Dreiländermord
sich
aufmerksam machen wollte.
Warum der verstorbene Journalist diese Nummer notiert hatte, wurde
Böhnke klar, als sich der Anrufer vorstellte. Immerhin war die Polizei meistens
der erste Ansprechpartner bei Fragen zu Verbrechen aller Art.
»Rennickens hier«, hörte Böhnke. »Bescheidene Frage, Herr Kollege:
Geht es Ihnen besser und bleibt es bei Mittwoch?«
»Gut und ja«, erwiderte Böhnke, verwundert, dass Rennickens danach
fragte. »Haben Sie Anlass zu der Vermutung, ich könnte unseren vereinbarten Termin
absagen?«, wollte er vorsichtig wissen.
»Nein. Ich wollte mich nur vergewissern. Und ich wollte Ihnen quasi
in einem Zwischenbericht mitteilen, dass ich noch nichts habe finden können.«
»Wo nichts ist, kann man auch nichts finden«, äußerte Böhnke gelassen.
»Aber ich habe noch eine Hoffnung. Am Montag hole ich meinen Besuch in Kelmis nach.«
»Sie fahren doch nicht selbst, oder?« Rennickens lachte bei dieser
Frage. »Sie wissen ja, wie gefährlich die Straßen in Belgien sind.« Er schluckte
hörbar. »Kommen Sie gesund wieder. Ich freue mich auf Mittwoch.«
»Ich freue mich auf Mittwoch.« Küpper echote übelgelaunt Rennickens’
Satz, als Böhnke ihn abends über das Telefongespräch informierte.
Nach seiner Interpretation hielt der Pensionär sich nach wie vor an
die Spielregeln, die Lieselotte mit ihm vereinbart hatte: ein Telefonat pro Tag.
Was konnte er dafür, dass er ständig angerufen wurde?
»Dieser Scheinheilige. Der kommt nur, um für sich
Informationen zu bekommen.« Der Bernhardiner knurrte in das Telefon. »Dem geht es
nur darum, alle möglichen Beweise zu entkräften, die die Selbstmordtheorie bei Geffert
ins Wanken bringen könnte. Der hat sich auf Selbstmord festgelegt und damit basta!«
Seine Antipathie war unverhohlen. »Da wäre ich gerne dabei, wenn du dich mit diesem
Arschloch triffst.«
»Kannst du gerne machen. Ich lade dich hiermit ein.« Böhnke wusste,
dass Küpper ablehnen würde.
»Geht nicht«, kam die prompte Erwiderung. »Im Gegensatz zu dir muss
ich arbeiten. Und selbst, wenn nicht. Mit diesem Kerl setze ich mich freiwillig
nicht mehr an einen Tisch.«
Über Roetgen oder durchs Hohe Venn? Böhnke hatte
auf diese Frage von Megrette gewartet, als dieser am frühen Morgen in Huppenbroich
erschien. Er sei so rechtzeitig gekommen, weil sie viel zu erledigen hätten, begründete
der belgische Kommissar sein für Böhnke überraschend frühes Erscheinen. Böhnke hatte
gerade erst sein Frühstück beendet, als Megrette den Klingelknopf an der Eingangstür
gedrückt hatte.
Über Roetgen oder durchs Hohe Venn? Für Böhnke keine Frage, auf die
ihm keine Antwort einfiel: »Selbstverständlich durchs Hohe Venn, auf meiner alten
Strecke. Ich muss doch den Tatort meines angeblichen Unfalls inspizieren.« Er betrachtete
seinen Fahrer und hatte Mühe, sich an das Gesicht zu erinnern. Konnte sein, konnte
auch nicht sein, dass Megrette in dem damaligen Entführungsfall der Aachener Karnevalsikone
eine wichtige Rolle bei der belgischen Kriminalpolizei gespielt hatte.
Megrette entschuldigte sich während der Autofahrt wortreich und umständlich
dafür, dass er und die anderen Böhnke das Attentat auf seine Person verschwiegen
hatten. »Wie gesagt, wir haben uns alle an die strikten Anweisungen Ihrer Frau und
Ihrer Ärzte gehalten.«
Die Sorge um ihn berührte Böhnke, sie machte ihn sogar ein wenig stolz.
Er musste schlucken und richtete dabei seinen Blick auf die Straße. Die Strecke
kam ihm anders vor als bei seiner ersten Fahrt in Richtung Kelmis. Die Landschaft
erschien ihm reizvoller, überhaupt nicht bedrohlich.
»Lassen Sie sich bloß nicht von der beschaulichen Natur täuschen«,
mahnte ihn Megrette. »Das Hohe Venn ist launisch und hat Sie schneller gefangen
genommen, als Sie sich vorstellen können. Dabei haben wir hier noch viel Wald, an
anderen Stellen gibt es Hochmoor, durch das Sie nur auf eigens gelegten Holzwegen
laufen dürfen. Da ist es weitaus gefährlicher als hier. Nicht ohne Grund sterben
jedes Jahr Menschen, meistens Wanderer, die sich verirrt haben, oder«, er lächelte
verlegen, »Autofahrer, die sich verfahren und eine scharfe Kurve übersehen.« Er
verlangsamte den Wagen und deutete nach vorne.
»Hier sind Sie übrigens von der Strecke abgekommen.« Er betrachtete
wohlwollend seinen Beifahrer.
»Ist schon gut, wenn ein belgischer Landbulle die Gegend gut kennt.
Der findet wenigsten Autos, die von der Fahrbahn abkommen und im
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