstellte.
    »Sie hat gewiss Verwandte in Deutschland«, fuhr Böhnke ruhig fort.
»Wo wohnen die denn?«
    Die Eltern schauten sich fragend an, als suchten sie gemeinsam nach
einer Antwort.
    »Susanne, so hieß sie wohl, wohnte in Übach-Palenberg,
glaube ich jedenfalls«, ließ sich endlich die Mutter vernehmen. Sie füllte vorsichtig
den Kaffee in die Tasse, ohne Böhnke zu fragen, ob er welchen wollte. »Mit Familiennamen
hieß sie Schabulsky oder so.«
    »Polnischer Landadel«, ergänzte der Vater hämisch. »Die sind wohl auch
aus der Walachei oder den masurischen Wäldern ins Rheinland gezogen, um hier in
den Zechen des Aachener Reviers zu arbeiten. Da wimmelt es nur so von Tibulskys,
Schmittkowskys oder so.«
    Wieder hielt sich Böhnke mit einem Kommentar zu dieser abfälligen Bemerkung
zurück. Der Mann brauchte offenbar diese Art von Ventil, um von seiner eigenen misslichen
Lage

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