Dreimal im Leben: Roman (German Edition)
Das menschliche Drumherum gehört auch dazu. Es bereitet den Weg.«
»Und was habe ich auf diesem Weg zu suchen?«
»Sie werden aus mehreren Gründen gebraucht. Zum einen sind Sie ein Schlüssel zu einem Ambiente, das mich interessiert. Zum Zweiten sind Sie ein begnadeter Tangotänzer. Und zum Dritten kann ich Sie gut leiden. Sie sind nicht wie die meisten hier, die es schon für ein persönliches Verdienst halten, Argentinier zu sein.«
Im Vorbeigehen betrachtete Max sein Spiegelbild neben dem de Troeyes in der Schaufensterscheibe eines Ladens mit Singer-Nähmaschinen. Wenn man sie so Seite an Seite sah, war er dem berühmten Komponisten durchaus ebenbürtig. Was das Äußere betraf, sogar im Vorteil. Armando de Troeyes Eleganz und seinen untadeligen Manieren zum Trotz, war Max schlanker, fast einen Kopf größer, und auch seine Umgangsformen konnten sich sehen lassen. Seine Kleidung, wenn auch bescheidener oder abgetragener, stand ihm besser.
»Und Ihre Frau? Was hält sie von mir?«
»Das dürften Sie besser wissen als ich.«
»Da irren Sie sich. Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
Als de Troeye an den Auslagen vor einer der zahlreichen Buchhandlungen innehielt, blieb auch Max stehen. De Troeye hängte seinen Stock an den Unterarm und berührte einige der angebotenen Bücher mit seinen behandschuhten Fingern, ohne jedoch besonderes Interesse zu zeigen. »Mecha ist eine ungewöhnliche Frau«, sagte er. »Sie ist mehr als nur schön und elegant. Viel mehr. Ich bin Musiker, das dürfen Sie nicht vergessen. So erfolgreich ich auch sein und so unbeschwert mein Leben auch scheinen mag, steht meine Arbeit doch immer zwischen der Welt und mir. Oft ist Mecha für mich so etwas wie meine Augen. Meine Fühler, gewissermaßen. Sie filtert mir das Universum. Eigentlich habe ich erst angefangen, wirklich etwas über das Leben oder mich selbst zu lernen, als ich ihr begegnet bin. Sie gehört zu den Frauen, die helfen, die Zeit zu begreifen, in der wir leben.«
»Und was hat das alles mit mir zu tun?«
De Troeye sah ihn ruhig an. Spöttisch.
»Ich fürchte, mein lieber Freund, jetzt nehmen Sie sich zu wichtig.«
Er war erneut stehengeblieben, stützte sich auf seinen Stock und musterte Max von oben bis unten, als nähme er eine sachliche Einschätzung seines Aussehens vor.
»Vielleicht auch nicht, wenn ich es mir recht überlege«, sagte er nach einer Weile. »Vielleicht nehmen Sie sich gerade so wichtig, wie Sie sind.«
Unvermittelt hatte er sich wieder in Bewegung gesetzt, wobei er den Hut tiefer in die Stirn drückte, und Max beeilte sich, mit ihm Schritt zu halten.
»Wissen Sie, was ein Katalysator ist?«, fragte de Troeye, ohne ihn anzusehen. »Nein? Wissenschaftlich betrachtet, ist es ein Stoff, der chemische Reaktionen und Veränderungen hervorruft, ohne die ursprünglichen Substanzen zu verändern. Oder einfacher ausgedrückt, die Entwicklung gewisser Prozesse begünstigt oder beschleunigt.«
Jetzt hörte Max ihn lachen. Leise, fast verstohlen. Wie über einen guten Witz, den er allein verstand.
»Sie halte ich für einen interessanten Katalysator«, fuhr der Musiker fort. »Und ich will Ihnen etwas sagen, das Sie vermutlich genauso sehen: Keine Frau, nicht einmal meine, ist mehr wert als hundert Pesos oder eine schlaflose Nacht. Es sei denn, man ist in sie verliebt.«
Max trat beiseite, um einer mit Tüten beladenen Frau Platz zu machen. Hinter ihm auf der Kreuzung, die sie gerade überquert hatten, ertönte die Hupe eines Autos.
»Das ist ein gefährliches Spiel, das Sie da spielen«, bemerkte er.
Das Lachen des anderen wurde unangenehmer, bis es schließlich langsam erstarb. Wieder blieb er stehen und blickte Max von unten in die Augen.
»Sie wissen doch gar nicht, welches Spiel ich spiele. Aber ich bin bereit, Ihnen dreitausend Pesos zu zahlen, wenn Sie mitspielen.«
»Das ist eine Menge Geld für einen Tango«.
»Es geht um viel mehr als das.« Mit dem Zeigefinger tippte er Max gegen die Brust. »Entweder Sie nehmen an, oder Sie lassen es bleiben.«
Der Eintänzer zuckte mit den Schultern. Letzteres hatte nie zur Debatte gestanden, wie sie beide wussten. Nicht, solange Mecha Inzunza Teil des Spiels war.
»Barracas, also«, sagte er. »Heute Abend.«
Armando de Troeye nickte langsam. Im Gegensatz zum zufriedenen, beinahe vergnügten Ton seiner Stimme blieb seine Miene ernst.
»Wunderbar. Ja. Barracas.«
Hotel Vittoria, Sorrent. Die Nachmittagssonne illuminiert die Gardinen an den halb
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