Drimaxid 04 - Antara
Fratze einer bösen Hexe, wie ein ekliges Geschwür. Eine große, schwarze Warze zierte die ausgeprägte Hakennase der hässlichen Alten. Hohläugig, hager und ausgezehrt sah das dritte Gesicht aus.
Geisterhafte Sätze umkreisten Adams Verstand: »Als die Roboter mich damals weggeschleppt haben, bin ich gestorben. Aber das macht nichts. Denn wir kommen immer wieder.«
Die Hexe lachte gackernd.
»Es ist mir schon mehrmals passiert.«
Ein gellender Schrei spaltete Selenes Lippen.
»Bewusst habe ich es erst viermal wahrgenommen, aber mir ist so, als hätte ich schon über ein Dutzend Leben gelebt. Anfangs versuchen sie noch, dein Gedächtnis zu löschen. Du erwachst und hast einen Blackout, wie nach einer durchzechten Nacht. In Wirklichkeit hast du aber ein ganzes Leben vergessen, statt nur die Geschehnisse der letzten vierundzwanzig Stunden. Doch mit der Zeit wird es immer klarer.«
Adam bedachte die sterbende Halbmutantin zu seinen Füßen mit traurigem Blick.
»Immer ist man ein anderer Mensch. Immer lebt man in einer anderen Welt – einem anderen Universum. Du musst es auch einmal versuchen, Adam. Es ist wie eine Droge. Wie ein Rausch.«
Eves Mund öffnete sich und die junge Frau sagte: »Wehr dich nicht, Geliebter! Wir sehen uns wieder.«
Adam trat einen Schritt zurück und drehte sich um hundertachtzig Grad. Seine Umgebung veränderte sich: Aus den Sandsteinquadern wurden verchromte Anrichten. Der dunkle Turm schrumpfte und wurde zur Küche des Raumschiff-Sanatoriums.
Vor Adam tauchte Roland auf. Die Hände gen Decke gestreckt, stand der Krieger in einem Wirbel aus Metallschüsseln, Kochtöpfen, Messern, Gabeln, Schöpfkellen und anderem Küchen-Equipment.
»Während du hier deine Zeit damit vergeudet hast, dich selbst zu bemitleiden, bin ich gereist. Ich habe Welten gesehen. Viele verschiedene Welten. Und ich bin stärker geworden.«
Adam spürte eine zärtliche Berührung an seinem Bein und blickte an sich herab.
Hinter ihm lag das dreigesichtige Selene/Eve/Hexen-Ding, das durch den Einsatz von Händen und Ellbogen zu ihm herüber gekrochen war und die Beine dabei streif hinter sich drein gezogen hatte, als wären sie mehrfach gebrochen. Die weiße, knochige Hand der Zwitterkreatur hatte sich um sein Fußgelenk geschlossen. Aus der zärtlichen Berührung wurde ein schmerzhaftes Kneifen.
Die deutlich sichtbare Halsvene der Hexe bebte. Ihre blauen Lippen öffneten sich zu einem meckernden Lachen und entblößten Ruinen von Zähnen. Adam wollte sich aus dem qualvollen Griff befreien, doch sein Gegner war zu stark.
»Willkommen in der Hölle«, begrüßte ihn Roland.
Adam fuhr herum und erhaschte einen flüchtigen Blick auf das riesige Küchenmesser, das rasend schnell auf ihn zugeschossen kam. Der heiße Schmerz, mit dem die blitzende Klinge sich in seine Stirn bohrte und ihn nach hinten und in die gierigen Krallen des Zwitterdings warf, löschte sein Bewusstsein mit einem Schlag aus …
Antara I
Adam rollte sich blitzartig zur Seite und kippte von der schmalen Liege, auf der er geschlafen hatte. Der Aufprall wirkte ernüchternd auf ihn.
Adam hatte nur geträumt.
Einen Moment lang verharrte er noch am Boden und versuchte sich vollends von dem Traum zu lösen, der so unglaublich intensiv gewesen war.
Sein Herz dröhnte, der Atem flog.
Die Tür am anderen Ende des Raumes wurde mit einem lang gezogenen Quietschen geöffnet. Gregorio ging neben ihm in die Hocke und untersuchte ihn fachmännisch. Nachdem er sich ausreichend davon überzeugt hatte, dass mit Adam alles in Ordnung war, half er ihm dabei, sich in eine sitzende Position hochzuarbeiten.
Mühsam schüttelte Adam die Erinnerungen an seinen Traum ab, was ihm aber nur teilweise gelang. All diese Andeutungen, all diese Empfindungen, all diese Bilder – das waren alles Hinweise auf des Rätsels Lösung gewesen!
Er hatte in Scheinwelten gelebt und war nicht im Stande gewesen, die Täuschung zu durchschauen. Adam musste an Hypno denken, der in der zerstörten Nachkriegswelt seine D RIMAXID -Existenz Priamis unterdrückt und sich ihm stattdessen mit seinem wahren Namen vorgestellt hatte.
Auch Eve hatte gespürt, dass sie sich nur in einer Scheinwelt befunden hatten, genau wie Roland. Adam dachte an Dionysos, der sich Taurok genannt und für einen Gott aus einer anderen Welt, einem Reich aus Eis und Schnee, gehalten hatte. Ob auch der alte Anführer der Präterianer das Trugspiel durchschaut hatte?
Er wusste es nicht.
Doch eines
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