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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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derselben souveränen, langmütigen Zuversicht, mit der er die vergangenen fünf Tage wartend auf dem Bett im Zimmer einer Pension in der Avenida Almirante Brown gelegen, eine Zigarette nach der anderen geraucht, Absinth getrunken und seine morgendlichen Kopfschmerzen ausgehalten hatte. Und gerade als die Frist, die er sich selbst gesetzt hatte, ehe er unter irgendeinem Vorwand Kontakt mit dem Paar aufnehmen würde, abgelaufen war, klopfte die Wirtin an die Tür: Ein Herr sei für ihn am Telefon. Armando de Troeye hatte eine Verabredung zum Mittagessen, war aber den ganzen Nachmittagund Abend frei. Sie könnten sich auf einen Kaffee treffen, später miteinander zu Abend essen und danach den vereinbarten Ausflug in feindliche Gefilde antreten. De Troeye sagte feindliche Gefilde in lockerem Tonfall, als nähme er die Gefahren eines nächtlichen Streifzuges durch die Spelunken von Buenos Aires nicht ernst. Mecha komme natürlich mit. Diese letzte Bemerkung, die nach einer kleinen Pause gefolgt war, beantwortete Max’ unausgesprochene Frage. Sie ist noch gespannter als ich, setzte der Komponist nach kurzem Schweigen hinzu, und es klang, als hielte sich seine Frau in der Nähe auf, während er telefonierte – das Palace war ein modern ausgestattetes Hotel mit Telefonanschluss in jedem Zimmer –, und Max stellte sich vor, wie sie sich mit Blicken verständigten und miteinander flüsterten, während der Mann die Sprechmuschel zuhielt. Dass sie entschlossen war, die beiden Männer zu begleiten, wusste Max, seit sie das Thema an ihrem letzten Abend an Bord der Cap Polonio diskutiert hatten.
    »Das werde ich mir keinesfalls entgehen lassen«, hatte sie ruhig und bestimmt gesagt. »Um nichts in der Welt.«
    Dabei hatte sie auf einem hohen Hocker in der Bar der ersten Klasse gesessen, während der Barmann die Getränke mixte. Um Mecha Inzunzas Hals schimmerte die dreifach geschlungene Perlenkette, und ihr schlichtes weißes Vionnet-Kleid, das Schultern und Rücken frei ließ – beim Abschiedsessen war festliche Garderobe erwünscht –, betonte ihre Eleganz auf atemberaubende Weise. Während der drei Tangos, die sie an diesem Abend tanzten, genoss er es wieder, die nackte Haut unter dem glatten Stoff des bodenlangen Kleides zu spüren, das im Takt der Musik schmiegsam jeder Bewegung folgte, die Nähe ihres Körpers in seinen erfahrenen und nicht immer gleichgültigen Berufstänzerarmen. Mit ihrem Gatten hatte er sie auf der ganzen Reise kein einziges Mal tanzen sehen.
    »Es könnte ungemütlich werden«, beharrte Max.
    »Ich verlasse mich auf Sie und Armando«, gab sie ungerührt zurück. »Als meine Beschützer.«
    »Ich werde meine Astra einstecken«, sagte ihr Mann unbekümmert und klopfte auf eine leere Tasche seines feinen Anzugs.
    Dabei zwinkerte er Max zu, und diesem gefiel weder die Leichtfertigkeit des Mannes noch die Selbstsicherheit der Frau. Einen Moment lang haderte er mit sich, ob es nicht besser sei, der ganzen Unternehmung eine Absage zu erteilen, doch ein Blick auf das Collier überzeugte ihn vom Gegenteil. Trotz möglicher Risiken ist der Gewinn wahrscheinlich, tröstete er sich. Die übliche Routine des Lebens.
    »Es ist nicht sinnvoll, Waffen zu tragen«, sagte er zwischen zwei Schlucken aus seinem Glas. »Weder dort noch anderswo. Die Versuchung, sie zu benutzen, ist immer gegeben.«
    »Dafür sind sie doch da, oder nicht?«
    Armando de Troeye lächelte großspurig. Offenbar gab er sich gern grob und verwegen und genoss es, den übermütigen Witzbold zu spielen. Wieder spürte Max den vertrauten Stich eines alten Grolls. Er stellte sich den Komponisten vor, wie er später vor seinen snobistischen Millionärsfreunden mit seinem Vorstadtabenteuer prahlen würde, vor diesem Djaghilew vom russischen Ballett, zum Beispiel, oder diesem Picasso.
    »Wer eine Waffe zieht, fordert andere heraus, es auch zu tun.«
    »Sieh mal an«, entgegnete de Troeye. »Für einen Tänzer verstehen Sie anscheinend eine Menge von Waffen.«
    Die vordergründig spaßhafte Bemerkung hatte einen spöttischen Unterton, der Max nicht behagte. Womöglich, überlegte er, ist der berühmte Komponist nicht immer so nett, wie er aussieht. Oder vielleicht fand de Troeye, dass drei Tangos mit seiner Gattin für einen Abend zu viel waren.
    »Ein bisschen was versteht er davon«, sagte sie.
    De Troeye warf ihr einen leicht pikierten Blick zu, als fragte er sich, wie viel seine Frau sonst noch über Max wissen mochte.
    »Klar«, sagte er finster

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