Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)
als ich plötzlich auf dem Titelbild der Schweizer Programmzeitschrift Tele aufgetaucht bin, machten deutsche Agenturen daraus: »Waldi – Experte beim Schweizer Fernsehen«.
Daraufhin bekam ich einen Brief von Balkausky, sehr aggressiv, in dem er sich aufregte, dass die ARD so viel Geld in die Hand genommen hätte, und zum Dank würde ich zum Schweizer Fernsehen gehen. Quasi als Fahnenflüchtiger, so klang das zumindest. Wie überschaubar meine Präsenz beim SF war, wusste er vermutlich gar nicht. Sondern hatte wahrscheinlich seinen Brief rein auf der Basis von Flurfunk- und Latrinengerüchten geschrieben. Und wenn es so war – den Arsch in der Hose, mich anzurufen und nachzufragen, hatte er auch nicht. Es war kaum zu fassen: Durch die ARD -Flure geisterte mittlerweile das Gerücht: Waldi macht an den ZDF -Spieltagen Waldis Club im Schweizer Fernsehen. Ja, grüezi nachad, was für ein blühender Unsinn!
Ein Anruf hätte genügt. Ein einziger Anruf, und alles wäre geklärt gewesen. Aber was macht Balkausky? Er lässt gleich die Panzer auffahren. Von da an war unser Verhältnis keines mehr und nur noch durch »unfriendly Fire« der ARD -Artillerie geprägt. Und zum Thema Geld und Investitionen: Ich hatte von der ARD nicht verlangt, für das ganze Theater in Leipzig mit Open Air und Freilichtbühne einen Haufen Geld auszugeben. Das hätten sie behalten können, oder notfalls mir geben, wenn sie’s unbedingt hätten loswerden wollen. Und was ich an ZDF -Tagen machte, konnte dem Ersten völlig wurscht sein – solange ich nicht bei einem deutschen Konkur renzsender die Nase in die Kamera halte.
Balkausky hatte also an einem windelweichen Kompromiss mit einer Verlängerung bis 2013 mitgewirkt. Das war kein Ja, das war kein Nein, das war ein Garnix. Machen wir uns nichts vor: Es war sicherlich nicht selten eine Riesenfreude für einige der Sportchefs, wenn mich Kritiker in die Pfanne gehauen haben, dass das Schnitzel nur so spritzte. Waldis Club hat eben nicht in ihre Vorstellungen von der intellektuellen Schönschreibecke ARD gepasst. Die wollten ein literarisches Fußballquartett. Die wollten den Grimme-Preis. W obei doch alle wissen: Wenn eine Sendung den Grimme-Preis kriegt, hat das Totenglöckerl oft schon geläutet. Denn die Leute schalten eine Sendung nicht ein, weil sie den Grimme-Preis bekommen hat, sondern weil sie gut unterhalten und gut informiert werden wollen. Das habe ich von Helmut Thoma gelernt, der in seiner Zeit als RTL -Chef geraunzt hat: »Wann ma a guate Besprechung in der Süddeutschen Zeitung g’habt ham, wer ma müassn die Sendung bald rausnehmen aus dem Programm.«
Ich habe mich zeitlebens an dem ganzen unseligen ARD -Klüngel nicht beteiligt, an diesem ewigen Bilden von Seil schaften, bei denen man sich hintenrum abspricht und Mehr heiten sucht. An dieser ganzen unerträglichen Senderpolitik, an den ewigen Schmutzeleien, wie Seehofer sagen würde. Schon damals nicht, als es die »sinnlosen Drei« gab, wie sie ARD -intern hießen – Heribert Faßbender vom WDR , Gerhard Meier-Rhön vom SDR / SWR und Jürgen Emig vom HR –, die permanent mit allen möglichen Tricks Mehrheiten gesucht und sie nur selten gefunden haben. Die drei hätten in die Politik gehen sollen, da hätten die Wähler viel Freude gehabt.
Faßbender hat es, glaube ich, nie recht verwunden, dass nicht er das Finale der WM 1990 in Rom kommentieren durfte, sondern Gerd Rubenbauer. Und sein Schmerz muss umso größer gewesen sein, nachdem die deutsche Mannschaft gewonnen hatte – und weil ihm klar war, dass Rubis Ausbruch beim Elfer von Andreas Brehme jahrzehntelang in Rückbli cken zu hören sein würde und nicht seine Stimme. Wobei man zugeben muss: Rubenbauer hat auch einfach nur »Jaaaaaaaa« geschrien, allzu viel ist ihm zu diesem historischen Ereignis nicht eingefallen. Das hätte Fassi auch noch hinbekommen. Jedenfalls war man als Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks nach der WM 1990 bei Heribert Faßbender in Sippenhaft. Und er hat jede Gelegenheit genutzt, um in der Sportschau kleine Spitzen gegen uns BR -Leute zu setzen. Geh, hör mir doch auf!
Übrigens gab es zu der Geschichte noch eine Fortsetzung: Rubi hat nie verstanden, dass er 1990 zwar besser war als Faßbender – dass er aber laut ARD -Hierarchie schlicht weg noch nicht an der Reihe war mit dem Finalkommentar. Wäre ja noch schöner, wenn es nach Leistung ginge! Und weil sich der junge Bursch in Italien dank BR -Unterstützung von WM -Teamchef
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